Die Beziehungs-Trickkiste

möglich sein? Soll er etwa zwei Leben gleichzeitig führen, sein eigenes und das des Partners? Das ginge schon aus Zeit- und Kapazitätsgründen nicht.
    Niemand weiß alles vom andern
    Fest steht vielmehr: Auch eine Liebesbeziehung braucht Geheimnisse. Dem besten Freund oder der besten Freundin erzählt man Dinge, die man dem Partner gegenüber verheimlicht. Beispielsweise, wen man sonst noch attraktiv findet und mit wem man sich vorstellen könnte, eine Nacht zu verbringen, auch wenn man nicht beabsichtigt, das zu tun.
    Kommunikation beruht immer auf einer Auswahl, und so erfährt der Partner nur, was man ihn wissen lässt und woran man ihn teilhaben lassen möchte. Man könnte dem Partner so vieles mitteilen, doch über das meiste schweigt man sich aus, und das ist gut so. Könnten Partner Gedanken lesen, gäbe es wohl keine Liebesbeziehungen.
    Daher gibt es immer Geheimnisse, und sie werden in einer Beziehung unbedingt gebraucht. Durch das Geheimnis bleibt die eigene Identität erhalten. Allein deshalb, weil niemand anderes in meinen Kopf und in meine Gefühle blicken kann, existiere ich als Individuum. Das Geheimnis grenzt einerseits vom anderen ab, andererseits lässt es Neugier entstehen und hält das Interesse am Partner lebendig.
    Vertrauen und Geborgenheit
    Was in einer Beziehung jedoch gebraucht wird, ist der Eindruck, keine Geheimnisse voreinander zu haben, zumindest keine großen. Dieser Eindruck entsteht aber nur, indem man sich vieles nicht mitteilt, nämlich all das, was diesen Eindruck stören würde. Aufgrund dieses Eindrucks kann man sich sicher und geborgen fühlen und muss nicht fürchten, im nächsten Moment mit etwas Unerwartetem konfrontiert zu werden.
    Geheimnisse bergen natürlich Risiken, beispielsweise das, unfreiwillig gelüftet zu werden. Wenn sich dadurch eine Lüge oder ein Betrug erweist, kann die Beziehung daran zerbrechen. Die Preisgabe eines bisher gehüteten Geheimnisses kann die Beziehung aber auch beleben. Und bei jedem Geheimnis, das preisgegeben wird, rücken andere nach. Die Produktionsstätte für Geheimnisse liegt dort, wo persönliche Veränderung stattfindet – im Unbewussten, im nicht zu kontrollierenden Gefühlsbereich der Individuen. Gut, dass man nicht alles vom Partner weiß.
    Eine Geschichte
    Kurt will von seiner Freundin wissen, mit wie vielen Männern sie geschlafen hat. Julia zögert mit der Antwort, sie fühlt instinktiv, dass es besser wäre, dies als Geheimnis zu bewahren. Kurt bohrt, und als Julia schließlich sagt, sie wüsste es nicht so genau, es wären wohl über 30, ist Kurt schwer getroffen. Später sagt er, sie hätte ihm besser nicht die Wahrheit gesagt oder sich schlicht und einfach mit den Worten behauptet: „Das bleibt mein Geheimnis.“
    Auf den Punkt gebracht
    â€¢ Jede Beziehungsform hat andere Geheimnisse. Ein Freund erfährt Dinge nicht, die man dem Partner erzählt, und der Partner erfährt Dinge nicht, die man einem Freund erzählt.
    â€¢ Geheimnisse werden gebraucht, sie beschützen die Beziehung und machen es möglich, den Eindruck zu erzeugen, man hätte keine Geheimnisse voreinander.
    â€¢ Wer wichtige Dinge geheim hält, von denen er weiß, dass sie den Partner betreffen oder verletzen, geht das Risiko der Entdeckung ein. Dann wartet unter Umständen eine heftige Auseinandersetzung auf ihn.
    â€¢ Jeder Partner hat das Recht darauf, Geheimnisse vor dem anderen zu haben. Es ist manchmal besser, solche Dinge nicht zu sagen, die der andere besser nicht gehört haben möchte.
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    Aus der Trickkiste
    Wenn Sie vor der Entscheidung stehen „beichten oder nicht?“, beantworten Sie sich folgende Fragen:
Gibt es eine Vereinbarung in Bezug auf den Punkt, den ich geheim halte?
Hat die Sache Bedeutung für die Beziehung?
Wie wird mein Partner reagieren, wenn ich das Geheimnis offenbare?
Wie wird mein Partner reagieren, wenn er auf eine andere Weise hinter das Geheimnis kommt?
Mit welchen Folgen glaube ich besser leben zu können?
Selbstverantwortung

    Eine Beziehung zu haben stellt eine große Versuchung dar: die Versuchung, den Partner für sein Leben, seine Gefühle, seine Frustrationen, seine Enttäuschungen, die Erfüllung seiner Zukunftspläne – kurzum für sein persönliches Glück – verantwortlich zu machen. Hinzu kommt die Versuchung, sich vom anderen für dessen