Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)

Stevenson beindruckt gewesen zu sein. Und doch konnte Brian, selbst nie ein großer Bücherfreund, sich nicht erinnern, den Vater im Haus jemals etwas anderes lesen gesehen zu haben als die Tageszeitung. Aus irgendeinem Grunde hatte er seine Leidenschaft zur Literatur lieber für sich behalten.
    Brian Kibby versuchte, sich in die Romane zu vertiefen, doch sein Schädel dröhnte, und er brachte die Konzentration nicht auf. Sie erschienen ihm trocken und langweilig, und er landete schließlich doch wieder bei seinen Computerspielen. Er hörte auf, ins Fitnessstudio zu gehen, das war einfach zu anstrengend.
    Eines Abends saß er japsend im Sessel und schaute sich mit seiner Mutter Coronation Street an. Jedes pfeifende Luftholen ihres Sohns zerrte an Joyce’ Nerven. Sie blickte Brian mit überstrapaziertem Mitgefühl an. – Du würdest es mir doch sagen, wenn du trinkst, oder?
    – Ich hab’s dir doch gesagt, stöhnte er verzweifelt, – dass ich nicht trinke! Wann sollte ich auch? Ich bin den ganzen Tag im Büro, ich war bei tausend Ärzten und hab mich untersuchen lassen … wann hätte ich denn Gelegenheit zum Trinken gehabt?
    – Tut mir leid, Junge, sagte Joyce mit wachsender Besorgnis, denn sie hatte ihre Tochter in letzter Zeit tatsächlich schon mehrfach betrunken erlebt, – ich will ja nur, dass du weißt, dass du dich mir anvertrauen kannst …
    – Das weiß ich doch, Mum, sagte Kibby dankbar und meinte dann nachdenklich: – Weißt du, diese Amerikaner, die hier öfter vorbeikommen … diese Missionare …
    – Elder Clinton und Elder Allen von der New Church of the Apostles of Christ aus Texas … lächelte Joyce. – Ich sag ihnen immer, mich würden sie nie bekehren, aber es sind zwei so reizende junge Männer.
    – Die dürfen doch keinen Alkohol trinken oder … äh … was mit Mädchen anfangen, oder?
    – Sie dürfen keinen Alkohol trinken, und das andere ist verboten, solange sie nicht verheiratet sind, sagte Joyce wehmütig. Sie hielt das Book of the Modern Testament für Blödsinn und seine Verfasser für Häretiker und falsche Propheten, war aber beeindruckt von der moralischen Integrität seiner Anhänger.
    – Es sind ja junge Männer … die, äh, müssen doch Bedürfnisse haben.
    – Die haben sie sicherlich, sagte Joyce, – aber deswegen hat uns Gott ja den Glauben gegeben, Brian. Es würde wahrscheinlich helfen, wenn du häufiger in die Kirche gingest.
    Das war nicht das, was er hatte hören wollen.
    Kurz darauf saß Kibby mit einem Salatteller in der Bürokantine und sann über sein neues Dilemma nach. Er verspürte Heißhunger, besonders auf zuckerhaltige und fettreiche Lebensmittel, versuchte dieses Verlangen jedoch zu unterdrücken, denn sein Bauch quoll ihm schon unangenehm über den Hosenbund. – Ich begreife einfach nicht, wieso ich so zunehme, klagte er. Shannon McDowall versuchte ihn zu trösten und meinte, er sei jetzt einfach in dem Alter. Kibby sah mit neidisch-fassungslosem Blick zu, wie ein tadellos aussehender Danny Skinner sein Essen herunterschlang. Sein alter Kontrahent war in letzter Zeit freundlicher ihm gegenüber gewesen, zumindest im persönlichen Umgang. – Das ist doch ungerecht, du nimmst anscheinend nie zu, dabei isst du wie ein Pferd und trinkst wie ein Fisch.
    – Schneller Stoffwechsel, grinste Skinner fröhlich und sah rüber zur Kantinentheke. – Ich glaube, ich vertrag noch eine Portion von diesem klebrigen Karamellpudding. Da konnte ich noch nie widerstehen!

[Menü]
18
Rick’s Bar
    Ann würde es verstehen … aber Muffy, die hat so etwas an sich, dachte Kibby schwer atmend, während er seinen digitalen Farmer in den Futtermittelladen schickte. Die Hühner brauchten Körner. Auch wenn seine Augen vor dem Laptop tränten und brannten, solange er sich in Harvest Moon vertiefte, vergaß er beinahe seine Schmerzen. Sie waren so heftig, dass er es nicht wagte, längere Spielpausen einzulegen. Er scheute sie nicht nur aus pragmatischen, sondern auch aus abscheulich triebhaften Beweggründen, weil er gern mit Muffy allein war …
    Ich muss aber aufpassen, Mum hat diese Amerikaner unten, und ich bin hier nicht auf dem Dachboden …
    Nun, da er eine ansprechende Herde an Tieren beisammen und etwas Geld auf der Bank hatte, musste er sich mit der Frage einer Ehefrau befassen. Er plauderte häufig mit Muffy, die in den Fanforen zu diesem Spiel viele begeisterte Verehrer hatte.
    12-05-2004, 7.15p m
HN #1 Love r
Top Ma n
    Muffy ist spitze. Sie ist süß und