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Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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den Armen gehalten. Auch wenn er sie dafür nicht brauchte. Was vermutlich genau der Grund für ihre Zurückhaltung war, dachte er. Schließlich hatte seine Beischläferin Rathild in der Nacht nach der Rückkehr in Aachen eine Fehlgeburt erlitten und wäre beinahe daran gestorben. Gerswind, die im Nebenraum schlief, hatte die Schreie des Mädchens gehört und zusammen mit der Magd Lindmuth dem armen Geschöpf das Leben gerettet.
    Es würde sicher eine Zeit dauern, bis dieser Schreck von Gerswind gewichen war.
    Sie mußte wissen, daß er es ehrlich gemeint hatte, als er ihr versicherte, daß sie ihm mehr gefehlt hatte als je eine Frau zuvor. Irgendwann würde sie sich dieser Worte erinnern und zu ihm kommen. Bis dahin freute ihn, daß sie sich in seiner Nähe aufhielt, in Sicherheit war und mit ihm sprach. Er konnte warten.
    Berta bedrängte den Vater, das Osterfest wieder in Saint Riquier zu begehen. Angilbert habe schließlich ebenso das Recht, Zeit mit seinen Kindern zu verbringen, wie er, der Frankenkönig. Rotrud lehnte die Mitreise ab, da sie ihrem gerade erst geborenen Sohn Ludwig die Strapazen nicht zumuten wollte. Etwas spitz merkte sie an, daß sie in Aachen auch ein Auge auf Karls jüngste Tochter Rothild halten könne. Madelgard kümmere sich kaum um ihr Kind und sei mit diesem Mädchen wohl überfordert.
    Sie war vollkommen hysterisch geworden, als sich Karl in der Nacht ihrer unglaublich schweren Geburt bei Regina aufgehalten und sich sein Kind erst am nächsten Morgen angesehen hatte. Die Enttäuschung, dem König ›nur ein Mädchen‹ geboren zu haben, konnte sie kaum verwinden.
    Karl schüttelte den Kopf und zieh sich selbst wieder einmal eines Fehlers. Er hatte geglaubt, die Tochter des Seneschalls wäre mit ihrer Rolle als königliche Beischläferin nicht nur zufrieden, sondern ginge in ihr geradezu auf. Madelgard hatte ihm nie Vorwürfe gemacht, nie Ansprüche gestellt und immer zu verstehen gegeben, daß sie es als große Ehre empfinde, dem König nach seinem harten Tageswerk ein wenig Glück zu schenken. Mit der Geburt ihres Kindes hatte sie sich verändert, war launisch und zänkisch geworden und forderte Liebesschwüre und Treuebekenntnisse vom König ein. Die er nicht geben konnte und auch nicht gab.
    Er verwarf den Gedanken, Madelgard und ihre Tochter in ein Kloster zu geben, wie er das früher getan hätte. Nach seinem Gespräch mit Hruodhaid in Prüm hatte er sich geschworen, alle seine künftigen Bastarde sofort anzuerkennen und sie mit den anderen Kindern am Hof erziehen zu lassen. Die früheren Bedenken, seine Autorität könnte Schaden leiden, wenn ruchbar würde, daß er sich an seine eigenen Gesetze nicht hielt, hatten sich nach dem Besuch des Heiligen Vaters im Frankenland aufgelöst. An der uneingeschränkten Macht des Frankenkönigs konnte jetzt schließlich niemand mehr zweifeln. Und Liutgard hatte ihm bereits vor Jahren geraten, sich zu allen seinen außerehelichen Kindern zu bekennen.
    »Ich werde nie Mutter eines deiner Kinder sein«, hatte sie zu ihm gesagt, »aber jedes deiner Kinder ist ein Teil von dir. Ich möchte sie alle heranwachsen sehen, um mich haben und ihnen etwas von der Liebe abgeben, die ich für dich empfinde.«
    Er wäre fast vor ihr auf die Knie gefallen.
    »Du bist eine Heilige«, flüsterte er. »Daß du für meine Triebe …«
    Sie hielt ihm den Mund zu.
    »Vergiß nicht, deine Gemahlin bindet ein Keuschheitsgelübde. Was nicht bedeutet, daß ich dich nicht liebe, aber auch nicht, daß ich dein Verhalten billige.«
    Seine Stirn umwölkte sich, als er an dieses Gespräch zurückdachte. Sie würde vor ihm zurückscheuen, wenn sie wüßte, wie viele Bastarde er in Wirklichkeit hatte. Doch das war seine geringste Sorge. Die größte bereitete sie ihm selbst. Obwohl sie es vor ihm zu verbergen suchte, war ihm nicht entgangen, wie schwach sich Liutgard bereits seit Wochen fühlte. Es hatte mit einer Erkältung begonnen, die einfach nicht von ihr weichen wollte. Sein zuverlässigster Apothecarius hatte versichert, daß sie nur viel Ruhe brauche und sich nicht auf Reisen begeben dürfe. Dann werde sie sich schon erholen. Er blickte zu dem Christusbild, das er von seinem Thronsessel aus so deutlich sehen konnte und so oft befragt hatte.
    »Heile sie, Herr, ich flehe dich an! Strafe nicht sie für meine Verfehlungen!«
    Er zündete eine weitere Kerze an und sank im Gebet auf die Knie.
    Wie lange er mit dem Herrn ein Zwiegespräch hielt, hätte er hinterher nicht

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