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Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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nicht?«
    Karl nickte nachdenklich. »Ja, Gerswind, ich sehe es. Ich verspreche dir, daß ich gründlich darüber nachdenken werde. Wenn ich es vermeiden kann, werde ich keine Strafexpedition mehr gegen die Sachsen anführen.«
    Er sah sie spitzbübisch an. »In diesem Jahr geht das schon deshalb nicht, weil ich nach Rom muß, um die leidige Angelegenheit mit Papst Leo zu einem Ende zu bringen. Kommst du mit?«
    Sie unterdrückte ein Lächeln. Er schien zu glauben, daß ihm in Rom das gelingen würde, was sie ihm am Meer verweigerte. Nicht, daß es ihr leichtgefallen wäre. Sie sehnte sich mit jeder Faser ihres Seins nach seiner Berührung. Aber sie durfte diesem Trieb nicht nachgeben. Es mußte ihr genügen, ihm nahe zu sein. Sie hatte sich vorgenommen, das Meer zu sehen. Und sich nicht wieder von Karl einwickeln zu lassen. Das war ihr bisher gelungen.
    »Rom«, überlegte sie, sich stark fühlend. »Die Ewige Stadt, das klingt sehr verlockend.«
    Aber zunächst zog die Königsfamilie nach Saint Riquier und von da aus nach Tours, wo sich Karl in der Abtei des Heiligen Martin mit Alkuin über das weitere Vorgehen in der leidigen Angelegenheit mit Papst Leo beraten wollte. Dazu fehlte ihm allerdings unverhofft die Zeit, da er sich nach der Einkehr in das Kloster nicht von der Seite seiner kränkelnden Gemahlin rühren wollte. Liutgard fühlte sich zu schwach für die Weiterreise und bat ihren Gemahl, sie in Tours zurückzulassen. Der Medicus sei ein sehr kundiger Mann und werde sich schon um sie kümmern. Doch Karl machte sich große Sorgen, denn die Erkältung, die Liutgard seit den Wintermonaten plagte, hatte sich weiter verschlimmert und ihre Lungen angegriffen. Er verließ Liutgards Bett nur, um am Grab des Heiligen Martin, des Schutzpatrons der Familie, für ihre Genesung zu beten.
    »Ich bleibe bei dir, bis du wieder gesund bist«, versprach er. Am Abend des 4. Juni lächelte sie ihn aus klaren Augen an.
    »Jetzt geh schon, und sprich mit Alkuin«, forderte sie Karl auf. »Du siehst ja, daß es mir wieder bessergeht.«
    »Kann ich irgend etwas für dich tun?«
    Sie dachte einen Augenblick nach, strich ihm dann sanft über die Wange und sagte: »Ja, bitte schicke Gerswind zu mir.«
    »Warum Gerswind?« fragte der König.
    »Weil ich mit einer vernünftigen Frau reden will«, erwiderte Liutgard. »Und du rede endlich mit Alkuin.«
    Karl drückte seiner Gemahlin einen keuschen Kuß auf die Stirn.
    »Gut, aber du rufst mich, sobald du den Wunsch danach verspürst.«
    »Natürlich.«
    Karl eilte in sein eigenes Gemach, holte die Pergamente, die ihm Campulus und Paschalis hinterlassen hatten, und warf sie auf den Tisch in Alkuins Schreibstube.
    »Hier sind Beweise für die Vergehen dieses Nichtsnutzes von Heiligem Vater«, schnaubte er.
    Mit spitzen Fingern sammelte Alkuin die Unterlagen ein und warf sie mit einer raschen Bewegung ins munter brennende Kaminfeuer.
    »Was tust du da!« rief Karl entsetzt.
    »Was ich auch mit dem Brief getan habe, den mir der Schwarze Arn aus Rom geschickt hat«, erwiderte Alkuin ungerührt. »Darin hat er mir eine Liste von Verfehlungen des Papstes aufgeführt und ebenfalls Zeugen benannt und Beweise geliefert. Solche Schriftstücke dürfen der Nachwelt nicht erhalten bleiben. Der Schaden, den sie dem Christentum zufügen würden, ist unvorstellbar. Laß es sein, Karl, du verbrennst dir nur die Finger.«
    Karl, der aufgesprungen war und versucht hatte, wenigstens ein paar der Schriften aus den Flammen zu retten, setzte sich wieder.
    »Großer Mönch, was schlägst du vor?« fragte er müde. »Wäre es nicht wirklich besser, Leo zum Abdanken zu bewegen?«
    »Und einen neuen Papst wählen zu lassen?« fragte Alkuin zurück. »Nein, mein Lieber, ein solches Zeichen der Schwäche dürfen wir der Welt nicht geben, der leider immer noch recht heidnischen Welt, wie dir bestens bekannt sein dürfte. Wenn man einem alten Kleid einen Flicken aufsetzt, weist dieser daraufhin, daß sich darunter ein Schaden befindet. Das kann sich die Kirche nicht leisten.«
    »Komm mit nach Rom!« bat Karl. »Ich brauche dich dort!«
    Alkuin schüttelte den Kopf. »Nein, du schaffst das schon allein. Ich bin für eine solche Reise zu gebrechlich. Aber sei auf der Hut! Unterschätze Leo nicht. Er weiß genau, daß du alles daransetzen wirst, ihn aus dieser Sache so unbeschadet wie irgend möglich hervorgehen zu lassen, und er wird sich etwas ausdenken, um dich noch stärker an sich zu binden.«
    »Und was sollte

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