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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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weil alles Buddha ist, wenn man Erleuchtung erlangt, jedoch den Entschluss fasst, erst ins Nirwana weiterzuziehen, wenn alle fühlenden Lebewesen einem dorthin vorausgegangen sind, dann ist man ein Bodhisattva. Ein Heiland. Indem er diesen Ent- schluss fasst, nimmt ein Bodhisattva das Einzige auf sich, was er je besitzen kann: Erbarmen für das Leid seiner Mitmenschen. Begreifst du?«
    »Ich glaube schon«, sagte Josua. »Aber der Entschluss, ein Bodhisattva zu werden, klingt für mich wie eine Egotat, eine Absage an die Erleuchtung.«
    »Das ist es allerdings, Josua. Es ist ein Akt der Eigenliebe.«
    »Bittet Ihr mich, ein Bodhisattva zu werden?«
    »Wenn ich dir sagen würde, liebe deinen Nächsten wie dich selbst, würde ich dich dann auffordern, selbstsüchtig zu sein?«
    Einen Moment lang herrschte Stille, und als ich zu der Stelle blickte, von der Josuas Stimme kam, wurde er allmählich wieder sichtbar. »Nein«, sagte Josua.
    »Wieso?«, fragte Kaspar.
    »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst«, und es folgte eine lange Pause, während der ich mir vorstellte, dass Josua auf der Suche nach einer Antwort zum Himmel blickte, wie er es so oft tat, »denn er ist du, und du bist er, und alles, was der Liebe wert war, findet sich in allem wieder.« Josua nahm vor unseren Augen Gestalt an, voll bekleidet, er sah kein bisschen mitgenommen aus.
    Kaspar lächelte und schien all die Jahre, die sich seinem Gesicht eingeprägt hatten, abzustreifen. Friede lag in seinem Blick, und für den Moment mochte er nicht älter sein als wir.
    »Das ist richtig, Josua. Du bist wahrlich erleuchtet.«
    »Ich will meinem Volk ein Bodhisattva sein«, sagte Josua.
    »Gut, nun geh und schere den Yak«, sagte Kaspar.
    Ich ließ meinen Reisball fallen. »Was?«
    »Und du such Nummer Drei und setz deine Übungen an den Pfählen fort.«
    »Lasst mich den Yak scheren«, sagte ich. »Ich habe es schon mal gemacht.«
    Josua legte mir eine Hand auf die Schulter. »Ich schaff das schon.«
    Kaspar sagte: »Und beim nächsten Mond, nach den Almosen, werdet ihr beide für eine besondere Meditation mit den anderen in die Berge ziehen. Eure Ausbildung beginnt noch heute Abend. Ihr werdet zwei Tage lang keine Mahlzeiten bekommen, und noch vor Sonnenuntergang müsst ihr mir eure Decken bringen.«
    »Aber ich bin schon erleuchtet«, protestierte Josh.
    »Gut. Schere den Yak«, sagte der Meister.

    Ich schätze, ich hätte mich wohl nicht wundern sollen, als Josua am nächsten Tag mit einem Ballen aus Yakhaar und ohne den geringsten Kratzer im Speisesaal erschien. Die anderen Mönche schien es keineswegs zu überraschen. Tatsächlich blickten sie kaum von ihrem Reis und Tee auf. (Während all der Jahre in Kaspars Kloster fand ich es erstaunlich schwierig, einen buddhistischen Mönch zu überraschen, besonders einen, der im Kung-Fu ausgebildet war. Sie waren in jedem Augenblick derart wachsam, dass man fast unsichtbar und absolut lautlos sein musste, um sich an einen Mönch anzuschleichen, und selbst dann genügte es nicht, einfach aufzuspringen und »buh« zu rufen, um ihre Chakren zu erschüttern. Wenn man eine echte Reaktion hervorrufen wollte, musste man einen von ihnen mehr oder weniger mit einem Stock niederstrecken, und wenn er den Stock durch die Luft pfeifen hörte, standen die Chancen gut, dass er ihn packte, dir wegnahm und dich damit zu Brei schlug. Also, nein, es überraschte sie nicht, dass Josua die haarige Ernte unbeschadet ablieferte.)
    »Wie?«, fragte ich, denn es war so ziemlich genau das, was ich wissen wollte.
    »Ich habe ihr gesagt, was ich vorhabe«, sagte Josua. »Sie stand ganz still.«
    »Du hast ihr einfach nur gesagt, was du vorhattest?«
    »Ja. Sie hatte keine Angst, und deshalb hat sie sich auch nicht gewehrt. Alle Angst kommt daher, dass man versucht, in die Zukunft zu blicken, Biff. Wenn man weiß, was kommt, hat man keine Angst.«
    »Das stimmt nicht. Ich wusste, was kommt, nämlich dass dich der Yak in Grund und Boden trampelt. Und da ich nicht halb so gut im Heilen bin wie du, hatte ich Angst.«
    »Oh, dann täusche ich mich. Tut mir Leid. Dann mag sie dich wohl einfach nicht.«
    »Das klingt schon besser«, sagte ich besänftigt. Josua saß mir gegenüber am Boden. Genau wie ich durfte auch er nichts essen, aber man gestattete uns Tee. »Hunger?«
    »Ja, und du?«
    »Bärenhunger. Wie hast du letzte Nacht geschlafen? Ohne Decke, meine ich ...«
    »Es war kalt, aber ich habe mich an unsere Übungen erinnert, und so konnte

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