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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Entscheidungen, beugte sich in aller Öffentlichkeit seinem Wort und stärkte seine Position – bis die Tyreaner, wenn es darum ging, Dispute beizulegen oder Ratschläge zu geben, sich mit fast der gleichen Selbstverständlichkeit an Corvan wandten wie an Gavin, egal ob dieser zur Stelle war oder nicht.
    Und Gavin war fast jeden Tag fort und suchte zusammen mit Karris das Meer nach dem blauen Gottesbann ab. Er hatte mit seinem Abakus und seiner Karte dagesessen, seine Berechnungen und Annahmen überprüft und immer wieder überprüft – und dann das Meer durchforscht und immer wieder durchforscht. Der Gottesbann war nicht da. Wo immer die zwei Stunden östlich und zweieinhalb Stunden südlich begannen, dieser Punkt war nicht der Strand der Seherinsel. Noch befand sich die gesuchte Stelle, vom Ziel her zurückgerechnet, zwei Stunden westlich und zweieinhalb Stunden nördlich des Weißnebelriffs. Auch das herauszufinden hatte einige Zeit beansprucht, denn das Riff war nicht einfach irgendein Punkt auf der Karte, sondern ein ganzes Meeresareal, fünfmal so groß wie die Seherinsel. Und so war die Frage, ob er die Entfernung vom vermuteten Zentrum des Riffs aus bemessen sollte – oder von irgendeinem speziellen Punkt im Riffbereich? Oder von jedem möglichen Punkt im Umkreis aus?
    Außerdem war die Geschwindigkeit seines Gleiters keine Konstante. An manchen Tagen war Gavin erschöpft und legte viele Meilen weniger zurück als sonst, selbst wenn er dachte, er hätte sich mit derselben Geschwindigkeit bewegt.
    »Es geht um Kip«, sagte Karris.
    Das schien als Thema nicht weiter prekär zu sein. »Ja?«, erwiderte er.
    »Was tust du diesem Jungen an?«
    »Wie bitte?« Er hatte Kip doch seit Wochen nicht gesehen.
    »Er ist noch ein Junge, Gavin.«
    »Ich stand unter dem Eindruck, es mit einem Schneehuhn zu tun zu haben.«
    »Das kannst du dir sparen«, entgegnete Karris und lief rot an. Sie richtete sich auf ihrem Hocker etwas höher auf und zuckte dabei zusammen. Blaue Flecken waren die unvermeidliche Folge, wenn man mit Amateuren und Anfängern trainierte, denen die Körperbeherrschung fehlte, um ihre Schläge einheitlich kurz und kontrolliert zu halten.
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du überhaupt redest«, sagte Gavin.
    »Du hast ihm irgendeine unmögliche Aufgabe gestellt, nicht wahr?«, fragte Karris.
    Gavin zog die Brauen zusammen. »Woher weißt du …«
    »Ich kenne dich!«
    »Du sagst das, als sei es etwas Schlechtes«, erwiderte Gavin leichthin, grinste und versuchte, ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen.
    Aber Karris war offensichtlich nicht in versöhnlicher Stimmung. »Er ist ein Junge, keine Waffe. Du hast ihn wie einen Pfeil auf irgendeine Zielscheibe losgelassen. Auf wen, weiß ich nicht. Es ist mir auch egal. Du benutzt ihn, um irgendeinen deiner Pläne voranzutreiben.«
    Gavin zog einen Schmollmund und legte den Löffel in seinen Eintopf. »Das ist richtig. Wir dienen alle.«
    »Es ist eben nicht richtig. Er ist ein guter Junge, und er verdient etwas Besseres. Du hast ihn als deinen Sohn anerkannt – jetzt sei ein Vater.«
    »Was? Was hast du gerade gesagt?«, fragte Gavin scharf.
    »Er ist ein Kind ! Du behandelst ihn, als sei er ein Soldat. Er braucht deine Zeit, Gavin. Für ihn ist es wichtig, dass er bei dir an erster Stelle kommt.«
    »Er kommt für mich nicht an erster Stelle«, sagte Gavin rundheraus.
    »Genau!«
    »Genau. Und was genau soll ich deiner Meinung nach vernachlässigen, damit ich mit dem Jungen Zeit zum Spielen habe? Fünfzigtausend Flüchtlinge zu versorgen? Nicht so wichtig. Die Zerstörung eines Gottesbanns? Nicht so wichtig. Die Rettung aller Sieben Satrapien? Nicht …«
    »Das habe ich nicht gemeint, und das weißt du auch! Du hast gesagt, Kip sei dein Sohn. Hast du vor, ihn auch wie einen Sohn zu behandeln oder nicht?«
    »Kip ist nicht wichtig!«, rief Gavin.
    Karris lehnte sich geschlagen zurück. »Dann bist du ein schlechterer Mensch, als ich gedacht habe.«
    »Was willst du von mir?«, rief Gavin.
    »Anstand«, sagte sie leise.
    Er schlug mit der Faust so heftig auf den Tisch, dass die Tischplatte wackelte und Suppe und Wein überallhin spritzten. Er brüllte: »Anstand?! Ich tue für andere alles! Alles !«
    »Das ist eine Lüge«, sagte Karris leise. »Aber der Wahrheit sehr nahe. Wie kommt es, dass jene, die dir am nächsten stehen, bei dir am schlechtesten wegkommen, Gavin Guile?«
    »Fort! Hinaus mit dir!«, brüllte er.
    Sie stand auf und ging nach

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