Die Bettgeschichten der Meisterköche: Roman (German Edition)
sein, denn ich gebe eine kleine Geburtstagsparty. Vielleicht hätten Sie beide ja Zeit zu kommen?
Foy und Skinner nickten dem Spitzenkoch zustimmend zu.
War De Fretais als junger Mann genau wie ich nur eine halbe Portion und ist in mittleren Jahren dann plötzlich in die Breite ge gangen? Das kann ich mir nicht vorstellen!
Er hatte De Fretais eigentlich nach dem Archangel fragen wollen, nach Sandy Cunningham-Blyth, nach dem amerikanischen Koch, diesem Tomlin, so hieß er, mit dem er zusammen gelernt hatte, und vor allem nach Beverly. Aber nun zeigte der Alkohol Wirkung, und er wollte in erster Linie feiern. Warum auch nicht? Er hatte einen guten Grund, und den Preis würde ja Kibby zahlen!
Dieses verrückte Arrangement wird nicht ewig währen; die na türliche Ordnung wird sich bestimmt bald wiederherstellen. Ich sollte es genießen, solange es dauert. Soll diese schmierige kleine Ratte dafür büßen!
Foy wandte sich an Skinner und kicherte, die Weinflasche besitzergreifend an sich drückend: – Sie wollen ja sicherlich keinen Rotwein, oder, Danny?
Skinner schob sein Glas über das weiße Tischtuch.
– Vielleicht wird es ja Zeit, nicht mehr ganz so prinzipientreu zu sein, grinste er.
Am darauffolgenden Samstagmorgen pochte Ken Radden an die Tür des Kibby’schen Haushalts. Joyce machte auf und sah, über Raddens Schulter schauend, etwas verwirrt in eine Schar von Gesichtern, die sie aus einem Minibus anstarrten. – Guten Morgen … äh … Brian ist gerade …
Ihr Sohn erschien an ihrer Seite. Sein Gesicht war immer noch verquollen, seine Augen blutunterlaufen.
– Gestern einen netten Abend gehabt?, fragte Radden und rümpfte die Nase angesichts der Essens-und Reinigungsmittelgerüche, die ihm aus dem Haus entgegenwehten.
– Nee … nein … ich war … ich bin zu Haus geblieben … protestierte Kibby, dem ganz flau wurde, als er den Minibus sah, – es ist irgendein Virus. Ich war schon beim Arzt …
Natürlich … der Ausflug nach Glenshee … wie konnte ich den nur vergessen?
– Stimmt, das war er, bestätigte Joyce vielleicht etwas zu eilfertig.
– Es ist irgendeine Art Grippe, jammerte Kibby. – Ich kann heute nicht mit, sagte er und sah mit mutloser Verzweiflung, dass der nassforsche Angus Heatherhill neben Lucy saß.
– Na schön, sagte Radden schneidend, – wir sehen dich dann, wenn’s dir besser geht.
Aber ›besser‹ schien in weiter Ferne zu liegen. Im Laufe der folgenden Wochen ertrug Brian Kibby eine endlose Odyssee zu diversen Fachärzten und von Untersuchung zu Untersuchung. Heraus kamen unterschiedlichste, spekulative Diagnosen, bei denen Kibby mit zunehmender Ratlosigkeit praktisch alles Mögliche von Morbus Crohn über obskure Krebsarten und verschiedenste Stoffwechselstörungen und Virusinfektionen bis hin zu Schizophrenie attestiert wurde. Tatsächlich waren die Ärzte einfach überfragt.
Obgleich es mit Kibbys Gesundheit rapide bergab ging, kapitulierte er nicht vor seinem rätselhaften Zustand. Trotz völliger Erschöpfung ging er regelmäßig ins nächste Fitnessstudio und trainierte hart, um Kraft und Ausdauer aufzubauen. Und sein Körper veränderte sich tatsächlich: Während er Gewichte stemmte, bemerkten die anderen eine Gewichtszunahme an seiner schmalen Gestalt. Bei einem viel zu dünnen Kerl wie ihm war das anfangs eine willkommene Entwicklung, doch es zeigte sich rasch, dass er nicht an Muskelmasse zulegte, sondern lediglich einen Bauch bekam und Fett ansetzte.
In den Tagebüchern seines Vaters las er inzwischen genauso besessen wie seine Mutter, allerdings eher im Geheimen. Manchmal warnte er sie, sie solle sie nicht offen herumliegen lassen, damit Caroline sie nicht fände. Seine Schwester trank und war dann so verdrießlich, wie er es im nüchternen Zustand war. Seine Erkrankung hatte ihn egoistisch gemacht, überlegte er. Er sah doch, was in Caroline vorging.
Es klingelte an der Haustür, und er trottete hin, um zu öffnen, nur um zwei Jungen zu sehen, die ihn auslachten und dann wegrannten.
Blöde kleine …
Brian Kibby widmete sich wieder mit stiller Freude den interessanten Tagebüchern seines Vaters. Sie bestätigten aber nicht nur Keith Kibbys Liebe zu seiner Familie, sondern enthielten auch Gedanken über diverse Romane, die er gelesen hatte, und zeigten Brian damit eine Seite seines Vaters, die er gar nicht gekannt hatte. Keith schien besonders von Büchern wie Oscar Wildes Bildnis des Dorian Gray und Dr Jekyll und Mr Hyde von Robert Louis
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