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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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Tarnung gehört, was? Fünfte Kolonne, was? Machen die Engländer schon seit Jahrhunderten. Kommen mit der Bibel und dann knallt es auf einmal!
    Lankes: Die sammeln Krabben, Herr Oberleutnant...
    Herzog: Sofort wird der Strand geräumt, verstanden!
    Lankes: Jawoll, Herr Oberleutnant. Aber die sammeln doch bloß Krabben.
    Herzog: Sie sollen sich hinter Ihr MG klemmen, Obergefreiter Lankes!
    Lankes: Aber wenn die doch nur Krabben suchen, weil Ebbe is und weil die für ihren Kindergarten ...
    Herzog: Ich gebe Ihnen den dienstlichen Befehl...
    Lankes: Jawoll, Herr Oberleutnant! (Lankes verschwindet im Bunker. Herzog geht mit dem Telefon nach rechts ab.)
    Oskar: Roswitha, halte dir bitte beide Ohren zu, jetzt wird geschossen, wie in der Wochenschau.
    Kitty: Oh, schrecklich! Ich verknot mich noch mehr.
    Bebra: Fast glaube auch ich, daß wir etwas zu hören bekommen.
    Felix: Wir sollten das Grammophon wieder anstellen. Das mildert manches! (Er stellt das Grammophon an: »The Platters« singen »The Great Pretender«. Der langsamen, tragisch schleppenden Musik angepaßt, knattert das Maschinengewehr. Roswitha hält sich • die Ohren zu. Felix macht einen Kopfstand. Im Hintergrund fliegen fünf Nonnen mit Regenschirmen gen Himmel. Die Schallplatte stockt, wiederholt sich, dann Ruhe. Felix beendet den Handstand. Kitty entknotet sich. Roswitha räumt das Tischtuch mit den Frühstücksresten hastig in den Proviantkorb. Oskar und Bebra helfen - ihr. Man verläßt das Bunkerdach. Lankes erscheint im Bunkereingangs Lankes: Wenn Herr Hauptmann vielleicht noch ne Zigarette für'n Obergefreiten haben.
    Bebra (seine Leute ängstlich hinter ihm): Der Herr Soldat raucht zuviel.
    Bebras Leute: Raucht zuviel! Lankes: Das liegt am Beton, Herr Hauptmann. Bebra: Und wenn es nun eines Tages keinen Beton mehr gibt? Bebras Leute: Keinen Beton mehr gibt. Lankes: Der ist unsterblich, Herr Hauptmann. Nur wir und unsere Zigaretten... Bebra: Ich weiß, ich weiß, mit dem Rauch verflüchtigen wir uns.Bebras Leute (langsam abgehend): Mit dem Rauch!
    Bebra: Den Beton jedoch werden sie noch in tausend Jahren besichtigen.
    Bebras Leute: In tausend Jahren!
    Bebra: Hundeknochen wird man finden.
    Bebras Leute: Hundeknöchelchen.
    Bebra: Auch ihre schrägen Formationen im Beton.
    Bebras Leute: MYSTISCH, BARBARISCH, GELANGWEILT! — (Der rauchende Lankes alleine)
    Wenn Oskar auch während des Frühstücks auf dem Beton wenig oder kaum zu Wort kam, konnte er es dennoch nicht unterlassen, dieses Gespräch am Atlantikwall festzuhalten, fand man doch solche Worte am Vorabend der Invasion; auch werden wir jenem Obergefreiten und Betonkunstmaler Lankes wiederbegegnen, wenn auf einem anderen Blatt die Nachkriegszeit, unser heute in Blüte stehendes Biedermeier, gewürdigt wird.
    Auf der Strandpromenade wartete immer noch der Schützenpanzerwagen auf uns. Mit langen Sprüngen fand der Oberleutnant Herzog zu seinen Schutzbefohlenen. Atemlos entschuldigte er sich bei Bebra für den kleinen Vorfall. »Sperrgebiet ist eben Sperrgebiet!« sagte er, half den Damen auf das Fahrzeug, gab dem Fahrer noch einige Anweisungen, und zurück ging's nach Bavent. Wir mußten uns sputen, fanden kaum Zeit fürs Mittagessen; denn für zwei Uhr hatten wir eine Vorstellung in dem Rittersaal jenes anmutigen normannischen Schlößchens angekündigt, das hinter Pappeln am Dorfausgang lag.
    Gerade eine halbe Stunde blieb uns noch für Beleuchtungsproben, dann mußte Oskar trommelnd den Vorhang ziehen. Wir spielten für Unteroffiziere und Mannschaften. Das Lachen kam derb und oft. Wir trugen dick auf. Ich zersang einen gläsernen Nachttopf, in dem ein Paar Wiener Würstchen mit Senf lagen. Fettgeschminkt weinte Bebra seine Clownstränen über dem zerbrochenen Töpfchen, klaubte sich die Würste aus den Scherben, gab sich Senf dazu und verspeiste sie, was den Feldgrauen zu lauter Heiterkeit verhalf. Kitty und Felix traten seit einiger Zeit in Krachledernen und mit Tirolerhütchen auf, was ihren akrobatischen Leistungen eine besondere Note gab. Roswitha im enganliegenden Silberkleid trug blaßgrüne Stulpenhandschuhe, golddurchwirkte Sandalen am allerkleinsten Fuß, hielt die leicht bläulichen Augenlider stets gesenkt und zeugte mit ihrer somnambulen Mittelmeerstimme von jener ihr geläufigen Dämonie. Sagte ich schon, daß Oskar keiner Verkleidung bedurfte? Meine gute alte Matrosenmütze mit der gestickten Inschrift »SMS Seydlitz« trug ich, das marineblaue Hemd, drüber die Jacke mit

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