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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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knipste dann den Kasten auf dem Büfett aus, sobald wieder unvergängliche Walzerklänge laut wurden. Die Handtuchwurst ließ sie auf dem Tisch liegen, setzte sich und legte ihre Patschhände auf die Oberschenkel.
    Da wurde es sehr still in unserem Wohnzimmer, nur die Standuhr sprach immer lauter, und Maria schien zu überlegen, ob es nichtbesser wäre, den Radioapparat wieder anzuschalten. Dann faßte sie aber einen anderen Entschluß. Sie schmiegte den Kopf gegen die Handtuchwurst auf der Tischplatte, ließ die Arme an den Knien vorbei gegen den Teppich hängen und weinte lautlos und regelmäßig.
    Oskar fragte sich, ob Maria sich schämte, weil ich sie in solch peinlicher Situation überrascht hatte.
    Ich beschloß, sie aufzuheitern, schlich mich aus dem Wohnzimmer und fand im dunklen Laden neben den Puddingpäckchen und dem Gelatinepapier ein Tütchen, das sich im halbdunklen Korridor als ein Tütchen Brausepulver mit Waldmeistergeschmack auswies. Oskar war froh über seinen Griff, denn zeitweilig glaubte ich erkannt zu haben, daß Maria Waldmeister allen anderen Geschmacksrichtungen vorzog. ;
    Als ich das Wohnzimmer betrat, lag Marias rechte Wange immer noch auf dem zur Wurst gedrehten Frottierhandtuch. Auch hingen ihre Arme nach wie vor hilflos pendelnd zwischen den Oberschenkeln.
    Oskar näherte sich von links und war enttäuscht, als er ihre Augen geschlossen und tränenlos fand.
    Geduldig wartete ich, bis sie die Lider mit etwas verklebten Wimpern hob, hielt ihr das Tütchen hin, doch sie bemerkte den Waldmeister nicht, schien durch das Tütchen und Oskar hindurchzusehen.
    Sie wird tränenblind sein, entschuldigte ich Maria und entschloß mich nach kurzer innerer Beratung, direkter vorzugehen. Unter den Tisch kletterte Oskar, kauerte sich zu Marias leicht nach innen verdrehten Füßen, griff ihre linke, mit den Fingerspitzen fast den Teppich berührende Hand, drehte die, bis ich den Handteller einsehen konnte, riß mit den Zähnen das Tütchen auf, streute den halben Inhalt des Papiers in die mir willenlos überlassene Schüssel, gab meinen Speichel dazu, beobachtete noch das erste Aufbrausen und erhielt dann von Maria einen recht schmerzhaften Fußtritt gegen die Brust, der Oskar auf den Teppich bis unter die Mitte des Wohnzimmertisches warf.
    Trotz des Schmerzes war ich sofort wieder auf den Beinen und unter dem Tisch hervor. Maria stand gleichfalls. Wir standen uns atmend gegenüber. Maria griff das Frottierhandtuch, wischte sich die linke Hand blank, schleuderte mir den Wisch vor die Füße und nannte mich eine verfluchte Drecksau, einen Giftzwerg, einen übergeschnappten Gnom, den man in die Klappsmühle stecken müsse. Dann packte sie mich, klatschte meinen Hinterkopf, beschimpfte meine arme Mama, die einen Balg wie mich in die Welt gesetzt habe, und stopfte mir, als ich schreien wollte, es auf alles Glas im Wohnzimmer und in der ganzen Welt abgesehen hatte, den Mund mit jenem Frottierhandtuch, das, wenn man hineinbiß, zäher als Rindfleisch war.
    Erst als es Oskar gelang, rot bis blau anzulaufen, gab sie mich frei. Ich hätte jetzt mühelos alle Gläser, Fensterscheiben und abermals den Glasdeckel vor dem Zifferblatt der Standuhr zerschreien können. Ich schrie aber nicht, sondern erlaubte einem Haß, von mir Besitz zu ergreifen, der so seßhaft ist, daß ich ihn heute noch, sobald Maria mein Zimmer betritt, wie jenes Frottiertuch zwischen den Zähnen spüre.
    Launisch wie Maria sein konnte, ließ sie von mir ab, lachte gutmütig, stellte mit einem einzigen Griff das Radio wieder an, kam, den Walzer mitpfeifend, auf mich zu, um mir, wie ich es eigentlich gerne hatte, versöhnlich das Haar zu streicheln.
    Ganz nah ließ Oskar sie herankommen und schlug ihr dann mit beiden Fäusten von unten nach oben genau da hin, wo sie den Matzerath eingelassen hatte. Und als sie mir die Fäuste vor dem zweiten Schlag abfing, biß ich mich fest an derselben verdammten Stelle, und fiel, immer noch in Maria verbissen, mit ihr auf die Chaiselongue, hörte zwar, wie die im Radio eine weitere Sondermeldung ankündigten, doch das wollte Oskar nicht hören; und so verschweigt er Ihnen, wer was und wieviel versenkte, denn ein heftiger Weinkrampf lockerte mir die Zähne, und ich lag bewegungslos auf Maria, die vor Schmerz weinte, während Oskar aus Haß weinte und aus Liebe, die sich in bleierne Ohnmacht verwandelte und dennoch nicht aufhören konnte.
    DIE OHNMACHT ZU FRAU GREFF TRAGEN
    Ihn, Greff, mochte ich nicht. Er,

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