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Die Bestimmung

Die Bestimmung

Titel: Die Bestimmung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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er noch solche Augen ertragen? Augen von Menschen, die darum fürchteten, alles zu verlieren, das ihnen lieb war, aber die einfach nicht aufgeben konnten, weil sie es eben nicht konnten.
     
    Daan van Arten dachte nach. Er hatte keinen besonders großen Hunger, auch wenn er sich Mühe gab, genau das anders aussehen zu lassen. Er fühlte sich bedroht und wusste nicht einmal warum. Er sah seine Tochter an. Seinen so innig geliebten kleinen Stern. Wie verrückt war das? Einen Kerl durch die Zeit zu schicken? Und dazu noch einen so gutaussehenden.
    Durch seinen Pflegevater, Günter, der ein leidenschaftlicher Amateurfilmer und Fotograf gewesen war, hatte Daan auch die Mythen der Urvölker Amerikas kennen gelernt. Das war Günters zweite Passion gewesen. Daan kannte daher Geschichten, in denen Bären sprechen konnten, Raben Schlitzohren waren und Gestaltwandler so selbstverständlich waren, wie für einen Christen der Heilige Geist.
    Doch nun war so jemand in seinem Haus, saß an seinem Küchentisch und war hier wegen seiner Tochter. Daan wusste nicht, was er fühlen sollte. Diese Reise nach Irland hatte alles durcheinandergewürfelt. Er hatte Morrin getroffen und bis zu dem Augenblick, als er ihre Augen gesehen hatte, nicht geglaubt, dass ihm dergleichen noch einmal im Leben passieren würde. Und dennoch war es passiert. Und Nili, Gott, was hatte Nili dort nur durchgemacht. Er war ihr Vater, verdammt, er würde, nein, er musste seine Tochter beschützen.
    Himmel, was dachte er da nur? Schon wieder verlor er sich in Dingen, die er nie denken wollte. Er wollte immer ein guter, aber auch cooler Vater sein, nicht einer, den man verstecken musste, wenn Freundinnen zu Besuch kamen, weil es peinlich sein könnte. Er wollte seine Tochter zu einer selbstbewussten, starken Frau erziehen, die ihren eigenen Kopf hat, sich nicht auf der Nase herumtanzen lässt. Genau das war sie geworden. Er sollte stolz sein und was war er? Eifersüchtig. Und er hatte Angst. Es war zum Haare raufen. Aber er fühlte sich nun einmal so. Jetzt war jemand noch Cooleres gekommen. Jemand, der aussah, als könne er sich nur mit einer Nagelfeile bewaffnet vor eine Armee stellen und dabei noch Grimassen schneiden. Aber war nicht genau so jemand der absolut Richtige, um Nili zu schützen? Daan rauchte der Kopf. Er wollte dringend eine Zigarette, am liebsten hätte er Morrin angerufen, um ihr sein Herz auszuschütten, aber er wollte erst ein paar Worte mit dem Mann wechseln, der, wenn er die Blicke seiner Tochter richtig deutete, bald eine sehr wichtige Rolle in ihrem Leben spielen würde. Neben dem Vater, die wohl zweitwichtigste – die erste Liebe. Verdammt, ihm wurde ganz übel bei dem Gedanken.
    Er sah Liran an, der seinen Blick erwiderte, und lächelte dünn. Doch Liran schien in seinen Augen zu lesen und Daan erkannte, dass dieser Mann durchaus verstand, was er gerade durchmachte. Ein Mann, der alles verloren hatte. Seine Heimat, sein Volk, seine Zeit und irgendwie auch seine Zukunft. Doch er saß da und verstand anscheinend, was in Daan vorging. Als sie schweigend nebeneinander im dunklen Garten standen, Nili hatte ein verächtliches ‚ Männer ‘ gezischt, als sie die Küche verlassen hatten, da wusste Daan auf einmal gar nicht, wie er anfangen sollte. Doch Liran begann.
    «Als meine Schwester sich entschied, eine Fian zu werden, da habe ich zum ersten Mal Tränen in den Augen meines Vaters gesehen.»
    Seine Stimme klang ganz ruhig. Aber auch traurig. Daan starrte in den Garten, hinunter zum Fleet, der wie eine schwarze Banderole vor dem Park floss. Die Luft war erneut ungewöhnlich warm geworden.
    Lange konnte er nichts auf die Bemerkung sagen. Mit wem unterhielt er sich hier eigentlich? Daan war hochgradig verwirrt. Dieser junge Mann neben ihm hatte ein wirkliches echtes Leben gehabt. Familie, eine Schwester, ein ... Doch er musste ein paar Dinge klarstellen. Und er musste verhindern, dass ihm dieser Kerl zu sympathisch wurde.
    «Ich bin sicher, er war trotz der Tränen stolz darauf», sagte Daan, ohne dass er das hatte sagen wollen. Das Ganze wurde ihm viel zu persönlich. Er wollte auch nicht über drei Ecken zum eigentlichen Kern der Sache kommen, er wollte Klarheit. Und was zum Henker war eine Fian?
    «Er starb, bevor er sehen konnte, wie sie es tat.» Jetzt war die Stimme zu Eis geworden. Daan schauderte es, trotz der Wärme.
    «Das tut mir leid», sagte er, und das war aufrichtig gemeint. «Wie ... wie ist es passiert?» Warum fragte er das

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