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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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Balken getroffen und war auf der Stelle tot.«
    Wie betäubt taumelte Branwyn unter das Schuppendach und kniete bei der Leiche nieder. Nach einer Weile merkte sie, daß der Soldat neben ihr stand; wenig später ließ sie es zu, daß er sie behutsam wegführte.
    ***
    Das Kohlebecken neben der gepolsterten Sitzbank verbreitete wohltuende Wärme, und der Schein der Öllampen, die nach Einbruch der Dunkelheit von einem Diener entzündet worden waren, tauchte den Raum mit den hohen Bogenfenstern in weiches Licht.
    Soeben reichte Julian seiner Besucherin einen Becher Wein, wartete ab, bis Branwyn sich gestärkt hatte, und sagte: »Du tatest gut daran, dem Rat meines Leibwächters zu folgen und dich von ihm hierher ins Praefectorium bringen zu lassen. Schade nur, daß ich selbst erst jetzt zurückgekehrt bin und du mir nicht früher von dem Unglück, das den Presbyter und damit indirekt auch dich getroffen hat, berichten konntest. Nunmehr aber, da du es getan hast, sollst du von mir jede Unterstützung bekommen, die ich dir zu geben vermag.«
    »Ich danke dir«, antwortete die junge Frau leise. »Aber deine Hilfsbereitschaft ändert leider nichts an der Tatsache, daß ich die Auskünfte, die ich von dem Priester gebraucht hätte, jetzt nicht mehr bekommen werde.«
    »Was genaue Informationen über die verschiedenen christlichen Gemeinden in Rom angeht, hätte dir tatsächlich nur der Tote weiterhelfen können«, erwiderte der Tribun bedauernd. »Ich selbst weiß nur eines: Als ich die Tiberstadt vor ungefähr einem Jahr verließ, um hier in Gallien gegen die Franken zu kämpfen, gab es in Rom böses Blut wegen der Herrschsucht und Intoleranz des Papstes Liberius. Viele warfen ihm vor, er betreibe Machtpolitik, statt die christliche Lehre zu verkünden, und manche forderten deshalb sogar seine Absetzung. Diese Gegner des Liberius sind vermutlich die Leute, welche du suchst und zu denen auch der Presbyter Kontakt hatte, doch ich kann dir weder ihre Namen nennen noch dir sonst etwas über sie sagen.«
    »Es wird mir trotzdem gelingen, sie ausfindig zu machen!« beteuerte Branwyn.
    »Daran zweifle ich nicht, denn du bist ohne Zweifel eine willensstarke und tatkräftige Frau«, entgegnete Julian. »Und nachdem du so fest entschlossen bist, deine Reise fortzusetzen, werde ich dir meinen Beistand selbstverständlich nicht verweigern.«
    »Aber du willst mit deinem Heer nach Norden marschieren, während mein Weg nach Südosten führt«, kam es von Branwyn.
    »Irgendwie wird sich eine Lösung finden lassen«, versprach der Tribun. »Ein, zwei Tage haben wir ja noch Zeit bis zu meinem Abritt, bis dahin kannst du gerne als mein Gast hier im Praefectorium bleiben.«
    Dankbar nahm die junge Frau das großherzige Angebot des hohen Offiziers an, dann wandte ihre Unterhaltung sich allmählich anderen Dingen zu. Auf Julians Bitte erzählte Branwyn von Britannien, zwischendurch erfuhr sie auch einiges aus seinem Leben. Er war in Konstantinopel geboren und erzogen worden und hatte in dieser Stadt, die vor einem Vierteljahrhundert von Kaiser Konstantin zur Residenz des Römischen Imperiums erhoben worden war, neben der Militärakademie zusätzlich eine Philosophenschule besucht. Später am Abend, als der Wein ihm die Zunge gelockert hatte, gestand Julian, daß er sich seither gelegentlich in der Dichtkunst versuche, und trug eines seiner Werke vor. Obwohl sich das Epigramm in Rhythmus und Reimform grundlegend von den keltischen Bardengesängen unterschied, fand die junge Frau es gelungen; sie lobte das Talent des Tribuns, und seine Augen leuchteten vor Freude auf.
    Erst tief in der Nacht trennten sie sich; ein Diener begleitete Branwyn zum Gästetrakt des Praefectoriums, wo in einem luxuriös ausgestatteten Raum ein bequemes Bett auf sie wartete. Am nächsten Morgen machte die junge Frau sich im Lazarett bei der Versorgung der Verwundeten nützlich, teilte anschließend das Mittagsmahl mit Julian und einigen anderen Offizieren, bekam ansonsten jedoch wenig von ihm zu sehen.
    Am darauffolgenden Vormittag dann, während seine Hundertschaften sich bereits zum Abmarsch formierten, ließ er Branwyn zu sich rufen und eröffnete ihr: »Du brauchst dir wegen deiner Weiterreise keine Sorgen mehr zu machen, sofern du bereit bist, noch bis Ende der Woche hier in Samarobriva zu warten …«
    Danach erklärte er ihr die Einzelheiten; wenig später, als er an der Spitze seines Heeres davonritt und die junge Frau ihm vom Wehrgang der Stadtmauer aus

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