Die bezaubernde Arabella
Brief?«
»Ich legte ihn zuunterst in die Post, die hier für Sie bereitlag«, antwortete Painswick, weitere Verantwortung von sich weisend.
»Dann ist er also in der Bibliothek. Danke. Das genügt.«
Ulysses, der es sich in der Bibliothek bequem gemacht hatte und den Schlaf des Übersättigten schlief, erwachte bei Mr. Beaumaris’ Eintritt, gähnte, kam auf die Beine, schüttelte sich, nieste mehrmals, streckte sich und brachte dann durch Spitzen der Ohren und Wedeln zum Ausdruck, daß er nun zu jedem Abenteuer bereit wäre.
»Freut mich, daß du wieder zu deinem normalen Selbst zurückgefunden hast«, sagte Mr. Beaumaris, sah seine vernachlässigte Korrespondenz durch und zog seinen Brief an Bertram heraus. »Weißt du, du hättest mich an jenem Abend nicht davon abbringen sollen, noch einmal auszugehen. Schau nur, was dadurch entstanden ist! Und doch – ich weiß nicht. Hätte um tausend Pfund dieses Gespräch von heute morgen nicht hergeben mögen! Du findest mein Betragen schlecht? Stimmt, aber du sollst mir Gerechtigkeit widerfahren lassen: sie verdient es, weil sie eine so allerliebste Närrin ist!«
Ulysses wedelte. Er war nicht nur willens, Mr. Beaumaris Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, sondern brachte auch seine Bereitschaft zum Ausdruck, ihn zu begleiten, wohin immer es gewünscht wurde.
»Es hat wohl keinen Sinn, dich darauf aufmerksam zu machen, daß du Claytons Sitz einnimmst?« sagte Mister Beaumaris, als er in seinen Tilbury stieg.
Grinsend ließ Clayton erraten, daß er durchaus nichts dagegen hätte, einen kleinen Hund auf seinen Knien zu halten, aber Mr. Beaumaris schüttelte den Kopf.
»Nein, ich fürchte, ihm wird es nicht recht sein. Übrigens benötige ich Sie nicht«, sagte er und fuhr davon. Zu seinem geschmeidigen Begleiter aber bemerkte er: »Jetzt stehen wir vor der lästigen Aufgabe, den stotternden Freund dieses jungen Mannes, Felix Scunthorpe, aufzuspüren. Ich frage mich nur, ob in deiner umfangreichen Ahnengalerie auch ein Spürhund vertreten ist. Könnte in dem allgemeinen Wirrwarr doch möglich sein.«
Er fuhr schnurgerade zu Mr. Scunthorpes Wohnung, erhielt aber dort den Bescheid, daß Mr. Scunthorpe mit dem Bemerken weggegangen wäre, er gehe zu Boodle. So fuhr er nach der St. James Street und hatte das Glück, sein Wild auf dem Gehsteig zu entdecken. Er hielt seinen Wagen an und rief herrisch: »Scunthorpe!«
Mr. Scunthorpe hatte natürlich bemerkt, wer einen so prächtigen Braunen zwischen den Deichseln seines Tilbury führte, aber von dem Nonpareil erkannt und angerufen zu werden, brachte ihn aus der Fassung. Betroffen sagte er: »Meinen Sie mich, Sir?«
»Natürlich Sie. Wo ist der junge Tallant?« Und als er einen Ausdruck tiefer Betrübnis sich über Mr. Scunthorpes Züge ausbreiten sah, fügte er ungeduldig hinzu: »Los, seien Sie nicht närrischer, als Sie unbedingt müssen! Sie nehmen doch wohl nicht an, daß ich die Gerichtsdiener hinter ihm herhetze, was?«
»Er wohnt im Hahn«, antwortete Mr. Scunthorpe widerstrebend. »Das heißt«, zu spät fiel ihm das Inkognito seines Freundes ein, »falls Sie Mr. Anstey meinen.«
»Haben Sie Brüder?« erkundigte sich Mr. Beaumaris. »Nein«, sagte Mr. Scunthorpe blinzelnd. »Einziges Kind.«
»Das beruhigt mich. Überbringen Sie Ihren Eltern meine Glückwünsche.«
Mr. Scunthorpe zog die Brauen zusammen, um diesen Auftrag zu überdenken, kam aber zu keinem Ergebnis. Auf jeden Fall berichtigte er Mr. Beaumaris’ Irrtum. »Nur ein Elternteil. Vater starb drei Monate nach meiner Geburt.«
»Durchaus begreiflich. Muß mich wundern, daß er es so lange ausgehalten hat. Wo ist dieser Hahn, den Sie erwähnten?«
»Nämlich… ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen soll.«
»Glauben Sie mir aufs Wort, Sie tun Ihrem mißleiteten Freund einen sehr schlechten Gefallen, wenn Sie es mir nicht sagen.«
»Nun, es ist an der Ecke Duck Lane und Tothill Fields«, kapitulierte Mr. Scunthorpe.
»Du lieber Himmel!« murmelte Mr. Beaumaris und fuhr davon. Der Gasthof zum Hahn, war zwar in einem kleinen, schäbigen Gebäude untergebracht, erwies sich aber honetter, als Mr. Beaumaris nach seiner Lage angenommen hatte. Duck Lane starrte von Unrat jeglicher Art, der einfach auf die Straße geworfen wurde, um hier zu verrotten, aber der »Hahn« schien verhältnismäßig sauber und gut geführt. Er verfügte sogar über einen Stallburschen, der vom Stall herbeigeeilt kam, um den Tilbury fassungslos anzustarren. Als er erfaßte,
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