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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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starrte durch die Scheibe des Pizzaladens die Männer an, die Teigscheiben in die Luft warfen.
    »Wieso, Raziel? Woher soll ich wissen, wie diese Welt funktioniert? Du hast doch von Anfang an verhindert, dass ich irgendwas lerne.«
    »Jetzt nicht mehr. Gehen wir Pizza essen.«
    »Raziel?«
    Er wollte es mir nicht weiter erklären. Den Rest des Tages wanderten wir durch die Stadt, gaben Geld aus, redeten mit Leuten, lernten. Am späten Nachmittag erkundigte er sich bei einem Busfahrer, wohin wir fahren müssten, um Spider-Man zu treffen. Ich hätte gut und gerne noch zweitausend Jahre darauf verzichten können, mir die Enttäuschung auf Raziels Gesicht anzusehen, als ihm der Busfahrer antwortete. Wieder im
    Hotelzimmer angekommen bekannte Raziel: »Ach, was sehne ich mich danach, Städte voller Menschen auszulöschen.«
    »Ich weiß genau, was du meinst«, sagte ich, obwohl ausgerechnet mein bester Freund dafür gesorgt hatte, dass solche Unternehmungen aus der Mode gekommen waren - und das auch keinen Augenblick zu früh. Aber der Engel brauchte dringend Bestätigung. Es ist nicht das Gleiche, ob man falsch Zeugnis ablegt oder Rücksicht auf die Gefühle eines anderen nimmt. Das wusste sogar Josua.

    »Josua, du machst mir Angst«, sagte ich, als ich mit der körperlosen Stimme sprach, die vor mir im Tempel schwebte. »Wo bist du?«
    »Ich bin überall und nirgends.«
    »Wie kommt es dann, dass ich deine Stimme direkt vor mir höre?« Mir gefiel das alles überhaupt nicht. Sicher, meine Jahre mit Josua hatten mich hinsichtlich übernatürlicher Erfahrungen abgestumpft, aber bisher hatten meine Meditationen noch nicht bewirkt, dass ich es kommentarlos hinnahm, wenn mein Freund unsichtbar wurde.
    »Vermutlich gehört es zum Wesen einer Stimme, dass sie von irgendwo kommen muss, aber nur, damit man sie loslassen kann.«
    Kaspar hatte im Tempel gesessen. Als er unsere Stimmen hörte, stand er auf und kam zu mir herüber. Er schien nicht böse zu sein - andererseits war er nie böse. »Warum?«, sagte Kaspar zu mir und meinte: Warum redest du und störst mit deinem infernalischen Lärm alle anderen beim Meditieren, du Barbar?
    »Josua hat Erleuchtung gefunden«, sagte ich.
    Kaspar sagte nichts, was bedeutete: Und? Das soll er doch auch, du wertloser Ableger eines kahlrasierten Yaks. Ich hörte am Klang seines Schweigens, was er meinte.
    »Und jetzt ist er unsichtbar.«
    »Mu«, sagte Josuas Stimme. Wobei Mu Chinesisch war und Nichts jenseits des Nichts bedeutete.
    In einem Akt erkennbar unbeherrschter Spontaneität kreischte Kaspar wie ein kleines Mädchen und sprang einen ganzen Meter in die Luft. Sämtliche Mönche hörten auf zu singen und blickten auf. »Was war das?«
    »Das ist Josua.«
    »Ich bin frei von meinem Ich, von allem Ego«, sagte Josua. Man hörte ein leises Knarren, und dann waren wir von üblem Gestank umgeben.
    Ich sah Kaspar an, aber er schüttelte den Kopf. Er sah mich an, und ich zuckte mit den Schultern.
    »Warst du das?«, fragte Kaspar Josua.
    »Ich in dem Sinne, dass ich Teil des großen Ganzen bin, oder ich in dem Sinne, dass ich derjenige bin, der in die muffige Luft gepupst hat?«, fragte Josua.
    »Letzteres«, sagte Kaspar.
    »Nein«, sagte Josua.
    »Du lügst«, sagte ich, worüber ich ebenso staunte wie über den Umstand, dass ich meinen Freund nicht sehen konnte.
    »Ich sollte nicht weitersprechen. Eine Stimme zu haben, trennt mich von all dem hier.« Damit schwieg er, und Kaspar sah aus, als sollte er gleich in Panik geraten.
    »Geh nicht weg, Josua«, sagte der Abt. »Bleib, wie du bist, wenn es sein muss, aber komm morgen früh bei Sonnenaufgang in den Teeraum.« Kaspar sah mich an. »Du auch.«
    »Ich muss morgen früh mit den Pfählen üben«, sagte ich.
    »Du bist entschuldigt«, sagte Kaspar. »Und sollte Josua heute Nacht mit dir sprechen, versuch, ihn zu überreden, dass er unsere Existenz teilt.« Damit eilte er auf ausgesprochen unerleuchtete Weise von dannen.
    An diesem Abend war ich gerade dabei einzuschlafen, als ich draußen auf dem Flur vor meiner Zelle ein Knarren hörte und mich ein unfassbar fauliger Gestank aus meinem Dämmerzustand riss.
    »Josua?« Ich schlich aus meiner Zelle auf den Gang. Hoch oben in den Mauern gab es schmale Schlitze, durch die der Mondschein drang, doch sah ich nur schwaches, blaues Licht auf den Steinen. »Josua, bist du das?«
    »Woher wusstest du?«, sagte Josuas körperlose Stimme.
    »Also, ehrlich gesagt, Josua: Du stinkst.«
    »Als wir

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