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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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was Tom Nørreskov sagte, und versuchte, den Worten einen Sinn abzuringen. Von Lucas Standpunkt aus mochte sein Handeln vielleicht logisch gewesen sein, jedenfalls ansatzweise, aber vor dem Hintergrund von Jons eigenen Erinnerungen aus dieser Zeit passten die Teile einfach nicht zusammen. Er hatte immer geglaubt, seine Eltern wollten nichts mehr mit ihm zu tun haben, und jetzt sollte er akzeptieren, dass sie sich für ihn geopfert hatten? Das war einfach ein zu großer Schritt.
    »Wieso hat er nie etwas gesagt?«
    »Aus Angst. Er hat mit niemand darüber gesprochen. Das Risiko, dass die Gesellschaft infiltriert war, hat ihn davon abgehalten, dort Hilfe zu suchen. Selbst mich hat er nach Mariannes Tod lange Zeit nicht besucht. An wen hätte er sich wenden sollen?«
    »Was war mit Iversen?«, fragte Katherina. »Hätte der ihm nicht helfen können?«
    »Das hat er doch getan«, antwortete Tom. »Mehr, als er es selber ahnt. Er war ihm eine Stütze, ein Freund und ein Helfer im Laden. Er sorgte dafür, dass Luca etwas aß, und er hielt ihn auf dem Laufenden, was in der Gesellschaft vor sich ging. Der Bruch zwischen Sendern und Empfängern war bald eine unumstößliche Tatsache, nachdem Luca sich zurückgezogen hatte. Und offensichtlich half das. Die Anschläge hörten auf oder waren zumindest nicht mehr so offensichtlich. Kortmann
wurde zum Vorsitzenden der Sender, Clara übernahm die Position bei den Empfängern. Es kehrte wieder Ruhe ein.«
    »Das heißt, Iversen weiß gar nichts von der Schattenorganisation?«
    »Nein«, antwortete Tom entschieden. »Nicht, weil wir ihm nicht vertraut hätten, aber manchmal ist er - entschuldigen Sie den Ausdruck - wie ein offenes Buch. Er hätte völlig unfreiwillig unser Wissen über die Schattenorganisation preisgegeben. Daher haben wir uns schon sehr früh entschlossen, ihn nicht einzuweihen. Zu seinem eigenen Besten.«
    »Was wurde aus dem Plan?«, fragte Katherina. »Hat die Schattenorganisation jemals Kontakt zu Ihnen aufgenommen?«
    Tom schüttelte den Kopf.
    »Nein, nie.« Er verschränkte die Hände und knetete sie. »Möglicherweise hatten sie Schwierigkeiten, mich zu finden. Ich war in der Zeit ziemlich paranoid. Ehrlich gesagt hat mir Mariannes Selbstmord eine Todesangst eingejagt, und ich versuchte mich zu schützen, so gut es eben ging. Nach einer Weile habe ich alle Brücken hinter mir abgebrochen und bin weggezogen.« Sein Blick schweifte durch den Raum. »Nur Luca wusste, wo ich war, das glaubte ich zumindest.« Sein roter Mund öffnete sich zu einem breiten Lächeln. »Bis heute.«
    »Schhh«, machte Katherina unvermittelt und hob die Hand.
    Tom legte den Kopf schräg und schloss die Augen. Mit den gefalteten Händen auf dem orientalischen Kissen sah er aus wie ein meditierender Mönch. Jon wandte sich zu Katherina.
    »Unbefugten ist der Zutritt verboten«, flüsterte sie.
    Jon nickte und lehnte sich auf dem Sofa zurück. Er wünschte in diesem Augenblick, er könnte hören, was die beiden hörten, um Teil des Ganzen zu sein und nicht bloßer Zuschauer.
    »Privatgrundstück«, sagte Katherina.
    »Das zweite Schild«, erläuterte Tom.

    Jon sah von einem zum anderen. Voll konzentriert saßen beide mit geschlossenen Augen da.
    »Kein Zutritt«, brummte Tom. »Jetzt sind sie im Wald.«
    »Drei Personen«, fügte Katherina hinzu.
    Hätte er nicht befürchtet, ihre Konzentration zu stören, wäre Jon aufgesprungen und nach draußen gelaufen, um nachzusehen, wer da kam. Aber er traute sich nicht, blieb still auf dem Sofa sitzen und ließ den Blick durchs Wohnzimmer schweifen. Das Mosaik der Buchrücken sorgte dafür, dass der Raum nicht so kahl wirkte, wie er eigentlich war. Er beugte sich zum nächsten Regal vor.
    »Nein, Jon, nicht!«, platzte Katherina heraus.

NEUNZEHN
    M ichelFoucaultGünterGrassDieOrdnungderDingeLullabyThomasPynchonMason&DixonRichardFordSusan SontagFinnCollinBentJensenAnatomiedesHassesDieletzte-WalküreDieroteAntilopeArturoPérez-ReverteMarcelProust- Schnee …«
    Der Strom der Titel und Autorennamen, die Jon las, übertönte total, was sie von den Personen empfing, die sich dem Hof näherten. Katherina riss die Augen auf und wandte sich ihm mit einem Ruck zu.
    »Hör auf«, befahl sie.
    Jon sah sie überrascht an, bis ihm klar wurde, was er getan hatte. Er blickte betroffen zu Boden.
    Katherina schloss die Augen und konzentrierte sich wieder auf ihre Wahrnehmung, doch sie fing nichts mehr auf. Was bedeutete das? Hatten sie angehalten oder befanden

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