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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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tut.
    Oskar: Nicht so maßlos, Roswitha, ich bitte dich!
    Roswitha: Du nimmst ja auch gleich fingerdicke Scheiben von dem scheußlichen englischen Corned Beef!
    Bebra: Na, Herr Soldat? Auch ein hauchdünnes Scheibchen Rosinenbrot mit Mirabellenkonfitüre?
    Lankes: Wenn ich nicht im Dienst wäre, Herr Hauptmann ...
    Roswitha: So erteile ihm doch den dienstlichen Befehl!
    Kitty: Ja doch, dienstlichen Befehl!
    Bebra: So gebe ich Ihnen also, Obergefreiter Lankes, den dienstlichen Befehl, ein Rosinenbrot mit französischer Mirabellenkonfitüre, ein weichgekochtes dänisches Ei, sowjetischen Kaviar und ein Schälchen echt holländische Schokolade zu sich zu nehmen!
    Lankes: Jawoll, Herr Hauptmann! Zu mir nehmen. (Er nimmt gleichfalls auf dem Bunker Platz.) Bebra: Haben wir denn kein Kissen mehr für den Herrn Soldaten?
    Oskar: Er kann meines nehmen. Ich setze mich auf die Trommel.
    Roswitha: Aber daß du dich nicht erkältest, Schatz! Der Beton hat seine Tücken, und du bist es nicht gewohnt.
    Kitty: Mein Kissen kann er auch haben. Ich verknot mich ein bißchen, dann rutschen die Honigbrötchen auch besser.
    Felix: Bleib aber überm Tischtuch, daß du den Beton nicht mit dem Honig bekleckerst. Das ist Wehrkraftzersetzung! (Alle kichern)
    Bebra: Ach, wie die Seeluft uns guttut.
    Roswitha: Das tut sie. Bebra: Die Brust weitet sich.
    Roswitha: Das tut sie.
    Bebra: Das Herz häutet sich.
    Roswitha: Das tut das Herz.
    Bebra: Die Seele entpuppt sich.
    Roswitha: Wie schön man wird, wenn das Meer zuschaut!
    Bebra: Der Blick wird frei, flügge ...
    Roswitha: Er flügelt. ., Bebra: Flattert davon, übers Meer, unendliche Meer... Sagen Sie mal, Obergefreiter Lankes, ich seh da fünfmal was Schwarzes am Strand.
    Kitty: Ich auch. Mit fünf Regenschirme!
    Felix: Sechs.Kitty: Fünf! eins, zwei, drei, vier, fünf!
    Lankes: Das sind die Nonnen von Lisieux. Die haben sie mit ihrem Kindergarten von dort nach hierher evakuiert.
    Kitty: Aber Kinderchen sieht Kitty keine! Nur fünf Regenschirme.
    Lankes: Die Gören lassen sie immer im Dorf, in Bavent, und kommen bei Ebbe manchmal und sammeln Muscheln und Krabben, die im Rommelspargel hängengeblieben sind.
    Kitty: Die Ärmsten!
    Roswitha: Ob wir ihnen etwas Corned Beef und paar Büchsenkekse anbieten.
    Oskar: Oskar schlägt Rosinenbrötchen mit Mirabellenkonfitüre vor, weil heute Freitag ist und Corned Beef für Nonnen verboten.
    Kitty: Jetzt laufen sie! Segeln richtig mit ihre Regenschirme!
    Lankes: Das machen sie immer, wenn sie genug gesammelt haben. Dann fangen sie an zu spielen. Vor allem die Novize, die Agneta, ein ganz junges Ding, das noch nicht weiß, wo vorne und hinten ist — doch wenn Herr Hauptmann noch ne Zigarette fürn Obergefreiten haben? Danke bestens! — Und die da hinten, die Dicke, die nicht nachkommt, das ist die Schwester Oberin, die Scholastika. Die will nicht, daß am Strand gespielt wird, weil das womöglich gegen die Ordensregeln verstößt.
    (Nonnen mit Regenschirmen laufen im Hintergrund. Roswitha stellt das Grammophon ein: es erklingt die Petersburger Schlittenfahrt. Die Nonnen tanzen dazu und jauchzen)
    Agneta: Huhu! Schwester Scholastika!
    Scholastika: Agneta, Schwester Agneta!
    Agneta: Jaha, Schwester Scholastika!
    Scholastika: Kehren Sie um, mein Kind! Schwester Agneta!
    Agneta: Ich kann ja nicht! Das läuft von alleine!
    Scholastika: Dann beten Sie, Schwester, für eine Umkehr!
    Agneta: Für eine schmerzensreiche?
    Scholastika: Für eine gnadenreiche!
    Agneta: Für eine freudenreiche?
    Scholastika: Beten Sie, Schwester Agneta!
    Agneta: Ich bete ja, immerzuhu. Aber es läuft immer weiter!
    Scholastika (leiser): Agneta, Schwester Agneta!
    Agneta: Huhu! Schwester Scholastika!
    (Die Nonnen verschwinden. Nur dann und wann tauchen im Hintergrund ihre Regenschirme auf. Die Schallplatte läuft ab. Neben dem Bunkereingang klingelt das Feldtelefon. ankes springt vom Bunkerdach, nimmt den Hörer ab, die anderen essen)
    Roswitha: Daß es selbst hier, inmitten unendlicher Natur, ein Telefon geben muß!
    Lankes: Hier Dora sieben. Obergefreiter Lankes.
    Herzog (Mit Telefonhörer und Kabel kommt er langsam von rechts, bleibt oft stehen und spricht in sein Telefon hinein): Schlafen Sie, Obergefreiter Lankes! Da ist doch Bewegung vor Dora sieben. Ganz deutlich auszumachen!
    Lankes: Das sind die Nonnen, Herr Oberleutnant.
    Herzog: Was heißt hier Nonnen. Und wenn es nun keine Nonnen sind?
    Lankes: Sind aber welche. Ganz deutlich auszumachen.
    Herzog: Wohl noch nie was von

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