Die Bibel nach Biff
Umstände gibt. Solltest du dich eines dieser Vergehen schuldig machen und die anderen Mönche urteilen über dich, musst du das Kloster verlassen.«
Wieder sagte ich ja, und dann begann Kaspar mit den dreizehn Regeln, aufgrund derer ein Mönch für vierzehn Tage aus dem Kloster verbannt werden konnte (schon die erste konnte einem das Herz brechen: »Keine Absonderung von Samen, außer im Traum«), dann sagte er die neunzig Vergehen auf, für die man eine unvorteilhafte Wiedergeburt erdulden musste, falls man seine Sünden nicht bereute (diese reichten von der Zerstörung etwaiger Pflanzen über die absichtliche Tötung eines Tieres bis hin zur Schamlosigkeit, öffentlich neben einer Frau zu sitzen oder einem Laien gegenüber zu behaupten, man besäße übernatürliche Kräfte, selbst wenn es der Fall war). Alles in allem gab es eine erstaunliche Menge an Regeln, über hundert in Fragen des Anstands, Dutzende zum Beilegen von Streitfällen, aber vergesst nicht, wir waren Juden, aufgewachsen unter dem Einfluss der Pharisäer, die praktisch jedes Alltagsereignis mit Blick auf Moses' Gesetze hin beurteilten. Und bei Balthasar hatten wir Konfuzius studiert, dessen Philosophie kaum mehr als ein umfangreicher Katalog von Benimmregeln war. Ich zweifelte nicht daran, dass Josua es konnte, und sicher war es nicht unmöglich, dass auch ich all dem gewachsen war, falls Kaspar diesen Bambusstock nicht allzu ausgiebig einsetzte und ich genügend feuchte Träume zustande brachte. (He, ich war achtzehn Jahre alt und hatte eben erst fünf davon in einer Festung mit gefügigen Konkubinen verbracht. Ich war voll drauf, okay?)
»Mönch Nummer Zweiundzwanzig«, sagte Kaspar zu Josua, »du wirst damit beginnen, dass du lernst, wie man sitzt.«
»Ich kann sitzen«, sagte er.
»Und du, Nummer Einundzwanzig, wirst den Yak scheren.«
»Das ist doch nur so eine Redensart, oder?«
War es nicht.
Ein Yak ist ein extrem großes, extrem haariges, büffelähnliches Tier mit gefährlich aussehenden, schwarzen Hörnern. Falls ihr mal einen Wasserbüffel gesehen habt, stellt euch vor, er trägt eine Ganzkörperperücke, die bis auf den Boden hängt. Dann sprenkelt Moschus, Dung und saure Milch darüber: Schon habt ihr euren Yak. In einem höhlenartigen Stall hielten die Mönche eine Yak-Kuh, die sie tagsüber herausließen, sodass sie auf den Bergpfaden herumspazieren konnte, um zu grasen. Was sie graste, weiß ich nicht. Es schien nicht genügend Pflanzen zu geben, um ein Tier von solcher Größe zu ernähren - die Schulter des Yaks überragte meinen Kopf-, aber andererseits gab es auch in ganz Judäa nicht genügend Grün, um eine Herde Ziegen zu ernähren, und doch waren die Herden eine der Haupterwerbsquellen. Was wusste ich denn schon?
Der Yak lieferte gerade genug Milch und Käse, um den Mönchen in Erinnerung zu rufen, dass ein Yak nicht genügend Milch und Käse für zweiundzwanzig Mönche lieferte. Außerdem hatte das Tier lange, grobe Wolle zu bieten, die zweimal im Jahr geschoren werden musste. Diese ehrenwerte Pflicht fiel mir zu, wie auch die Aufgabe, Scheiße, Gras und Kletten aus der Wolle herauszukämmen. Viel mehr muss man über Yaks nicht wissen, abgesehen von einem bedeutenden Umstand, den ich Kaspars Ansicht nach allein durch Praxis lernen konnte: Yaks lassen sich nur ausgesprochen ungern scheren.
Es fiel den Mönchen Acht und Sieben zu, mich zu bandagieren, meine gebrochenen Beine und Arme zu schienen und den Yakdung abzuwaschen, der sehr gründlich in meinen Leib getrampelt war. Gerne würde ich den Unterschied zwischen jenen beiden ernsten Schülern schildern, wenn es denn einen gegeben hätte. Das Ziel aller Mönche war es, ihr Ego abzustreifen, und abgesehen von ein paar Falten in den Gesichtern der älteren Männer sahen sie alle gleich aus, sie waren gleich gekleidet und benahmen sich auch gleich. Ich dagegen unterschied mich erheblich von den anderen, trotz meines geschorenen Kopfes und der safrangelben Robe, denn mein halber Körper war bandagiert, und drei von vier Gliedmaßen hatte man mit Bambus geschient.
Nach der Katastrophe mit dem Yak wartete Josua die halbe Nacht, bis er sich den Korridor entlang zu meiner Zelle schlich. Leises Schnarchen der Mönche wehte durch den Gang, und die leise Unruhe der Fledermäuse, die ihre Höhle durch das Kloster erreichten, hallte wie ein Totengemälde epileptischer Schatten von den Steinwänden zurück.
»Tut es weh?«, fragte Josua.
Trotz der frostigen Temperaturen
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