Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
Vom Netzwerk:
und Eitelkeiten abgelegt hatte, unsichtbar wurde.
     
    18

    Ich war dort draußen unter euch, habe gegessen und geredet, bin stundenlang gelaufen und gelaufen und gelaufen, ohne dass ich hätte ausweichen müssen, weil mir eine Mauer den Weg verstellte. Heute morgen hat mich der Engel mit neuen Kleidern geweckt, die sich merkwürdig anfühlen, deren Anblick mir jedoch aus dem Fernsehen vertraut ist: Jeans, Sweatshirt und Sneakers, dazu ein paar Socken und Boxershorts.
    »Zieh das an, ich führ dich ein Stück spazieren«, sagte Raziel.
    »Wie einen Hund«, sagte ich.
    »Genau, wie einen Hund.«
    Auch der Engel trug moderne, amerikanische Kleidung, und obwohl er noch immer atemberaubend gut aussah, fühlte er sich offenbar so unbehaglich, als seien diese Kleider mit brennenden Nägeln an seinen Leib geschlagen.
    »Wo gehen wir hin?«
    »Hab ich doch gesagt: spazieren.«
    »Wo hast du die Sachen her?«
    »Ich hab unten angerufen, und Jesus hat sie raufgebracht. Es gibt ein Bekleidungsgeschäft hier im Hotel. Jetzt komm.«
    Raziel schloss die Tür hinter uns ab und steckte den Zimmerschlüssel in die Hosentasche seiner Jeans, in welcher auch das Geld war. Ich überlegte, ob er früher schon mal Taschen gehabt hatte. Ich hätte nicht gewusst, wie man sie benutzt. Ich sagte kein Wort, während wir mit dem Fahrstuhl hinunter in die Lobby fuhren und zum Haupteingang hinaustraten. Ich wollte es nicht verderben, wollte nichts sagen, was den Engel wieder zur Besinnung bringen konnte. Der Lärm auf der Straße war atemberaubend: die Autos, die Presslufthämmer, die Irren, die laut vor sich hinredeten. Das Licht! Die Gerüche! Ich muss unter Schock gestanden haben, als wir von Jerusalem hierher gekommen waren, denn ich konnte mich nicht an diesen Trubel erinnern.
    Ausgelassen hüpfte ich die Straße entlang, und der Engel hielt mich bei der Schulter. Wie Klauen gruben sich seine Finger in meine Muskeln. »Du weißt, dass du nicht entkommen kannst, dass ich dich einholen und dir die Beine brechen kann, auf dass du nie wieder einen Schritt tust. Du weißt, dass du dich, wenn du mir auch nur für ein paar Minuten entkommst, niemals verstecken kannst. Du weißt, dass ich dich finden werde, wie ich einst alle deiner Art gefunden habe? Du weißt das alles?«
    »Ja, lass mich los. Gehen wir.«
    »Ich kann dieses Gehen nicht leiden. Hast du schon mal gesehen, wie ein Adler eine Taube betrachtet? So geht es mir mit dir und deinem Gehen.«
    Ich sollte wohl darauf hinweisen, wovon Raziel gesprochen hatte, als er sagte, er habe einmal alle meiner Art gefunden. Anscheinend hat er vor Jahrhunderten eine Zeit lang als Racheengel gedient, worauf er seiner Pflichten enthoben worden war, weil er sich nicht besonders geschickt angestellt hatte. Er gibt zu, dass er eine Schwäche für Schicksalsgeschichten hat (vielleicht erklärt das seine Begeisterung für Seifenopern). Jedenfalls, wenn man in der Thora liest, dass Noah neunhundert Jahre alt geworden ist, und Moses hundertvierzig, na, dann ratet doch mal, wer beim Totentanz den Chor geleitet hat? Daher auch dieses schwarzgeflügelte Äußere, das ich schon erwähnt hatte. Obwohl sie ihn gefeuert haben, durfte er doch seine Uniform behalten. (Kann man glauben, dass Noah seinen Tod achthundert Jahre hinauszögern konnte, indem er dem Engel erklärte, er sei mit seinem Papierkram im Hintertreffen? Ich wünschte, Raziel würde sich auch bei seiner momentanen Aufgabe als derart unfähig erweisen.)
    »Sieh nur, Raziel! Pizza!« Ich deutete auf ein Schild.
    »Kauf uns Pizza!«
    Er nahm etwas Geld aus seiner Tasche und gab es mir. »Mach du das. Das kannst du doch, oder?«
    »Ja, zu meiner Zeit gab es auch schon Geschäfte«, sagte ich sarkastisch. »Es gab keine Pizza, aber es gab Geschäfte.«
    »Gut. Kannst du diese Maschine bedienen?« Er deutete auf einen kleinen Kasten, in dem hinter einer Glasscheibe Zeitungen auslagen.
    »Wenn sie nicht mit dem kleinen Hebel aufgeht, dann nicht.«
    Der Engel wirkte beunruhigt. »Wie kann es angehen, dass man die Gabe der Zunge bekommt und plötzlich alle Sprachen versteht, es aber keine Gabe gibt, die einem zeigt, wie in diesen Zeiten alles funktioniert? Das erklär mir mal.«
    »Hör zu, wenn du nicht die ganze Zeit auf der Fernbedienung hocken würdest, könnte ich lernen, wie so was geht.«
    »Zu wissen, wie man einen Fernseher benutzt, reicht nicht. Man muss wissen, wie alles auf dieser Welt funktioniert.« Und damit wandte sich der Engel von mir ab und

Weitere Kostenlose Bücher