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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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nächste Meile grübelte ich in tiefe Sorgen versunken vor mich hin. Einen Plan hatte ich nicht, ich hatte mir eigentlich überhaupt keine richtigen Gedanken gemacht. Ich hatte einfach bis dahin mehr oder weniger gehofft, wir würden irgendwo auf ein offenes Fenster stoßen, durch das wir dann in ein neues Leben klettern könnten. Rosaleen aber wartete nur darauf, dass man uns finden würde - für sie war es eine Art Sommerurlaub vom Gefängnis.
    Was ich brauchte, war ein Zeichen. Ich brauchte eine Stimme, die zu mir sprach, so wie gestern in meinem Zimmer: Lily Melissa Owens, auch du hast Flügel.
    Ich gehe neun Schritte, und dann seh ich nach oben. Was ich dann sehe, das ist mein Zeichen. Als ich hoch blickte, sah ich einen Schädlingsbekämpfer, dessen kleines Flugzeug im Sturzflug auf ein Feld voller Keime zuschoss und eine pilzförmige Wolke aus Pestiziden hinter sich herzog. Mir war nicht klar, welchen Teil dieser Szenerie ich wohl darstellte: die Pflanzen, die von Ungeziefer befreit wurden, oder aber die Käfer, die dieser tödliche Regen umbrachte. Vielleicht, aber nur vielleicht, war ich ja auch das Flugzeug, sauste über die Erde und brachte Rettung und Verderben, wo immer ich hinkam.
    Ich fühlte mich elend.
    Die Hitze war noch stärker geworden, sie tropfte als Schweiß von Rosaleens Gesicht.
    »Zu dumm, dass hier keine Kirche is’, wo wir’n paar Fächer stehlen können«, sagte sie.
     
    Der Laden am Stadtrand sah von weitem aus, als wäre er schon hundert Jahre alt, aber als wir näher kamen, sah ich, dass er sogar noch älter war. Über der Tür hing ein Schild, auf dem FROGMORE STEW KAUFMANNSLADEN UND RESTAURANT. SEIT 1854 stand.
    Hier war sicher schon General Sherman auf seinem Marsch durch Carolina vorbeigeritten und hatte sich wohl entschlossen, den Laden wegen seines komischen Namens zu verschonen, denn besonders schön war er nicht. Die Ladenfront sah aus wie ein riesiges Schwarzes Brett aus uralten Zeiten. Darauf war zu lesen: Studebaker Service, lebende Würmer, Buddys Angelturnier, Rayford Brothers Kühlhaus, Jagdgewehre 45 $. Dazwischen hing auch noch die Reklame mit dem Mädchen und dem Coca-Cola-Deckel als Hut. Ein anderes Schild kündigte ein Gospelsingen in der Baptistenkirche vom Berg Zion an, das im Jahr 1957 stattgefunden hatte - könnte ja sein, dass es noch jemanden interessiert.
    Am spannendsten aber fand ich die Nummernschilder aus all den verschiedenen Staaten, die zur Ansicht sorgsam an die Außenfassade angenagelt waren. Wenn ich Zeit gehabt hätte, hätte ich gerne jedes Einzelne von ihnen in Ruhe gelesen.
    Auf dem Hof neben dem Laden hob ein Farbiger gerade den Deckel von einem Grill, der aus einem alten Ölfass gemacht worden war, und der Geruch von gepfeffertem Schweinefleisch in Essigmarinade ließ mir dermaßen das Wasser im Mund zusammenlaufen, dass es auf meine Bluse tropfte.
    Ein paar Autos und Laster standen direkt vor dem Laden, vermutlich von Leuten, die sich den Gottesdienst schenkten und direkt von der Sonntagsschule herkamen.
    »Ich geh rein und guck mal, ob ich was zu essen kaufen kann«, sagte ich.
    »Und Kautabak. Ich brauch Kautabak!«, sagte Rosaleen.
    Sie ließ sich auf eine Bank neben dem Grillfass plumpsen. Ich öffnete die Fliegentür, und der Geruch von eingelegten Eiern und Sägemehl schlug mir entgegen. Ich trat unter Dutzende gezuckerter Schinken, die zum Trocknen unter der Decke hingen. Das Restaurant lag im hinteren Bereich, während der vordere Teil des Ladens dem Verkauf eines reichhaltigen Sortiments vorbehalten war, das von Zuckerrohrstangen bis hin zu Terpentin reichte.
    »Kann ich helfen, junge Dame?« Ein kleiner Mann, der eine Fliege trug, stand am anderen Ende der Theke, fast verdeckt von einer Barrikade aus Traubengelee und süß-scharfen Pickles. Seine Stimme war sehr hoch, und er hatte ein sanftes, empfindsames Aussehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so jemand Jagdgewehre verkaufte.
    »Ich glaub nicht, dass ich dich hier schon einmal gesehen habe«, sagte er.
    »Ich bin nicht von hier. Ich besuche meine Großmutter.«
    »Ich mag es, wenn Kinder Zeit mit ihren Großeltern verbringen«, sagte er. »Man kann von ihnen sehr viel lernen.«
    »Das stimmt, Sir«, sagte ich. »Ich habe von meiner Großmutter mehr gelernt als in der ganzen achten Klasse.«
    Er lachte, als ob dies der beste Witz wäre, den er seit Jahren gehört hatte. »Bist du zum Essen hier? Unser Tagesgericht ist heute Schweinefleisch vom Grill.«
    »Zweimal zum

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