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Die Bibel nach Biff

Die Bibel nach Biff

Titel: Die Bibel nach Biff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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sagte Josua.
    »Also, was könnt Ihr für uns tun?«, fragte ich.
    »Und wer bist du?«
    »Biff«, sagte ich.
    »Mein Freund«, sagte Josh.
    »Ja, sein Freund«, sagte ich.
    »Und was willst du?«
    »Vor allem würde ich gern nicht länger an diesen Klippen hängen. Meine Finger werden taub.«
    »Ja«, sagte Josh.
    »Ja«, sagte ich.
    »Sucht euch zwei Nischen. Einige sind leer. Die Yogis Ramata und Mahara sind vor kurzem ins nächste Leben weitergezogen.«
    »Wenn Ihr wisst, wo wir etwas zu essen finden könnten, wären wir sehr dankbar«, sagte Josua. »Es ist lange her, seit wir zuletzt gegessen haben. Und wir haben kein Geld mehr.«
    »Dann wird es Zeit für deine erste Lektion, kleiner Messias. Auch ich habe Hunger. Bring mir ein Reiskorn.«

    Josua und ich kletterten über das Kliff, bis wir zwei Nischen fanden, im Grunde winzige Höhlen, die nah beieinander und nicht so hoch gelegen waren, dass uns ein Absturz das Leben gekostet hätte. Beide Nischen waren aus dem Fels gehauen und gerade breit genug zum Hinlegen, hoch genug zum Aufsetzen und tief genug, den Regen fern zu halten, sofern er senkrecht herunterfiel. Als wir uns eingerichtet hatten, wühlte ich in meinem Beutel herum, bis ich drei alte Reiskörner fand, die sich irgendwie im Saum verirrt hatten. Ich tat sie in meine Schale und nahm die Schale zwischen die Zähne, als ich mich wieder auf den Weg zu Melchiors Nische machte.
    »Ich habe nicht um eine Schale gebeten«, sagte Melchior. Josua hatte sich schon am Kliff entlanggehangelt und saß neben dem Yogi. Seine Beine baumelten über dem Rand, eine Möwe saß auf seinem Schoß.
    »Die Darreichung ist die halbe Mahlzeit«, sagte ich und zitierte einen von Wonnes Lehrsprüchen.
    Melchior schnüffelte an den Reiskörnern, nahm eines und hielt es zwischen seinen knochigen Fingerspitzen.
    »Es ist roh.«
    »Ja, ist es.«
    »Roh können wir es nicht essen.«
    »Nun, wir könnten es dampfend mit einem Salzkorn und einem Molekül von grünen Zwiebeln zubereiten, wenn Ihr es so haben wollt.« (Ja, allerdings, damals gab es auch schon Moleküle. Blöde Frage.)
    »Na gut, das wird genügen müssen.« Der heilige Mann hielt die Schale mit den Reiskörnern auf seinem Schoß, dann schloss er die Augen. Seine Atmung wurde langsamer, und einen Moment später schien es, als atmete er überhaupt nicht mehr.
    Josh und ich warteten. Und sahen einander an. Und Melchior rührte sich nicht. Seine magere Brust hob sich nicht. Ich war hungrig und müde, aber ich wartete. Und der heilige Mann rührte sich fast eine Stunde nicht. Angesichts der neuerdings leer stehenden Nischen in der Felswand war ich ein wenig besorgt, dass Melchior vielleicht irgendeiner yogimordenden Epidemie zum Opfer gefallen wäre.
    »Ist er tot?«, fragte ich.
    »Weiß nicht.«
    »Pieks ihn.«
    »Nein, er ist mein Lehrer, ein heiliger Mann. Ich werde ihn nicht pieksen.«
    »Er ist unberührbar.«
    Josua konnte der darin liegenden Ironie nicht widerstehen und piekste ihn. Augenblicklich schlug der Yogi die Augen auf, deutete aufs Meer hinaus und rief: »Seht, eine Möwe!«
    Wir sahen hin. Als wir uns wieder umdrehten, hielt der Yogi eine Schale Reis in Händen. »Hier, geht und kocht das.«
    So begann Josuas Ausbildung. Er sollte das finden, was Melchior den »Göttlichen Funken« nannte. Mir gegenüber war der heilige Mann streng, doch mit Josua hatte er unendliche Geduld, und bald schon wurde deutlich, dass ich mit meinem Versuch, an Josuas Ausbildung teilzunehmen, ihn eigentlich nur behinderte. An unserem dritten Morgen pisste ich im hohen Bogen übers Kliff (Gibt es etwas Befriedigenderes als von irgendwo hoch oben herunterzupissen?), dann kletterte ich zum Strand hinunter und machte mich auf den Weg ins nächste Dorf, um mir Arbeit zu suchen. Selbst wenn Melchior aus drei Reiskörnern eine Mahlzeit erschaffen konnte, so waren doch alle verirrten Reiskörner aus meinem und aus Josuas Beutel verzehrt. Der Yogi mochte einem beibringen können, wie man sich verknotete und sich selbst die Eier leckte, nur war der Nährwert dabei nicht allzu hoch.
    Der Ort hieß Nicobar und war etwa doppelt so groß wie Sephoris, vielleicht zwanzigtausend Einwohner, die meist vom Meer lebten, als Fischer, Händler oder Bootsbauer. Nachdem ich mich hier und da erkundigt hatte, wurde mir bewusst, dass es mir nicht mein mangelndes Talent schwer machte, meinen Lebensunterhalt zu verdienen, sondern das Kastensystem. Es reichte erheblich tiefer in die Gesellschaft hinein, als

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