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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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lief mir der Schweiß übers Gesicht. »Ich krieg kaum Luft.« Sieben und Acht hatten meine gebrochenen Rippen bandagiert, jeder Atemzug glich einem Messerstich.
    Josua legte seine Hand auf meine Stirn.
    »Es geht schon, Josh, das musst du nicht tun.«
    »Warum sollte ich nicht?«, sagte er. »Sprich leise.«
    Sekunden später war mein Schmerz verflogen, und ich konnte wieder atmen. Dann schlief ich ein oder fiel vor Dankbarkeit in Ohnmacht, ich weiß es nicht mehr. Als ich im Morgengrauen erwachte, kniete Josua noch immer neben mir, seine Hand ruhte auf meiner Stirn. So war er eingeschlafen.

    Ich brachte die gekämmte Yakwolle zu Kaspar, der im Höhlentempel betete. Es war ein ziemlich dickes Bündel zusammengekommen, das ich hinter dem Mönch auf den Boden legte. Dann trat ich zurück.
    »Warte«, sagte Kaspar und hielt einen Finger in die Luft. Er beendete seinen Singsang und wandte sich zu mir um. »Tee«, sagte er. Er ging voraus, und ich folgte ihm in jenen Raum, in dem er Josua und mich an unserem ersten Tag empfangen hatte.
    »Sitzen«, sagte er. »Sitzen. Nicht warten.«
    Ich setzte mich und sah ihm dabei zu, wie er in einer kleinen Steinpfanne Holzkohle entzündete, indem er erst die Flammen mit Bogen und Zunderstock in getrocknetem Moos entfachte, und diese dann über die Kohle blies.
    »Ich habe einen Stecken erfunden, der im Handumdrehen Feuer macht«, sagte ich. »Ich könnte Euch zeigen, wie ...«
    Kaspar sah mich wütend an und hob wieder seinen Finger, um meine Worte aus der Luft zu fangen. »Sitzen«, sagte er. »Nicht reden. Nicht warten.«
    Er erhitzte Wasser in einem Kupfertopf, dann goss er es über ein paar Teeblätter in eine tönerne Schale. Er stellte zwei kleine Tassen auf den Tisch und schenkte Tee aus dieser Schale ein.

    »He, Vorsicht!«, rief ich. »Ihr verschüttet den ganzen Tee!«
    Kaspar lächelte und stellte die Schale auf den Tisch.
    »Wie kann ich dir Tee geben, wenn deine Tasse schon voll ist?«
    »Hä?«, sagte ich redegewandt wie eh und je. Gleichnisse waren nie meine Stärke. Wenn du was zu sagen hast, sag es. Somit konnte ich keine bessere Gesellschaft als Josua und Buddhisten finden, gerade heraus, wie sie waren.
    Kaspar schenkte sich etwas Tee ein, dann holte er tief Luft und schloss die Augen. Eine Minute später schlug er sie wieder auf. »Wie soll ich dir etwas beibringen, wenn du schon alles weißt? Du musst deine Tasse austrinken, bevor ich dir Tee geben kann.«
    »Warum habt Ihr das nicht gleich gesagt?« Ich schnappte mir meine Tasse, schüttete den Tee aus demselben Fenster, aus dem ich auch Kaspars Stock geworfen hatte, und knallte die Tasse wieder auf den Tisch. »Ich bin bereit«, sagte ich.
    »Geh zum Tempel und sitz«, sagte Kaspar.
    Kein Tee? Offenbar war er noch immer nicht recht glücklich, weil ich sein Leben ein bisschen bedroht hatte. Mit gesenktem Haupt verließ ich rückwärts das Zimmer (eine Geste der Höflichkeit, die mich Wonne gelehrt hatte).
    »Eins noch«, sagte Kaspar. Ich blieb stehen und wartete.
    »Nummer Sieben sagte, du würdest die Nacht nicht überleben. Nummer Acht gab ihm Recht. Wie kann es sein, dass du nicht nur lebst, sondern auch noch unverletzt bist?«
    Ich überlegte einen Moment, bevor ich antwortete, was ich für gewöhnlich selten tue, dann sagte ich: »Vielleicht schätzen diese Mönche ihre Meinung allzu hoch ein. Ich kann nur hoffen, dass sie nicht auch das Denken anderer korrumpiert haben.«
    »Geh sitzen«, sagte Kaspar.

    Und so saßen wir. Sitzen zu lernen, still zu sein und der Musik des Universums zu lauschen, dafür waren wir offenbar um die halbe Welt gereist. Das Ego abzulegen, nicht die Individualität, sondern das, was uns von allen anderen Wesen unterscheidet.
    »Wenn du sitzt, sitz. Wenn du atmest, atme. Wenn du isst, iss«, sagte Kaspar.
    Mir, einem Juden, fällt es schwer, im Augenblick zu verharren. Ohne Vergangenheit, wo bleibt da die Schuld? Und ohne Zukunft, wo bleibt da die Angst? Und ohne Schuld und Angst, wo bin dann ich?
    »Sieh deine Haut als das, was dich mit dem Universum verbindet, nicht als etwas, das dich davon trennt«, erklärte mir Kaspar, als er versuchte, mir die Essenz dessen zu erklären, was Erleuchtung bedeutet, während er zugab, dass sich so etwas nicht lehren ließe. Er konnte die Methode lehren. Kaspar konnte sitzen.
    Der Legende nach (ich habe es mir aus dem zusammengereimt, was der Meister und die Mönche fallen ließen), hatte Kaspar das Kloster als Ort zum Sitzen errichtet.

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