Die Bibel Verstehen
Brote» (Esra 6,22).
Nehemia, der in der persischen Stadt Susa hoher Beamter war, hört von der Not Jerusalems und von den zerstörten Stadtmauern. So macht er sich auf den Weg, um die Mauern wieder aufzubauen. Nachdem nun Tempel und Stadtmauer wieder aufgebaut waren, machten sich Esra und Nehemia daran, das Volk im Gesetz zu unterweisen und die Feste wieder einzuführen, die Mose dem Volk geboten hatte. Als der Priester Esra das Gesetz des Herrn verlas, weinten alle Leute. Nehemia und Esra rufen sie zur Freude auf: «Auf! Esst fette Speisen und trinkt süßen Wein! Sendet auch jenen etwas, denen nichts bereitet ist; denn dieser Tag ist heilig für den Herrn.Betrübt euch nicht; die Freude des Herrn, sie ist euer Schutz» (Neh 8,10). Hier wird der Grund allen Feierns sichtbar. Weil Gott dem Volk seine Gnade erweist, soll es feiern und auch an die denken, die nichts haben, die in Trauer dahindarben. Die wahre Stärke des Volkes ist die Freude am Herrn.
Gottesdienst ist nicht in erster Linie Pflicht, sondern Ausdruck der Freude, dass der Herr uns nahe ist und an uns gnädig handelt. Doch die Freude kann erst in Fülle gelebt werden, wenn auch die Schuld vor Gott gebracht wird und das Volk die Vergebung Gottes erfahren darf.
Die Reform des Nehemia ist die Geburtsstunde des Judentums. Der Eifer für das Gesetz, wie ihn zur Zeit Jesu die Pharisäer an den Tag legten, hat in der Reform des Nehemia seinen Grund. Im konkreten Zusammenleben sollte deutlich werden, dass Gott der Herr des Volkes ist. Nicht wirtschaftliche Interessen sollen das Leben bestimmen, sondern der gute und weise Wille Gottes. Darin liegt das Heil des Menschen und der menschlichen Gemeinschaft – ohne Grenzen von Zeit und Raum.
Wenn wir die Bücher Esra und Nehemia heute lesen, so wächst in uns das Vertrauen, dass Gott auch uns Christen nicht im Stich lässt. In einer säkularisierten Welt, in der wir uns manchmal als Außenseiter fühlen, wird Gott auch unseren Glauben immer wieder stärken. Die Kirche, die durch viele Krisen hindurchgeht, wird immer wieder auch vom Glanz Gottes erfüllt, damit sie in dieser Welt Zeugnis gibt für Gott, dass sie den Himmel offen hält in einer verschlossenen Welt. Auch wenn die Kirche kleiner geworden ist – ähnlich wie das Volk Israel – hat sie doch stellvertretend für die ganze Welt eine wichtige Funktion. Sie kündet Gottes Treue. Gott verlässt weder die Kirche noch die Welt. Gott ist da. Die Kirche als Zeugin für Gottes Gegenwart in dieser Welt erweist damit unserer Gesellschaft einen heilsamen Dienst. Sie hält den Himmel offen und bewahrt die Gesellschaft davor, alles nur nach wirtschaftlichen und finanziellen Gesichtspunkten zu bewerten. Indem die Kirche Gott in den Mittelpunkt stellt, hilft sie nicht nur den Gläubigen, sondern allen Menschen, die eigene Mitte nicht zu verlieren.
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TOBIT, TOBIAS UND DER ENGEL RAFAEL
Das Buch Tobit ist eine Lehrschrift, die den Juden in der Diaspora, umgeben von fremden Völkern und fremdem Götterglauben, Mut machen möchte, auch mitten in der Anfechtung an Gottes Willen festzuhalten. Das Buch ist in griechischer Sprache überliefert und im zweiten Jahrhundert vor Christus entstanden.
Tobit hält seine frommen Bräuche und das Gesetz auch in der Fremde durch. Aber er hat Pech. Trotz aller Frömmigkeit erblindet er und wird auch noch von seiner Frau beschimpft. Genauso ausweglos wie Tobit scheint das Schicksal Saras zu sein. Sie war mit sieben Männern verheiratet. Doch ein böser Dämon hat ihre Männer alle schon in der Hochzeitsnacht getötet. – Uns kommt dieser männermordende Dämon fremd vor. Doch wenn eine Frau zu eng an den Vater gebunden ist, hat der Mann neben ihr keine Chance. Da wird er buchstäblich getötet. Da verhungert er neben seiner Frau.
In diese Situation tritt Rafael, der Engel Gottes, ein. Rafael heißt: «Gott heilt». Der Engel heilt die Beziehung zwischen Mann und Frau und die Beziehung zwischen Vater und Sohn. Weder Tobit noch sein Sohn Tobias wissen, dass der Begleiter des jungen Tobias ein Engel ist. Der Engel schützt Tobias vor dem Fisch, der aus dem Wasser schießt, um ihn zu verschlingen. Rafael fordert Tobias auf, den Fisch aufzuschneiden und Herz, Leber und Galle herauszunehmen. Sie werden ihm helfen, die Liebe zur Frau und zum Vater zu heilen. Herz und Leber müssen verbrannt werden: Die Liebe und die Gefühle müssen verwandelt werden. Sie müssen gereinigt werden von den Trübungen durch Habenwollen und Blindheit. Erst
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