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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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sie sich zwischen den Schildern? So bequem es war, über größere Distanzen etwas zu empfangen, so frustrierend war es auch, nicht sehen zu können, was wirklich vor sich ging.
    Sie sprang vom Sofa auf und rannte zur Haustür. Sie fummelte an den drei Schlössern herum, und sowie sie alle Riegel zur Seite geschoben hatte, waren auch Jon und Tom zur Stelle.
    Sie liefen alle in Richtung Weg. Jon war der Schnellste von ihnen. Er hatte bereits einen kleinen Vorsprung, blieb dann aber plötzlich an der Biegung des Weges stehen. Als Katherina und Tom ihn erreichten, sahen sie einen grauen Landrover, der sich rückwärts von ihnen entfernte. Im Schatten der Bäume
war es unmöglich zu erkennen, wie viele Leute im Auto saßen. Katherina wollte dem Wagen nachrennen, doch Jon hielt sie an der Schulter zurück.
    »Sie haben einen einsteigen lassen«, erklärte er. »Der kam da links aus dem Wäldchen. Vielleicht sind da noch mehr.«
    Katherina starrte zwischen die Stämme, aber die Nadelbäume standen so dicht, dass sie nichts erkennen konnte. Das Auto war jetzt aus ihrem Blickfeld verschwunden, aber sie hörten noch das Motorengeräusch. Der Landrover entfernte sich mit hoher Geschwindigkeit.
    »Hast du die Nummer erkennen können?«, fragte Katherina.
    Jon schüttelte den Kopf.
    »Irgendetwas mit TX.«
    »Ich hole mein Gewehr«, verkündete Tom und rannte zum Haus, ehe sie reagieren konnten.
    »Wie hat er ausgesehen?«, bohrte Katherina weiter. »Hast du ihn erkannt?«
    »Nein«, antwortete Jon mit großer Sicherheit in der Stimme. »Er war klein und dünn und trug Jagdklamotten, mit Hut und so.«
    »Hatte er ein Gewehr?«
    »Vielleicht. Das habe ich nicht so genau gesehen.«
    Jon ging ein paar Schritte weiter und spähte ins Dickicht. Sie blieben ein paar Minuten lauschend stehen, ohne jedoch etwas anderes als den Wind in den Baumwipfeln zu hören.
    »Es tut mir leid, dass ich alles kaputt gemacht habe«, sagte er, ohne seinen Blick von den Baumwipfeln zu nehmen. »Es ist noch immer ungewohnt für mich, dass Lesen so entlarvend sein kann. Mein ganzes Leben habe ich geglaubt, stilles Lesen wäre reine Privatsache, eine Art Raum, in den man eintreten und sich zurückziehen kann. Dabei habe ich in Wirklichkeit gesendet wie eine ganze Radiostation.«
    »Eine Radiostation mit einer verschwindend kleinen Hörerschar«,
ergänzte Katherina. »Die meisten können ein Leben lang lesen, ohne auf einen Empfänger zu stoßen.«
    »Die verstecken sich aber auch gut«, meinte Jon mit einem Lächeln in Richtung Hof. »Ja, ich weiß, Tom ist ein spezieller Fall.« Sein Lächeln verschwand, und er sah sie musternd an. »Sehr speziell. Die Frage ist nur, ob wir ihm trauen können.«
    »Haben wir eine andere Wahl?«
    Jon wiegte den Kopf hin und her und breitete die Arme aus.
    »Ich habe in der letzten Zeit so viele ungewöhnliche Geschichten gehört, dass seine hier fast glaubhaft klingt«, sagte er und blickte wieder in die Bäume. »Auf jeden Fall erklärt sie einige Geschehnisse, insbesondere was Luca angeht. Hätte ich das alles nur früher gewusst!«
    Katherina bemerkte seine fest geballten Fäuste, an denen die Fingerknöchel weiß hervortraten.
    »Am meisten erstaunt mich, dass Luca nie etwas gesagt hat«, kommentierte sie, »nicht einmal Iversen gegenüber…«
    Jon hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. Aus dem Wäldchen hörten sie das Knacken von Zweigen. Da schlich jemand durchs Unterholz. Gefolgt von Katherina, ging Jon ein paar Schritte vom Weg weg in Richtung Wäldchen. Jetzt sahen sie eine Gestalt, die sich zu ihnen vorkämpfte und vor Anstrengung schnaubte, während sie sich durch das Gewirr der Zweige arbeitete.
    Tom trat mit rotem Kopf und nach Atem ringend aus dem Baumschatten. Unter dem Arm trug er ein Jagdgewehr, das mit ein paar abgerissenen Zweigen geschmückt war.
    »Nichts«, schnaufte er, als er wieder Luft bekam. »Sollte da jemand gewesen sein, dann ist er jetzt weg.« Er gab Jon die Waffe zum Halten, damit er sich die Zweige und Holzstückchen aus Haaren und Bart zupfen konnte.
    Weder Katherina noch Jon hatten Lust, wieder in das düstere Zimmer zurückzugehen. Tom ließ sich zurückfallen, als sie auf den Hofplatz schlenderten, auf dem die Autos standen.
Es war kalt, aber Katherina genoss die frische Luft nach der stickigen Atmosphäre drinnen im Haus.
    »Waren sie das?«, fragte Jon, als sie den Hofplatz erreichten und Tom sie zögernden Schrittes eingeholt hatte.
    »Wenn ja, dann sind sie mir näher

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