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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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sein Besitz war.
    Die dreißig Männer aber, zu denen noch Jan hinzuzuzählen ist, mit den erhobenen Armen und den verschränkten Händen im Nacken, die brachte man, nachdem die Wochenschau ihre Aufnahmen gemacht hatte, zuerst in die ausgeräumte Viktoriaschule, dann nahm sie das Gefängnis Schießstange auf und schließlich, Anfang Oktober, der lockere Sand hinter der Mauer des verfallenen, ausgedienten Friedhofes Saspe.
    Woher Oskar das weiß? Ich weiß es von Schugger Leo. Denn offiziell wurde natürlich nicht bekanntgegeben, auf welchem Sand, vor welcher Mauer man die einunddreißig Männer erschossen, in welchem Sand man die einunddreißig verbuddelt hatte.
    Hedwig Bronski erhielt zuerst eine Räumungsanweisung für die Wohnung in der Ringstraße, die mit den Familienangehörigen eines höheren Luftwaffenoffiziers belegt wurde. Während sie mit Stephans Hilfe packte und den Umzug nach Ramkau vorbereitete - es gehörten ihr dort einige Hektar Land und Wald, dazu die Wohnung des Pächters —, kam der Witwe eine Nachricht zu, die ihre das Leid dieser Welt zwar spiegelnden, aber nicht begreifenden Augen nur langsam und mit Hilfe ihres Sohnes Stephan jenem Sinn nach entziffern konnten, der sie schwarz auf weiß zur Witwe machte.
    Da hieß es:
    Geschäftsstelle des Gerichtes der Gruppe Eberhardt St. L. 41/39 — Zoppot, den 6. Okt. 1939
    Frau Hedwig Bronski, auf Anordnung wird Ihnen mitgeteilt, daß der Bronski, Jan, durch kriegsgerichtliches Urteil wegen Freischärlerei zum Tode verurteilt und hingerichtet ist.
    Zelewski (Feldjustizinspektor)
    Sie sehen also, von Saspe kein einziges Wörtchen. Man nahm Rücksicht auf die Angehörigen, wollte ihnen die Kosten für. die Pflege eines allzu geräumigen und blumenfressenden Massengrabes ersparen, kam für die Pflege und eventuelle Umbettung selber auf, indem man den Saspeschen Sandboden planierte und die Patronenhülsen bis auf eine einzige — denn eine bleibt immer liegen — einsammelte, weil herumliegende Patronenhülsen den Anblick eines jeden anständigen Friedhofes, selbst wenn er nicht mehr benutzt wird, verunstalten.
    Diese eine Patronenhülse aber, die immer liegen bleibt, auf die es ankommt, fand Schugger Leo, dem kein noch so geheim gehaltenes Begräbnis verborgen blieb. Er, der mich von der Beerdigung meiner armen Mama, von der Beerdigung meines narbenreichen Freundes Herbert Truczinski her kannte, der sicher auch wußte, wo sie Sigismund Markus verscharrt hatten — doch ich fragte ihn nie danach — war selig und lief vor Freude fast über, als er mir im späten November — man hatte mich gerade aus den Krankenanstalten entlassen — die verräterische Patronenhülse reichen konnte.
    Doch bevor ich Sie mit jenem schon leicht oxydierten Gehäuse, welches vielleicht gerade jenen für Jan bestimmten Bleikern beherbergt hatte, Schugger Leo folgend zum Friedhof Saspe führe, muß ich Sie bitten, das Metallbett der Städtischen Krankenanstalten Danzig, Kinderabteilung, mit dem Metallbett der hiesigen Heil-und Pflegeanstalt zu vergleichen. Beide Betten weißlackiert und dennoch unterschiedlich. Das Bett der Kinderabteilung zwar kleiner, wenn wir die Länge werten, höher jedoch, legen wir messend den Gitterstäben einen Zollstock an. Obgleich ich dem kurzen und hohen Gitterkasten des Jahres neununddreißig den Vorzug gebe, habe ich in meinem heutigen, für Erwachsene bestimmten Kompromißbett meine anspruchslos gewordene Ruhe gefunden und überlasse es der Anstaltsleitung, mein seit Monaten laufendes Gesuch um ein höheres, doch gleichfalls metallenes und lackiertes Bettgitter abzulehnen oder zu genehmigen.
    Während ich heute meinen Besuchern fast schutzlos ausgeliefert bin, trennte mich an den Besuchstagen der Kinderabteilung ein hochragender Zaun von dem Besucher Matzerath, von den Besucherehepaaren Greff und Scheffler, und gegen Ende meines Krankenhausaufenthaltes teilte mein Gitter jenen in vier Röcken übereinander wandelnden Berg, der nach meiner Großmutter Anna Koljaiczek benannt war, in bekümmerte, schwer atmende Abschnitte ein. Sie kam, seufzte, hob dann und wann ihre großen vielfältigen Hände, zeigte die rosa rissigen Handflächen und ließ mutlos Hände und Handflächen sinken, auf ihre Oberschenkel klatschen, daß mir dieser Klatschton bis heute zwar gegenwärtig, doch auf meiner Trommel nur ungefähr zu imitieren ist.
    Gleich beim ersten Besuch brachte sie ihren Bruder Vinzent Bronski mit, der, ans Bettgitter geklammert, zwar leise aber

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