Die Bibel
Gymnasien wurden von Alexander gegründet. Viele von ihnen, wie etwa Alexandria in Ägypten und Antiochia in Syrien, bildeten wirtschaftliche und kulturelle Zentren. Alexandria besaß bald die größte Bibliothek der Antike und wurde zu einem Zentrum der Wissenschaft. Hier entstanden kritische Ausgaben literarischer Werke und Kommentare zu Werken der klassischen Literatur.
Hier und im ganzen Reich fand auch ein Austausch zwischen griechischem und orientalischem Wissen statt. Zwei Kulturen befruchteten einander, und was dabei geschaffen wurde, beeinflusste noch Rom, das europäische Mittelalter, die Renaissance und die Aufklärung.
Die Grundordnung blieb jedoch die Gleiche: Die Herren verfügten über Grundbesitz und bestimmten, was ging und was nicht. Kaufleute und Reeder durften mitreden. Lohnarbeiter und Handwerker wurden gering geachtet und schlecht bezahlt. Weil größere Familien den Hunger fürchten mussten, setzten viele ihre Kinder aus, vor allem die Mädchen. Eine organisierte Sozialfürsorge gab es nicht. Reiche Bürger spendeten allerdings oft größere Summenfür die Getreideversorgung der Armen oder auch für öffentliche Bauten, um ihr Ansehen zu mehren.
Diese Welt fanden die Römer vor, sie wurde ihnen zur Beute und diente ihnen zum Aufbau ihres Imperiums. Als Jesus geboren wurde, hatte das Imperium den Zenit seiner Macht erreicht. Als Pontius Pilatus Jesus kreuzigen ließ, konnten weder er noch sein Kaiser ahnen, dass dieses Imperium schon drei Jahrhunderte später langsam untergehen und sein Erbe an jene Leute abtreten würde, die Anhänger des Gekreuzigten waren.
Gottes neuer Versuch
Man stelle sich vor, Kaiser Augustus wäre vor zweitausend Jahren auf die verrückte Idee gekommen, eine neue Weltreligion aus dem Boden zu stampfen, eine Religion, die sein Reich und alle folgenden Reiche überdauert. Wie hätte Augustus das angestellt?
Wahrscheinlich hätte er seinen tüchtigsten Beamten mit der Planung und Realisierung beauftragt. Dieser hätte vermutlich sofort entschieden, der Standort für dieses neue religiöse Unternehmen könne nur Rom sein. Und Augustus hätte genickt.
Anschließend hätte der römische Spitzenbeamte in den Legionen des Kaisers nach einem jungen, edlen, gut aussehenden, siegreichen Helden gesucht und diesen systematisch auf seine Rolle als Gottessohn vorbereitet. Nach Abschluss der Ausbildung wäre die Ankunft des Sohnes Gottes öffentlichkeitswirksam inszeniert worden.
Der siegreiche Held wäre mit Glanz und Gloria in Rom eingeritten, und die Hauptstadt der Supermacht hätte alles aufgeboten, was damals aufzubieten war: den Kaiser von Rom, die Senatoren, die schönsten Frauen von Rom, die Dichter, Philosophen, die Gladiatorenund die Legionen des Kaisers. Tonnen von Konfetti wären verbraucht worden, wenn es Konfetti damals schon gegeben hätte, und der Kaiser hätte ergriffen genickt.
Hofberichterstatter hätten das Ereignis Monate vorher angekündigt und danach überall im Reich publik gemacht. Der Gottessohn wäre im ganzen Imperium gefeiert und verehrt worden, Münzen mit seinem Bild wären geprägt, Statuen, Stelen und Büsten überall aufgestellt, Wundergeschichten über ihn verbreitet worden – und beim Untergang Roms wäre seine Religion mit untergegangen, denn immer wäre sie nur Menschenwerk gewesen und nicht Gotteswerk.
Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs aber hatte sich für ein unbekanntes Kaff namens Bethlehem als Religionsstandort entschieden. Weit weg von Rom, in einer der fernsten Provinzen startete Gott seinen neuen Versuch.
Dabei fehlte ihm offenbar auch jegliches Gespür für Glamour. Statt eines siegreichen Helden schickte er der Welt ein Kind, das Kind eines unbekannten Zimmermanns und dessen Verlobter – eine Frau, die unterwegs gebären muss, ein Paar auf der Flucht vor König Herodes, ohne Geld für ein Hotel. Als Schauplatz für die Geburt seines Sohnes wählte Gott einen Stall weitab vom Weltgeschehen, als Staffage einen Ochsen und einen Esel sowie ein paar hinterwäldlerische Hirten mit Schafen. Jeder Nadelgestreifte hätte sofort gesagt: Vergiss es, daraus kann nie etwas werden.
Gott aber blieb sich einfach nur treu. Wie er schon bei Abraham mit einem einzigen Menschen sein Werk begann, so setzt er auch jetzt mit Jesus auf einen einzigen Menschen. Wie er schon Abraham unter einfachen Leuten, Nomaden, Halbnomaden, Hirten und Bauern gesucht und gefunden hatte, so findet er jetzt in Maria, der Frau eines Zimmermanns, die Mutter, die
Weitere Kostenlose Bücher