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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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Jasmin fast zusammenbrach. Um das Haus herum wuchsen auch noch Schnittlauch, Dill und Zitronenmelisse. All diese Düfte waren fast zu viel für mich.
    Wir standen auf der Veranda, umstrahlt von rosa Licht. Junikäfer flogen umher, und aus dem Inneren wehte Musik zu uns heraus. Es klang wie eine Geige, nur noch viel trauriger.
    Mein Herz machte einen Satz. Ich fragte Rosaleen, ob sie es schlagen hören konnte, so laut pochte es.
    »Ich hör gar nix, nur die Stimme des Herrn, der mich fragt, was um Himmels Willen ich hier mach.« Sie spie wieder aus, und ich hoffte inständig, dass jetzt damit Schluss wäre.
    Ich klopfte an die Tür, während sie heftig atmend Wortfetzen vor sich hin murmelte: »Gib mir Kraft... Kind Gottes... den Verstand verloren...«
    Die Musik brach ab. Aus den Augenwinkeln erfasste ich eine kleine Bewegung am Fenster, eine Jalousie wurde einen Spalt weit auseinander geschoben, dann wieder geschlossen.
    Als die Tür geöffnet wurde, stand dort nicht die Frau in Weiß. Die hier trug Rot und hatte ihr Haar so kurz geschnitten, dass es aussah, als hätte sie sich eine graue Badekappe mit kleinen Wellenriffeln ganz eng über den Kopf gezogen. Ihr Gesicht war starr, und sie blickte uns misstrauisch und ernst an. Mir fiel auf, dass sie ihren Instrumentenbogen unter den Arm geklemmt hatte, als wäre er eine Reitgerte. Gut möglich, schoss es mir durch den Kopf, dass sie uns damit eine überziehen würde.
    »Ja?«
    »Sind Sie Augusta Boatwright?«
    »Nein, ich bin June Boatwright«, sagte sie und musterte die Stiche auf Rosaleens Stirn. »Augusta Boatwright ist meine Schwester. Sind Sie ihretwegen hier?«
    Ich nickte, und im gleichen Moment erschien noch eine andere Frau. Sie war barfuß, trug ein grünweiß gemustertes, ärmelloses Kleid und hatte kurze Zöpfe, die ihr vom Kopf abstanden.
    »Ich bin May Boatwright«, sagte sie. »Augusta ist auch meine Schwester.« Sie lächelte uns an, und ich konnte an diesem merkwürdigen Grinsen sehen, dass sie nicht ganz dicht war.
    Ich wünschte, June mit der Peitsche würde auch lächeln, aber sie sah einfach nur verärgert aus.
    »Erwartet Augusta Sie?«, fragte sie in Richtung Rosaleen.
    Natürlich legte Rosaleen sofort los: »Nee, aber wissen’se, Lily hier hat da so’n Bild...«
    Ich unterbrach sofort. »Ich habe im Laden die Honiggläser gesehen, und der Mann meinte...«
    »Ach, Sie kommen, um Honig zu kaufen. Warum sagen Sie das denn nicht gleich? Kommen Sie nach vorne in den Salon. Ich hole Augusta.«
    Ich warf Rosaleen einen Blick zu, der sagte: Bist du verrückt? Erzähl ihnen bloß nichts von dem Bild! Wir mussten uns absprechen, das war klar.
    Manche Menschen haben den siebten Sinn, andere dagegen sind vollkommen tumb. Ich muss ihn wohl besitzen, denn in dem Moment, in dem ich das Haus betrat, fühlte ich, wie ein Zittern meine Haut entlang kroch, wie ein Beben und Pulsieren meine Wirbelsäule hinauf wanderte, die Arme hinunter, bis in die Fingerspitzen. Ich stand förmlich unter Strom. Der Körper weiß eben manches schon, bevor der Geist es erfasst. Welches Wissen hatte mein Körper mir voraus?
    Es roch nach Möbelpolitur. Jemand hatte den ganzen Salon damit gewachst. Ein großer Raum mit Fransenteppichen, einem alten Klavier, auf dem ein Läufer aus Spitze lag, und Schaukelstühlen aus Rohrgeflecht, über die Häkeldecken drapiert waren. Vor jedem der Stühle stand ein Hocker aus Samt. Samt. Ich ging hinüber und strich mit der Hand über den weichen Stoff.
    Dann ging ich zu einem Tisch mit herunter klappbaren Seitenteilen, und schnupperte an einer Kerze aus Bienenwachs, die genauso roch wie die Möbel. Sie stand in einem sternförmigen Kerzenhalter, neben einem halb fertigen Puzzle, allerdings kam ich nicht drauf, welches Bild es ergeben würde. Eine große Milchflasche voller Gladiolen stand auf einem anderen Tisch direkt unter dem Fenster. Die Vorhänge waren aus Organza, aber nicht in gewöhnlichem Weiß, sondern in einem Silbergrau, so dass das Licht, das von draußen kam, einen leicht rauchigen Schimmer hatte.
    Und die Wände - es war unglaublich. Sie waren über und über mit Spiegeln behangen. An einer Wand zählte ich allein fünf, und jeder von ihnen war in einem Messingrahmen.
    Dann drehte ich mich um und sah zur Tür. In der Ecke daneben stand eine geschnitzte Frauenfigur, die fast einen Meter groß war. Sie war eine von diesen Figuren, die ganz früher einmal vorne an Schiffen angebracht waren, und sie sah so alt aus, als stammte sie

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