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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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schaffen macht. Deswegen bauen wir einen Bunker neben dem anderen. Liegen uns schon gegenseitig im Schußfeld. Müssen bald ein paar Bunker sprengen, damit es wieder Platz gibt für neuen Beton.
    Bebra (am Beton klopfend, seine Fronttheaterleute machen es ihm nach): Und der Herr Oberleutnant glaubt an Beton?
    Herzog: Das wäre wohl nicht das geeignete Wort. Wir glauben hier so ziemlich an nix mehr. Was Lankes?
    Lankes: Jawoll, Herr Leutnant, an nix mehr!
    Bebra: Aber sie mischen und stampfen.
    Herzog: Ganz im Vertrauen. Man sammelt Erfahrungen dabei. Habe doch früher keine Ahnung vom Bau gehabt, bißchen studiert, dann ging es los. Hoffe, meine Erkenntnisse in der Zementverarbeitung nach dem Krieg anwenden zu können. Muß ja wieder alles aufgebaut werden, in der Heimat. — Schaun' sich mal an, den Beton, ganz von nahe. (Bebra und seine Leute mit den Nasen dicht am Beton.) Was sehen Sie? Muscheln! Haben ja alles vor der Tür liegen. Brauchen nur nehmen und mischen. Steine, Muscheln, Sand, Zement... Was soll ich Ihnen sagen, Herr Hauptmann, Sie als Künstler und Schauspieler werden dafür Verständnis aufbringen. Lankes! Erzähl'n Se doch mal dem Herrn Hauptmann, was wir in die Bunker einstampfen.
    Lankes: Jawoll, Herr Oberleutnant! Herrn Hauptmann erzählen, was wir in Bunker einstampfen. Wir betonieren junge Hunde ein. In jedem Bunkerfundament liegt ein junger Hund begraben.
    Bebras Leute: Ein Hündchen!
    Lankes: Gibt bald im ganzen Abschnitt, von Caen bis Havre keine jungen Hunde mehr.
    Bebras Leute: Keine Hündchen mehr!
    Lankes: So fleißig sind wir.
    Bebras Leute: So fleißig!Lankes: Werden bald junge Katzen nehmen müssen.
    Bebras Leute: Miau!
    Lankes: Aber Katzen sind nicht so vollwertig wie junge Hunde. Deshalb hoffen wir, daß es hier bald losgeht.
    Bebras Leute: Die Gala-Vorstellung! (Sie klatschen Beifall)
    Lankes: Geprobt haben wir ja genug. Und wenn uns die jungen Hunde ausgehen ...
    Bebras Leute: Oh!
    Lankes:... können wir auch keine Bunker mehr bauen. Denn Katzen, das bedeutet nix Gutes.
    Bebras Leute: Miau, miau!
    Lankes: Aber wenn Herr Hauptmann noch ganz kurz wissen wollen, warum wir die jungen Hunde ...
    Bebras Leute: Die Hündchen!
    Lankes: Da kann ich nur sagen: ich glaub da nicht dran!
    Bebras Leute: Pfui!
    Lankes: Aber die Kameraden hier, die kommen meistens vom Land. Und da macht man das heute noch so, daß wenn man ein Haus oder ne Scheune oder ne Dorfkirche baut, denn muß da was Lebendiges rein, und . . .
    Herzog: Schon gut Lankes. Stehen Sie bequem. — Wie Herr Hauptmann also vernommen haben, frönt man hier am Atlantikwall sozusagen dem Aberglauben. Is genau so wie bei Ihnen auf dem Theater, wo man vor der Premiere nicht pfeifen darf, wo sich die Schauspieler, bevor es losgeht, über die Schulter spucken . . .
    Bebras Leute: Toitoitoi! (Spucken sich gegenseitig über die Schultern)
    Herzog: Doch Scherz beiseite. Man muß den Leuten den Spaß lassen. Auch daß sie in der letzten Zeit dazu übergegangen sind, an den Bunkerausgängen kleine Muschelmosaike und Betonornamente anzubringen, wird auf allerhöchsten Befehl geduldet. Die Leute wollen beschäftigt werden. Und so sage ich zu unserem Chef, den die Betonkringel stören, immer wieder: Besser Kringel am Beton, Herr Major, als Kringel im Gehirn. Wir Deutsche sind Bastler. Machen Sie was dagegen!
    Bebra: Nun tragen ja auch wir dazu bei, das wartende Heer am Atlantikwall zu zerstreuen ...
    Bebras Leute: Bebras Fronttheater, singt für euch, spielt für euch, hilft euch, den Endsieg erringen!
    Herzog: Vollkommen richtig, wie Sie und Ihre Leute das sehen. Doch das Theater alleine tut's nicht.
    Zumeist sind wir auf uns selbst angewiesen, so hilft man sich, wie man kann. Was Lankes?
    Lankes: Jawoll, Herr Oberleutnant! Hilft sich, wie man kann!
    Herzog: Da hören Sie es. — Und wenn der Herr Hauptmann mich nun entschuldigen wollen. Ich muß noch nach Dora vier und Dora fünf rüber. Schaun' sich mal in aller Ruhe den Beton an, hat es in sich.
    Lankes wird Ihnen alles zeigen ...
    Lankes: Alles zeigen, Herr Oberleutnant!
    (Herzog und Bebra grüßen militärisch. Herzog geht nach rechts ab. Die Raguna, Oskar, Felix und Kitty, die sich bisher hinter Bebra hielten, springen hervor. Oskar hält seine Blechtrommel, die Raguna trägt einen Proviantkorb, Felix und Kitty klettern aufs Betondach des Bunkers, beginnen dort mit akrobatischen Übungen. Oskar und Roswitha spielen mit Eimerchen und Schäufelchen neben dem Bunker im Sand, zeigen sich

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