Die Bibel Verstehen
Lehre hinzuweisen, auf die Menschlichkeit Jesu und auf die Konkretisierung des Glaubens in einem neuen Verhalten.
Der erste Johannesbrief ist eine Kampfschrift gegen die Irrlehrer. Er ist vermutlich zwischen 90 und 100 entstanden. Den zweiten und dritten Johannesbrief schrieb der Autor, als die Irrlehrer aus der Johannesgemeinde ausgezogen waren und anderswo nach Anhängern suchten.
In seinem Kampf gegen Missdeutungen der christlichen Botschaft macht der Autor wunderbare positive Aussagen: «Gott ist Licht, und Finsternis gibt es keine in ihm» (1 Joh 1,5). Aber wer im Licht ist, muss sich auch danach verhalten. Die andere Aussage bezieht sich auf die Liebe, das große Thema der Johannesbriefe: «Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm» (1 Joh 4,16). Nur wer den Bruder und die Schwester liebt, hat verstanden, wer Gott ist. Die Erfahrung der Liebe ist zugleich Erfahrung Gottes.Und Gott kann nur der spüren, der in sich die Liebe spürt, in dem die Liebe fließt, nicht nur zu Gott hin, sondern zu jedem Menschen, ja zur ganzen Schöpfung.
Licht und Liebe sind nicht nur Kennzeichen Gottes, sondern sie prägen auch die christliche Existenz. Aber im Licht und in der Liebe ist nur der, der sich ganz konkret für den Bruder und für die Schwestern einsetzt. Alles schwärmerische Begeistertsein von einer Liebe, die keine Auswirkungen hat, ist eine Verfälschung der Botschaft Jesu. Der zweite Johannesbrief erweitert die Beschreibung der Liebe: «Darin besteht die Liebe, dass wir nach seinen Geboten leben» (2 Joh 6).
Die Liebe ist das vorherrschende Thema aller drei Johannesbriefe. Wenn wir diese Briefe lesen, dann sollen wir in den Worten die Liebe Gottes selbst immer tiefer in unser Herz dringen lassen. Wir können über die Worte der Liebe reflektieren; doch dann bleiben wir immer noch in Distanz zu der Liebe, die uns erfüllen möchte. Es geht darum, in den Worten die Liebe aufzunehmen, die in den Worten Ausdruck findet. Die Worte sind schon Liebe. Und Gottes Liebe erreicht uns, wenn wir nicht über die Worte nachdenken, sondern uns von den Worten durchdringen und verwandeln lassen.
W
as von Anfang an war, was wir gehört und mit unseren Augen gesehen haben, was wir geschaut und was unsere Hände berührt haben vom Wort des Lebens – und das Leben ist erschienen und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, das beim Vater war und uns erschienen ist, – was wir also gesehen und gehört haben, das verkündigen wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt. Unsere Gemeinschaft aber ist eine Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Dies schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen ist.
ERSTER JOHANNESBRIEF 1,1–4
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JUDAS: BRIEF AN EINE GEMEINDE
Der Verfasser des Judasbriefes beruft sich auf Judas, den Bruder des Jakobus. Er ist im Umkreis der Herrenbrüder und ihrer Familien zu suchen. Er schreibt an judenchristliche Gemeinden, wohl um das Jahr 90.
Der Anlass des Briefes ist die Sorge, dass die Gemeinden durch Irrlehrer, die sich auf die Gnosis berufen, verwirrt werden. Der Autor wendet sich gegen einen Missbrauch der christlichen Freiheit. Er schreibt dabei weniger über den Inhalt des Glaubens, als vielmehr um die ethische Verwirklichung des Glaubens. Das Judenchristentum hat immer den Akzent auf die konkrete Lebensweise gelegt, die aus dem Glauben kommt und die das beste Zeugnis des Glaubens ist.
In dem zitierten Text wird das Wesen des Glaubens zusammengefasst: an der Liebe Gottes festzuhalten und auf das Erbarmen Jesu Christi zu warten. Der wahre Christ lässt sich von der Liebe Gottes erfüllen und antwortet auf Gottes Liebe mit Erbarmen und Frieden gegenüber allen Menschen. Wer fest im Glauben steht, urteilt nicht über Menschen, die voller Zweifel sind, sondern erbarmt sich ihrer (Jud 22). Die Christen als Geliebte Gottes zeichnet herzliches Erbarmen aus.
Nicht Urteilen, sondern Verstehen, nicht Ausschließen, sondern Aufnehmen derer, die auf der Suche sind, darin besteht Leben aus dem Glauben an Jesus Christus, der in der «Feldrede», der großen Predigt im Lukasevangelium, die Barmherzigkeit als die Haltung verkündet hat, die Gott am meisten entspricht.
Die Offenbarung des Johannes hat seit je die Menschen bewegt. Aber kaum ein Buch des Neuen Testamentes wurde so oft missbraucht. Immer wenn die Welt in eine Krise geriet, hat man auf die Offenbarung zugegriffen, um die
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