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Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Titel: Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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finden. Meine Frau und meine Kinder werden die Wahrheit erfahren, mit der ich so viele Jahre gelebt habe. Joyce, Caroline, Brian, bitte glaubt mir zwei Dinge. Erstens, die Person, die ich war, bevor ihr alle in mein Leben tratet, unterschied sich sehr von dem Menschen, der ich jetzt bin. Zweitens, wo immer ich jetzt sein sollte, ich liebe euch alle mehr denn je.
    Gott segne euch alle.
    Ich beginne zu lesen. Das Heft zittert in meiner Hand so stark, dass ich es auf den Boden legen muss. Bei einer Passage gefriert mir das Blut in den Adern.
    Ich kann es kaum glauben, dass er nichts gesagt hat. Ein Arbeitsunfall, so haben sie es genannt. Wir wussten es beide besser, und ich denke, sie wusste es auch.
    Ich konnte nicht anders; ich war von Sinnen vor Wut und vom Alkohol. Es ist wichtig für mich, das aufzuschreiben.
    Mein Name ist Keith Kibby, und ich bin Alkoholiker. Ich weiß nicht, wann das angefangen hat. Ich habe immer getrunken. Meine Freunde haben immer getrunken. Meine Familie hat immer getrunken. Mein Dad war bei der Handelsmarine, und er war oft von zu Hause weg. Jetzt kann ich mir vorstellen, was für ein großartiges Leben es für einen Alkoholiker war, zur See zu fahren. Auf See kann man trockenbleiben; es ist der einzige Ort, an dem man nicht verleitet wird, Alkohol zu kaufen. Keine Pubs, keine Werbung, kein Alkohol. Aber keiner säuft wie ein Seemann, und wenn er nach Haus kam, trank und trank er. Ich habe nur sehr wenige und flüchtige Erinnerungen an ihn in nüchternem Zustand.
    Ich wurde hauptsächlich von meiner Mutter großgezogen. Ich hatte einen jüngeren Bruder, aber er starb als Baby. Eines Tages kam ich von der Schule nach Hause und fand meine Mutter weinend mit meiner Tante Gillian vor, und das Kinderbettchen war leer. Krippentod, nannten sie es. Die Leute sagen auch, mein Vater und meine Mutter seien danach nie wieder dieselben gewesen. Sie sagten, seitdem habe Dad noch mehr getrunken.
    Als ich größer wurde, begann ich mich mit einigen Jungs aus der Nachbarschaft herumzutreiben. Als wir zu Teenagern heranwuchsen, wurden wir ziemlich rauflustig, wie das so ist, wenn Jungs sich zusammenrotten. Einige von uns waren harte Burschen, andere taten nur so. Wir nannten uns Tolcross Rebels. Wir waren stolz darauf, wer wir waren. Wir kämpften mit anderen Gangs und tranken viel. Ich trank mehr als die meisten.
    Mit sechzehn ging ich von der Darroch School ab. Als ich mich mit meinem Berufsberater traf, las er mir gehörig die Leviten und drückte mir einen Wisch in die Hand, mit der ich zur Eisenbahn ging. Ich machte eine Kochlehre bei der Eisenbahn, bei British Rail. Tageweise wurde ich freigestellt, um beim City and Guilds of London Institute den schulischen Teil der Ausbildung zu absolvieren.
    Es hat mir nie, nicht eine Minute Spaß gemacht, Koch zu sein. Ich hatte keine Begabung dafür, und es kotzte mich an, eingesperrt zu sein und in einer heißen Küche zu schwitzen. Ich arbeitete auf der Strecke Edinburgh-London, im Speisewagen. Ich wär gerne ganz vorne gewesen und hätte den Zug gefahren, anstatt in einer engen Küche eingepfercht zu sein und für Geschäftsreisende vorgekochtes Essen aufzuwärmen. Wie so viele Kids an meiner Schule bekam ich eine beschissene Berufsberatung.
    Die Tories waren unter Thatcher an die Macht gekommen, und sie machten alles dicht. Ich engagierte mich in der Gewerkschaft, wurde ein politischer Mensch, oder zumindest bekam ich ein gewisses Klassenbewusstsein, wie wir damals sagten. Ich ging zu Gewerkschaftstreffen, nahm an Märschen und Demonstrationen teil, stand Streikposten. Ich habe viel über Geschichte gelesen; viel über den Sozialismus und dass er arbeitenden Menschen die Chance auf ein besseres Leben bot.
    Aber mir war klar, dass so vieles davon Luftschlösser waren. Das System würde immer gewinnen, würde immer genug Brosamen vom Tisch der Reichen abfallen lassen, auf dass sich die einfachen Leute im Kampf darum gegenseitig niedertrampeln. Es desillusionierte mich, dass die Welt niemals so sein würde, wie ich sie mir wünschte, fair und gerecht für alle. Also trank ich noch mehr. Wenigstens sah ich das damals so. Wahrscheinlich war es nur eine Ausrede.
    Ich brauchte Ausreden, denn ich wollte nicht sein wie mein Vater. Wenn er getrunken hatte, wurde er gewalttätig. Ich habe mich als junger Mann gegen ihn behauptet, als er meine Mutter geschlagen hat. Wir bekämpften uns, richtig körperlich – und im Trinken. Mein Vater war ein brutaler Mann, und ich

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