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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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schwul wie sonst was wirkt, alles an ihm schreit ultraschrille Tucke. Mir fällt schlagartig ein, dass ich bis jetzt nie Bekanntschaft mit Homosexuellen gemacht habe (auch wenn Kibbys Rektum vielleicht ein anderes Lied singt), und jetzt ist es gar nicht so unwahrscheinlich, dass mein alter Herr einer ist. Aber stimmt das auch? Wo ich aufgewachsen bin, gab es wahrscheinlich jede Menge verkappte Arschficker, die eingesehen haben, dass Leith nicht der fruchtbarste Boden für ihre Vorlieben war und sich in irgendeine andere Metropole absetzten, als die hämischen Kommentare die kritische Masse erreichten. Die ganzen Jungs mit der leicht sonderbaren Redeweise, die unter sich blieben und dann auf mysteriöse Weise verschwanden … – Irgendwie seltsam, dass du schwul bist …
    – Nicht für mich. Ist seltsamer, dass du hetero bist.
    Auch noch unverschämt, die alte Spinatstecher-Fotze. Aber es gibt mir für eine Sekunde zu denken. – Nee, im Buch spielst du deine Heteroseite hoch. Da kommst du als totale Fickmaschine rüber, aber jetzt sagst du, dass du zehn Jahre mit diesem Paul zusammen gewesen bist.
    Greg macht ein betretenes Gesicht, dann starrt er mich ganz unglücklich an und fährt sich mit einer Hand durch sein schütteres Haar, als wollte er es sich aus den Augen streichen. Ich nehme an, früher war mal genug davon da, um das erforderlich zu machen, und alte Gewohnheiten sterben langsam. – Anfangs wollte ich es nur meiner Familie recht machen. Mein eigener Vater war, ist, vermutlich, ein harter irischer Hund aus Süd-Boston, den es anwiderte, Männer am Herd zu sehen. Für ihn war das allein schon genug, um einen zur Schwuchtel zu stempeln. Darum kultivierte ich damals ein ziemlich machomäßiges Hetero-Image, aber das war eine Lüge. Mir ist klar geworden, dass ich mir das Leben versaute, indem ich versuchte, es einem intoleranten Arschloch recht zu machen, den ich nicht mal mochte und mit dem ich nichts gemein hatte. Ich kannte mich selbst nicht wirklich, bis ich hier nach San Francisco kam.
    Mich beschleicht hier langsam ein ungutes Gefühl. – Und was ist mit Schottland? Warst du wirklich mit De Fretais befreundet?
    Tomlin grinst gelassen. – Nur mit der Einschränkung, dass Alan weniger Freunde als Lieblingsrivalen hat.
    Ich nicke zustimmend. De Fretais ist ein Mensch, von dem man sich schwer vorstellen kann, dass ihn irgendjemand aufrichtig gern hat. Zumindest weiß ich, dass die Fotze nicht mein Alter sein kann, nicht mit der Plauze. Ich kann’s mir nicht aussuchen, aber eine Kreischtucke als Vater ist mir immer noch jederzeit lieber als eine fette Sau. Immerhin weiß ich, dass ich später im Leben nicht schwul werde. Aber hat er meine Ma gebürstet?
    – Weißt du, als ich nach Edinburgh kam, wollte ich übers Wochenende bleiben, aber es gefiel mir, und ich bekam einen Job im Archangel. Komisch eigentlich, denn es gibt in der westlichen Welt wahrscheinlich kein ungastlicheres Fleckchen Erde für Homosexuelle, so war’s zumindest damals, aber da hatte ich so was wie mein Coming-out. Ich hab im Kenilworth und im Laughing Duck gesoffen.
    – Im Januar 1980 warst du also im Archangel?
    – O ja, definitiv. Danach bin ich nach Frankreich gegangen, um in Lyon zu arbeiten, und von dort nach Kalifornien …, sagt er abschweifend, dann unterbricht er sich abrupt. – Danny … ich muss dir etwas sagen. Er sieht mich nüchtern an. Ich kenne diesen verfickten Blick, von Foy, als er noch mein Boss war, von Lehrern, die ich in der Schule hatte, von den Bullen, aber besonders von Thekenkräften nach der letzten Runde. Der Blick gefällt mir nicht. Kein bisschen. – Ich hab nichts mit deiner Mutter gehabt. Ich hab während der ganzen Zeit in Edinburgh nie was mit einer Frau gehabt.
    Ich fühle mich, als würde mir der Laminatboden unter den Füßen weggezogen, nicht nur der, sondern auch die Balken, auf denen er liegt, und der Erdboden darunter. Ein Gefühl des Fallens und Versinkens. Ich wende den Blick und sehe das Gummigesicht eines tuntigen Kellners lachen und lispeln. Ich schwenke wieder zu Tomlins dummer Visage mit dem etwas zu gesund aussehenden Teint. Es klingelt so in meinen Ohren, dass ich nicht verstehe, was Tomlin als Nächstes sagt, ich sehe nur, wie er seine elastischen Schwulenlippen schürzt. Wie sollte die Fotze mein Vater sein können? – Du bist in Schottland nie mit einer Frau mitgegangen, nicht ein einziges Mal?, sage ich, und meine Stimme klingt für meine eigenen Ohren wie tot.
    –

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