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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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doch gerade als sie aufspringen wollte, betrat Remer den Raum mit einer Pistole in der Hand. Die kleine schwarze Waffe mit dem dunklen Holzgriff veränderte alles. Sie wusste, dass die Schattenorganisation nicht davor zurückschreckte, Menschen zu töten, wenn auch bisher mit weniger handfesten Mitteln. Sie hatten ihre Fähigkeiten eingesetzt und Mittel genutzt, die zum Kontext passten, nicht kalte Schusswaffen, die in der Welt der Lettori seltsam deplatziert aussahen.
    Paw packte ihre Arme, bog sie ihr auf den Rücken und
klebte sie an der Stuhllehne fest. Remer setzte sich an den Schreibtisch vor dem Fenster und legte die Waffe so selbstverständlich auf einem Stapel Papiere ab, als handele es sich um einen Briefbeschwerer. Er beugte sich über den Tisch zu einem Mikrofon vor, das er mit einem Knopfdruck einschaltete.
    »Binde ihn gut fest«, befahl er und warf kurz einen Blick zu Paw hinüber. »Er soll sich ja nicht noch mehr verletzen.«
    Katherina wurde herumgedreht, und Paw klebte auch ihre Beine an den Stuhlbeinen fest. Sie starrte ihn an, er aber wich ihrem Blick aus.
    »Dann warst du die ganze Zeit dabei?«, fragte sie voller Verachtung.
    Er lachte.
    »Glaub nur nicht, dass es ein Vergnügen war«, spottete er und verzog das Gesicht. »Euer naives Geschwafel über Leseerlebnisse, Literatur und ›Die gute Geschichte‹. Ich wäre fast wahnsinnig geworden.« Er blickte zu Remer. »Aber jetzt ist Schluss damit, jetzt habe ich meine Pflicht getan.«
    »Und was ist mit dem Laden?«, fragte Katherina. »Mit Iversen? Und Luca?«
    Paw erhob sich und stützte sich auf die Armlehnen des Stuhls. Er beugte sein Gesicht dicht vor das ihre und hielt ihrem Blick stand. Seine Augen strahlten Verachtung aus. Er war so dicht vor ihr, dass sie das Knirschen seiner zusammengepressten Zähne hören konnte.
    »Ihr könnt mich alle mal!«
    Katherina spuckte ihm ins Gesicht und warf sich im Stuhl nach vorn, doch es gelang Paw, rechtzeitig zurückzuweichen. Er richtete sich grinsend auf und wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel ab. Dann nahm er ein Stück Tape und klebte es ihr auf die Lippen. Schließlich trat er einen Schritt zurück, verschränkte die Arme und betrachtete lächelnd sein Werk.
    Katherina wandte sich angewidert ab.

    Paw lachte und verschwand auf den Flur.
    Katherina versuchte, ihre Arme zu bewegen, um das Tape zu lockern, doch ohne Erfolg. Das Plastik schnitt sich bloß in ihre Haut, und sie hätte vor Schmerzen geschrien, wären ihre Lippen nicht auch zugeklebt gewesen. Verzweifelt sank sie auf dem Stuhl zusammen und spürte, wie ihr die Tränen kamen. Wie hatten sie nur so naiv sein können? Paws plötzliche Rückkehr hätte ihr Misstrauen wecken müssen, um keinen Preis hätten sie ihn an dieser Aktion beteiligen dürfen. Aber Kortmanns Tod hatte sie zu sehr beschäftigt. Sie warf den Kopf hin und her, als wollte sie die Tränen abschütteln. Sie musste sich zusammenreißen, jetzt kam es darauf an, alle Kräfte zu konzentrieren, um aus dieser Situation herauszukommen. Sie ließ den Blick hilfesuchend durch den Raum schweifen.
    Remer starrte auf den Computerbildschirm, ohne sich darum zu kümmern, was am anderen Ende des Raumes vor sich ging. Katherina konnte Teile des Gelesenen auffangen, aber leider nur sinnlose Bruchstücke. Technische Formeln, Zahlen und Ausdrücke, die sie nie zuvor gehört hatte, mischten sich zu einer einzigen Buchstabensuppe. Zwischendurch sah Remer immer wieder durch die verglaste Tür ins Nebenzimmer und gab irgendjemand Signale.
    Von ihrem Platz aus konnte Katherina nicht ins Nebenzimmer schauen, aber sie sah, dass dort Licht brannte und sich jemand bewegte. Sie war sich sicher, dass sie Jon dorthin gebracht hatten.
    Sie presste die Fersen gegen die Stuhlbeine und versuchte das Tape an ihren Knöcheln zu dehnen. Es gab leicht nach, was ihr Mut machte.
    »Okay«, sprach Remer ins Mikrofon. »Ihr könnt jetzt den Raum verlassen. Wir müssen warten, bis er aufwacht.«
    Paw und ein anderer Mann kamen zurück in den Computerraum und setzten sich neben Remer. Kortmanns Chauffeur war noch nicht wieder aufgetaucht.

    In der folgenden Viertelstunde führte Remer ein paar Vorbereitungen und Tests am Computer durch. Paw beobachtete ihn bei seiner Arbeit und blickte hin und wieder zu Katherina hinüber. Der dritte Mann arbeitete einen Stapel Papiere durch und antwortete kurz und routiniert, wenn Remer nach RL-Werten, Spannungsintensität und IR-Blockaden fragte. Katherina konnte mit keinem

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