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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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Tribun seine Hundertschaften mit den Legionären aus Samarobriva, wodurch wir, wenn auch erst nach weiterem harten Kampf, den Sieg errangen.«
    Nachdem er seine Erzählung beendet hatte, ritt der Soldat wieder an, und wenig später erreichten sie den Zugang zur Stadt. Die Huftritte des Rosses hallten in dem hohen, aus Backsteinen gemauerten Torschlund wider; dahinter öffnete sich ein gepflasterter Platz, von dem aus eine breite Straße direkt zum Zentrum Samarobrivas zu führen schien. Kaum ein Mensch war zu sehen, doch von den Vierteln im Norden, über denen die Rauchwolken hingen, drang dumpfer Lärm herüber.
    Unschlüssig zügelte der Legionär sein Pferd, wandte sich zu Branwyn um und sagte: »Das Haus des Priesters, den du suchst, steht ganz in der Nähe des Praefectoriums. Ich glaube allerdings nicht, daß er sich gegenwärtig dort aufhält. Vielmehr wird er denen beigesprungen sein, die seine Hilfe benötigen, wir begeben uns also wohl am besten dorthin, wo die Brände wüten.«
    Als die junge Frau nickte, trieb er das Tier wieder an und lenkte es in eine Seitengasse, die nach etwa hundert Schritten von der Hauptstraße abzweigte. Bald wurde der Lärm lauter und der brenzlige Geruch, der schon vorher zu spüren gewesen war, intensiver. Am Ende der langen, leicht gekrümmten Gasse schließlich, wo es abermals einen kleinen Platz gab, herrschte wilder Tumult und schlug den Reitern eine Hitzewelle entgegen, die ihnen den Schweiß aus allen Poren trieb.
    Ein großes hölzernes Warenmagazin an der gegenüberliegenden Seite des Häusergevierts war beinahe schon völlig niedergebrannt; soeben krachten in einem Funkenregen die letzten rotglühenden Balken herunter. Auch die beiden kleineren Gebäude daneben standen lichterloh in Flammen und waren offensichtlich nicht mehr zu retten. Weiter links und rechts hingegen kämpften die Stadtbewohner entschlossen gegen die Feuersbrunst. Die Menschen hatten von einer Zisterne in der Mitte des Platzes Eimerketten zu verschiedenen Wohnhäusern gebildet, die ebenfalls bedroht waren. Die vordersten Männer in jeder Reihe waren auf Leitern oder Karren geklettert und versuchten, die Glutherde durch Wassergüsse zu ersticken.
    Weil das Pferd jetzt fast ununterbrochen scheute, saßen Branwyn und der Legionär ab, führten das Tier in die Gasse zurück, und banden es an einen Toreingang. Danach beteiligten sie sich auf das Drängen Branwyns hin zunächst so lange an den Löscharbeiten, bis sie gewiß sein durften, daß ihre Hilfe nicht länger nötig war, weil die Flammen nun allmählich in sich zusammenfielen. Erst dann erkundigten sie sich nach dem Priester, den der Soldat trotz eifrigem Herumspähens bisher nirgendwo hatte ausmachen können. Nach mehreren vergeblichen Versuchen sagte ihnen eine Frau, sie habe den Vorsteher der christlichen Gemeinde zwar irgendwann noch gesehen, dann sei er jedoch in Richtung des im Verlauf der Belagerung von den Franken besetzten Turmes an der Nordmauer verschwunden.
    »Möglicherweise holte man ihn zu diesem Bollwerk, weil Sterbende zu versehen waren«, murmelte der Legionär; gleich darauf liefen er und Branwyn los. Der Weg war nicht weit, nach höchstens hundert Schritten ragte der Mauerturm vor ihnen auf. Seine Flanken waren rußgeschwärzt; die Lohe, welcher die Häuser in seiner Nähe zum Opfer gefallen waren, mußte mit schrecklicher Gewalt gegen ihn zurückgeschlagen haben. Als sie die Verwüstung und zwischen den Trümmern mehrere verkohlte Leichen sah, fühlte die junge Frau noch schlimmere Beklemmung als bisher; das Mitleid mit den Toten trieb ihr Tränen in die Augen. Nur undeutlich nahm sie wahr, wie der Soldat sich ein Stück von ihr entfernte und einen Mann ansprach, der auf einem Trümmerhaufen hockte.
    Gleich darauf war der Legionär wieder bei ihr und brachte sie zu einem offenen Schuppen direkt an der Stadtmauer; wie durch ein Wunder war das einfache Gebäude unversehrt geblieben. Jetzt deutete der Soldat hinein – und Branwyn erblickte mehrere leblose Körper, über deren Köpfe blutbefleckte Tücher gebreitet waren; einer der Leiber aber war völlig verhüllt, und jemand hatte mit Kohle ein Fischsymbol auf das Leintuch gezeichnet.
    Mehrmals hintereinander setzte die junge Frau vergeblich zum Sprechen an, endlich brachte sie heraus: »Der Priester?!«
    »Ja«, erwiderte der Legionär mit rauher Stimme. »Bei dem Versuch, eine Familie zu retten, die in einem brennenden Haus eingeschlossen war, wurde er von herabstürzenden

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