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Die Beute

Die Beute

Titel: Die Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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herzuzerren. Jenny stieß Audrey von hinten an und streckte Zach ihre freie Hand hin. Sie spürte, wie sich seine schmalen, starken Finger darum schlossen. Überall um sie herum quoll die Hitze empor.
    Und dann war es wie ein wildes Spiel, alle rannten und zogen – Audrey in die falsche Richtung. Feuer drang in Jennys Augen und Ohren. Sie versuchte, bis zehn zu zählen, aber es war unmöglich – ihr Verstand war zu sehr mit dem Kampf beschäftigt, Audrey weiter vorwärtszuzerren.
    Feuer und Schmerz und Hitze und das Reißen an ihren Armen …
    Dann stolperte Zach.
    Jenny wusste nicht, wie es passierte. Plötzlich war ihre
Hand leer. Sie tastete wild umher – und fand nichts. Sie drehte den Kopf und schaute verzweifelt hinter sich. Für einen Moment dachte sie, eine schwarze Silhouette in dem orangefarbenen Inferno zu erkennen, doch dann verschlangen die Flammen sie.
    Zach …
    Sie öffnete den Mund, um zu schreien, und brennende Luft füllte ihre Lungen. Sie würgte. Sie wurde vorwärtsgezogen. Es gab nichts, was sie tun konnte – es sei denn, sie ließ Audrey los. Sie wurde weitergezerrt. Zach musste jetzt weit hinter ihnen sein.
    Dann umfing sie erneut ein kühler Strom und sie fiel zu Boden.
    Sie landete direkt auf Audrey. Audrey wimmerte. Jenny würgte noch immer, außerstande, Luft zu bekommen.
    Ihr war so heiß, sie war so erschöpft und alles tat weh. Ihre Ohren sausten. Ihre Augen und ihre Nase brannten, und als sie versuchte aufzustehen, gaben ihre Beine unter ihr nach.
    Aber sie lebte. Und Audrey lebte auch, denn sie machte jede Menge Lärm. Michael lebte, er hustete und würgte und schlug auf seine qualmenden Kleider. Dee lebte, sie hämmerte mit der Faust auf den Betonboden ein und schrie vor Glück.
    Tom lebte und er war auf den Beinen. Groß und gut aussehend und ernst.
    »Wo ist Zach?«

    Jennys Kehle war rau. »Er hat losgelassen«, antwortete sie beinahe flüsternd. »Er ist gestolpert und er hat meine Hand losgelassen …«
    Dees Lachen erstarb. Sie starrte auf das Foto an der Wand, an dem die Flammen züngelten.
    »Ich konnte ihn nicht festhalten«, murmelte Jenny schuldbewusst. »Ich konnte nicht …«
    »Ich werde ihn holen«, stellte Tom fest.
    »Bist du verrückt?«, rief Michael. Er brach ab und krümmte sich hustend. Dann spuckte er aus und hob wieder den Kopf. »Bist du total irre? Es wird dich umbringen!«
    Audrey hatte sich herumgerollt und betrachtete mit ängstlichen Augen das Foto, die stachligen Wimpern verfilzt.
    »Wir sollten einen Feuerlöscher holen …«, begann Dee.
    »Nein! Nicht bis wir zurück sind. Es könnte irgendetwas auslösen – die Tür schließen oder so was. Wartet auf uns – wir werden in einer Minute zurück sein.«
    Jenny schluckte trocken. Diesmal war das Feuer schlimmer gewesen, es musste mit jeder Sekunde noch schlimmer werden.
    Aber Zach, ihr Cousin mit den eindringlichen grauen Augen, war irgendwo in diesem Feuer verloren. Sie konnte ihn nicht einfach zurücklassen …
    »Oh Gott«, schluchzte sie. »Tom, ich komme mit dir.« Sie versuchte erneut, aufzustehen, aber ihre Beine wollten
ihr einfach nicht gehorchen. Erstaunt blickte sie auf sie hinunter.
    »Nein!«, bestimmte Tom. »Dee, kümmere dich um sie!«
    »Tom …«, schrie Jenny.
    »Ich werde zurückkommen. Ich verspreche es.«
    Er griff in das Bild – zog am Türknauf – und verschwand einfach. Die Flammen schossen heraus und schienen ihn wie gierige Hände zu packen und hineinzuzerren. Er war fort – und das Foto brannte.
    Jeder Zentimeter brannte jetzt und die Flammen breiteten sich immer noch weiter aus. Sie flackerten so hoch, dass Jenny zu jedem anderen Zeitpunkt Angst um Zachs Haus gehabt hätte. Noch nie zuvor hatte sie ein so hohes unkontrolliertes Feuer gesehen.
    Doch in diesem Moment interessierte sie sich nur für die Fotografie. Sie brannte lichterloh. Unter den Flammen verblasste das Bild, wurde schwarz, schälte sich ab.
    »Nein!«, schrie sie. »Tom! Tom !«
    »Wir müssen Wasser holen!«, rief Dee.
    »Nein! Er hat gesagt, wir sollen nicht … oh, Tom!«
    Es verbrannte. Verbrannte bis zur Unkenntlichkeit. Verwandelte sich in eine schwarze, gewellte Masse. Die Pyramide aus Tischen verschwand unter den Flammen, die über sie leckten. Die Tür war jetzt fort. Das Ausgangsschild weg.
    »Tommieeee!«
    Dees starke Hände hielten Jenny zurück, hinderten sie
daran, in das Foto zu springen. Es hatte ohnehin keinen Sinn. Da war kein Knauf mehr, der aus dem Bild ragte. Es

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