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Die Beutefrau

Die Beutefrau

Titel: Die Beutefrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Seelenheils jetzt lieber schlafen. Und du Ludwig …«, er bückte sich und zog seinen Sohn hoch, »… verrätst mir, wer die Mutter deiner Zwillinge ist. Dann holst du deine Gemahlin, auf daß ich mit ihr auf das Wohl deines ältesten legitimen Sohns Lothar anstoßen kann!«
    Ludwig fügte sich. Innerlich aber war er voller Haß. Nie zuvor hatte ihn jemand vor anderen derart bloßgestellt wie diese verfluchte Sachsendirne. Diese Demütigung würde er ihr heimzahlen, schwor er sich. Das kleine Vergnügen, das er sich auf ihre Kosten während der Jagd herausgenommen hatte, war wohl nicht ausreichend gewesen, ihren Eigensinn zu brechen. Er würde sich etwas Gnadenloseres einfallen lassen müssen. Etwas, was diesem Weib endgültig den Garaus machen würde! Etwas, das dieses verfluchte sächsische Geschöpf vernichtete!
    Gerswind freute sich, daß die Sachsen dem neuen Kapitular zugestimmt hatten und sich im folgenden Winter, den die königliche Familie in der befestigten Hofresidenz in Herstelle verbrachte – dort, wo die Diemel in die Weser mündete –, ruhig zu verhalten schienen. Futtermangel ließ nicht zu, daß Karls Hof vor Mai nach Aachen zurückritt. Genau in diese Zeit fiel jedoch ein erneuter Aufstand der Transalbinger, der Sachsen jenseits der Elbe. Sie töteten mehrere Königsboten, die von ihnen Rechenschaft über die Steuerabgabe verlangt hatten. Unter den Ermordeten befand sich auch Hruodhaids geliebter Wernar, der von Karl als Ersatz für einen anderen erkrankten Königsboten entsandt worden war.
    »Meine Liebe hat ihn getötet!« jammerte Hruodhaid und weinte unablässig. »Wenn ich nicht gewesen wäre, hätte er sich schon längst nach Bayern aufgemacht, hätte nicht hier ausgeharrt und wäre nicht losgeschickt worden!«
    »Es war nicht deine Liebe. Es waren die Sachsen«, versuchte Gerswind ihr einzubleuen. »Graf Gottschalk ist auch umgebracht worden!«
    »Was schert mich Graf Gottschalk!« schluchzte Hruodhaid.
    Gerswind trauerte weniger um den Grafen als um die Nachricht, die er ihr mitbringen sollte. Gottschalk hätte nach vollbrachtem Auftrag eine Gesandtschaft zum Dänenkönig Siegfried anführen sollen, und Gerswind hatte ihm einen Brief mitgegeben. Wieder einmal würde sie nichts Neues über ihre Mutter erfahren können.
    Karl zeigte sich über diesen neuen Ausfall der Sachsen so ergrimmt, daß er sein Heer zu Minden sammelte und das ganze Land zwischen Elbe und Weser mit Feuer und Schwert einer unversöhnlichen Strafexpedition unterzog. Am Ende unterwarfen sich die Sachsen abermals, und der König konnte die stolze Zahl von sechzehnhundert Geiseln mit sich führen.
    Gerswind fand es bemerkenswert, daß Karl bei seinem Kampf die Hilfe heidnischer Abodriten in Anspruch genommen hatte.
    Einhard, den sie darauf ansprach, sagte nur: »Sie werden einsehen, daß ihnen der Glaube der Christen geholfen hat, und von ihrem heidnischen Tun künftig ablassen. Dieser Sieg wird sicherlich mehr bewirken als so manche Missionarstätigkeit.«
    »Da bin ich anderer Meinung«, widersprach Gerswind. »Wenn Heiden gegen Heiden kämpfen, rechnen sie immer damit, daß der Stärkere gewinnt, der, der mehr streitbare und besser ausgerüstete Männer als der andere anführt. Die Götter …«
    Sie übersah Einhards Stirnrunzeln und fuhr fort: »… belohnen nämlich gute Vorbereitung und bestrafen Nachlässigkeit und Übermut. Die Abodriten werden nach dem Sieg nicht freiwillig die Taufe empfangen, sondern ihren Göttern Dankopfer dargebracht haben. Aber vielleicht ist es dir ein Trost, daß sie so verträglich sind und gleichzeitig auch den Christengott geehrt haben werden.« Um Einhards gewiß sehr christlicher Replik und seinen Mahnungen zuvorzukommen, wechselte sie das Thema und fragte unvermittelt: »Warum ist Emma eigentlich nicht mit nach Herstelle gekommen?«
    »Sie hat in Aachen andere Aufgaben«, brachte Einhard hervor, jetzt beinahe stotternd wie Hruodhaid. »Die meisten Schüler sind ja auch dort geblieben. Schließlich gehört sie nicht zum engeren Hofstaat.«
    »Schade«, sagte Gerswind unbefangen. »Ich mag sie.«
    »Weshalb?« konnte sich Einhard nicht enthalten zu fragen.
    »Weil sie …«, Gerswind dachte nach und sagte dann: »… Freude verbreitet, immer gut gelaunt ist und sich nie aufspielt. Ein kluges, lustiges und natürliches Geschöpf – genau wie meine beste Freundin Hruodhaid. Die beiden sind sich so ähnlich, daß sie Schwestern sein könnten. Ist dir aufgefallen, daß sie

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