Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
wirklich so unangenehm überraschte; es war die Vorstellung, dass dieser schreckliche Mann irgendwie fähig gewesen sein sollte, sich reinzuwaschen. Dass sie die ganzen Jahre jemanden gehasst haben könnte, der im eigentlichen Sinne schon lange nicht mehr existierte.
Und als sie mit dieser jungen Fremden sprach, sah Beverly Skinner den Beweis für diese Läuterung mit eigenen Augen, in der schönen, selbstsicheren und anmutigen jungen Frau, die ihr gegenübersaß.
Es war die Besucherin, die schließlich ein Fazit zog. – In ihm scheinen zwei Männer gelebt zu haben, Mrs Skinner, der Mann, den Sie kannten, und der Mann, den ich kannte. Er hat niemals getrunken, er war ein sehr sanfter und liebevoller Vater. Aber ich habe in seinen Aufzeichnungen Dinge gelesen … Dinge, die ich nicht glauben konnte … Zu … mir war er nie so.
Caroline hatte »uns« sagen wollen, aber etwas hielt sie zurück. Brian. Hatte er es anders erlebt, eine andere Seite ihres Vaters gesehen?
Beverly verdaute die Worte erst einmal. Durchkämmte ihr Gedächtnis nach einem anderen Keith Kibby und war sogar halbwegs erfolgreich. – Aye, wir hatten zuerst eine gute Phase. Das Clash-Konzert im Odeon; da haben wir uns kennen gelernt. Ein paar von uns hüpften total durchgeknallt zusammen rum. Ich hab ihn angerempelt und seinen Cider verschüttet. Er lachte und hat mich mit einem Rest davon bespritzt. Und dann leckten wir uns auch schon gegenseitig das Gesicht ab …
Beverly unterbrach sich, als sie merkte, dass Caroline bei dem Gedanken schluckte. Dann errötete die ältere Frau, weil sie unabsichtlich ein jüngeres, ungehemmtes Ich hatte sehen lassen.
– Aye … aber Keith war so eifersüchtig, so besitzergreifend …
Caroline zuckte wieder zusammen, denn ihr war bewusst, dass ihr Vater ihrer Mutter gegenüber nie solche Leidenschaft an den Tag gelegt hatte. Es war eine stille Liebe, zwischen einem starken, ernsten und nüchternen Mann und einem nervösen Hausmütterchen gewesen, und sie fußte auf gemeinsamen Werten wie Pflichtgefühl und Familiensinn. Aber Leidenschaft … nein.
Als Beverly davon sprach, dass sie zusammen schwimmen gewesen waren, fiel Caroline so vieles wieder ein. Ihr Vater hatte sie im Schwimmbad manchmal hochgehoben, sie angesehen und mit einer wilden Eindringlichkeit, die ihr beinahe Angst machte, als spräche ein anderer aus ihm, gesagt: Du wirst in deinem Leben Großes erreichen, Mädchen.
Am Ende war fast so etwas wie ein unausgesprochenes » an dernfalls …« angehängt, jedenfalls die Andeutung, dass Schei tern gar nicht infrage kam. Hatte Brian das stärker als sie gespürt? Hatte ihr Vater ihn das spüren lassen?
– Wer war Dannys Vater, Mrs Skinner?
Beverly rutschte in ihrem Sessel ganz nach hinten und betrachtete diese junge Frau. Eine Fremde, die ihr eine so intime Frage stellte, in ihrem eigenen Zuhause. Wie viele Menschen, die in ihrem äußeren Erscheinungsbild und Auftreten ausgesprochen exotisch ausgefallen sind, war Beverly Skinner ständig auf der Flucht vor dem geisttötend konventionell veranlagten Anteil ihrer Persönlichkeit. Jetzt gab es kein Entkommen mehr. Sie verbat sich das. Sie war nicht wütend, nur beleidigt.
– War es der Mann mit dem verbrannten Gesicht, oder war es mein Vater?
Jetzt war der Zorn da. Er schoss so schnell hoch, dass er Beverly beinahe übermannte und sie zwang, sich abzuwenden. Hätte sie es nicht getan, hätte sie mit beiden Fäusten auf das Mädchen eingeprügelt. Stattdessen klammerte sie sich am Sessel fest.
Der Mann mit dem verbrannten Gesicht. Das ist mein Donnie, von dem sie da redet. Wir waren gerade erst wieder zusammen, hatten alles zwischen uns gekittet, und dann kommt diese dreckige Ratte Keith Kibby …
– Bitte, Mrs Skinner. Danny ist gerade mit meinem Bruder Brian zusammen. Sie können sich nicht leiden, und sie haben beide ziemlich viel getrunken. Ich glaube, sie könnten vorhaben, sich gegenseitig irgendwas anzutun.
Beverly holte scharf Luft, und Panik schnürte ihr die Brust ab, als sie an Keith Kibbys Wut dachte.
Was dieser Kibby meinem Donnie im besoffenen Kopf angetan hat …
… und mein Danny. Mein Kleiner. Er war immer schon unbe herrscht.
Und was den anderen angeht, den Kibby-Jungen, Gott weiß, wozu der fähig ist.
Beverly grapschte nach dem Telefon auf dem Tisch neben ihr und wählte die Handynummer ihres Sohns. Es war abgeschaltet. Sie hinterließ ihm eine Nachricht. – Danny, ich bin es, Mum. Ich sitze hier mit Caroline,
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