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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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sind wir, lieber Freund wenn nicht unsere Werke...
    doch schauen Sie: Felix und Kitty, meine Akrobaten. Sie turnen auf dem Beton.
    Kitty (ein Papier wird schon längere Zeit zwischen Roswitha und Oskar, zwischen Felix und Kitty hin und her gereicht und beschrieben. Kitty leicht sächselnd): Sehen Se nur Herr Bebra, was man nich alles machen kann, auffem Beton. (Sie läuft auf den Händen)
    Felix: Und Salto mortale hat es noch nie auf Beton gegeben. (Er macht einen Überschlag)
    Kitty: Solch eine Bühne müßten wir in Wirklichkeit haben.
    Felix: Nur bißchen windig isses hier oben.
    Kitty: Dafür isses nich so heiß und stinkt auch nich so wie in die ollen Kinos. (Sie verknotet sich) Felix: Und ein Gedicht is uns hier oben sogar eingefallen.
    Kitty: Was heißt hier uns! Oskarnello isses eingefallen und der Signora Roswitha.
    Felix: Doch wennes sich nich reimen wollte, haben wir geholfen.
    Kitty: Nur ein Wort fehlt noch, dann isses fertig.
    Felix: Wie die Stengel am Strand da heißen, will Oskarnello wissen.
    Kitty: Weil die ins Gedicht rein müssen.
    Felix: Sonst fehlt was Wichtiges.
    Kitty: Ach sagen Se doch, Herr Soldat. Wie heißen die Stengel denn?
    Felix: Vielleicht darf er nich, wegen Feind hört mit.
    Kitty: Wir erzählen es bestimmt nicht weiter.
    Felix: Is ja nur, weil sonst die Kunst nich aufgeht.
    Kitty: Hat sich doch so Mühe gegeben, der Oskarnello.
    Felix: Und so schön schreiben kanner, mit Sütterlinbuchstaben.
    Kitty: Wo er das bloß gelernt hat, möcht ich wissen.
    Felix: Nur wie die Stengel heißen, weißer nich.
    Lankes: Wenn Herr Hauptmann gestatten?
    Bebra: Wenn es sich nicht um ein kriegsentscheidendes Geheimnis handelt?
    Felix: Wenn Oskarnello es doch wissen will.
    Kitty: Wenn sonst das Gedicht nich funktioniert.
    Roswitha: Wenn wir doch alle so neugierig sind.
    Bebra: Wenn ich Ihnen nun den dienstlichen Befehl gebe.
    Lankes: — Na, das haben wir gegen eventuelle Panzer und Landungsboote gebaut. Und das nennen wir, weil es so aussieht, Rommelspargel.
    Felix: Rommel...
    Kitty:..spargel? Paßt das denn, Oskarnello?
    Oskar: Es paßt! (Er schreibt das Wort auf das Papier, reicht das Gedicht zu Kitty auf den Bunker. Sie verknotet sich noch mehr und sagt die folgenden Verse wie ein Schulgedicht auf.)
    Kitty: AM ATLANTIKWALL
    Noch waffenstarrend, mit getarnten Zähnen, Beton einstampfend, Rommelspargel, schon unterwegs ins Land Pantoffel, wo jeden Sonntag Salzkartoffel und freitags Fisch, auch Spiegeleier: wir nähern uns dem Biedermeier!
    Noch schlafen wir in Drahtverhauen, verbuddeln in Latrinen Minen und träumen drauf von Gartenlauben, von Kegelbrüdern, Turteltauben, vom Kühlschrank, formschön Wasserspeier:
    wir nähern uns dem Biedermeier!
    Muß mancher auch ins Gras noch beißen, muß manch ein Mutterherz noch reißen, trägt auch der Tod noch Fallschirmseide, knüpft er doch Rüschlein seinem Kleide, zupft Federn sich vom Pfau und Reiher: wir nähern uns dem Biedermeier!
    (Alle klatschen Beifall, auch Lankes)
    Lankes: Jetzt haben wir Ebbe.
    Roswitha: Dann wird es Zeit, daß wir frühstücken! (Sie schwenkt den großen Proviantkorb, der mit Schleifen und Stoffblumen geschmückt ist)
    Kitty: Au ja, picknicken wir im Freien!
    Felix: Es ist die Natur, die unseren Appetit anregt!
    Roswitha: Oh, heilige Handlung des Essens, die du die Völker verbindest, solange gefrühstückt wird!
    Bebra: Tafeln wir auf dem Beton. Da haben wir eine gute Grundlage! (Alle außer Lankes klettern auf den Bunker. Roswitha breitet ein heiteres, geblümtes Tischtuch aus. Kleine Kissen mit Quasten und Fransen holt sie aus dem unerschöpflichen Korb. Ein Sonnenschirmchen, rosa mit hellgrün, wird aufgespannt, ein winziges Grammophon mit Lautsprecher aufgestellt. Tellerchen, Löffelchen, Messerchen, Eierbecher, Servietten werden verteilt.)
    Felix: Ich hätte gerne etwas von der Leberpastete!
    Kitty: Habt ihr noch etwas von dem Kaviar, den wir aus Stalingrad gerettet haben?
    Oskar: Du solltest die dänische Butter nicht so dick auf streichen, Roswitha!
    Bebra: Das ist recht, mein Sohn, daß du dich um ihre Linie sorgst.
    Roswitha: Wenn es mir doch schmeckt und auch gut bekommt. Och! Wenn ich an die Torte mit Schlagsahne denke, die man uns in Kopenhagen bei der Luftwaffe servierte!
    Bebra: Die holländische Schokolade in der Thermosflasche ist gut heiß geblieben.
    Kitty: Ich bin einfach ganz verliebt in die amerikanischen Büchsenkekse.
    Roswitha: Aber nur, wenn man etwas von der südafrikanischen Ingwermarmelade drauf

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