Die Blendende Klinge
amüsiert hatte und dann alle anderen in Erstaunen versetzte: Er fertigte Ziegelsteine an.
Gelbe Luxin-Ziegelsteine. Auf Grundlage dessen, was sie beim Bau der Leuchtwassermauer an Kenntnissen erworben hatten, stellten seine Architekten und Arbeiter Gussformen für ineinandergreifende solide Ziegelsteine her. Bevor er sich auf seine tägliche Suche machte, ging Gavin nun jeden Morgen für eine Stunde um diese Gussformen herum und füllte sie mit gelbem Luxin, so perfekt gewandelt und versiegelt, dass es praktisch unzerstörbar war. Aus diesen Ziegelsteinen bauten die Arbeiter dann, was immer sie brauchten.
Nachdem sie sich zuerst damit zufriedengegeben hatte, ihn einfach zu bewachen, während er auf der Insel oder mit ihr auf See war, hatte Karris schließlich angefangen, ebenfalls ihre Hilfe anzubieten. Sie trainierte die Besten der Einheimischen im Kampf und organisierte manchmal Jagden auf Javelinas. Obwohl Javelinas und die selteneren Riesenjavelinas schon seit langem in Tyrea heimisch waren, hatte es in der Nähe von Garriston seit Jahrzehnten keine mehr gegeben, und die Konfrontation mit gefährlichen, unberechenbaren Tieren war die beste auf der Insel verfügbare Möglichkeit, sich auf die tatsächliche Kriegsführung vorzubereiten.
Wann immer Gavin und Karris auf die Insel zurückkehrten, war er stets aufs Neue überrascht. Die reichlich vorhandenen kostenlosen Bauvorräte, die fünfzigtausend engagierten Arbeiter, die entgegenkommenden Einheimischen und die gute politische Führung des Ganzen verwandelten in ihrem Zusammenwirken den kleinen Hafen in schneller Folge von einem Lager in eine Siedlung und dann in eine Stadt. Es gab keine Stadtmauern – so hatte Corvan es mit dem Dritten Auge vereinbart. Das Dritte Auge vertrat die Ansicht, dass beiderseitige Verwundbarkeit eine bessere Friedensgarantie darstellte als beiderseitige Wehrbereitschaft. Aber so ziemlich jedes andere erdenkliche Bauwerk begann, aus dem Boden zu schießen. Gavin war stolz darauf, ausnahmsweise einmal am Aufbau von etwas Neuem teilzuhaben.
Er verbrachte die meisten Abende mit Corvan. Sie besprachen Regierungsangelegenheiten, grübelten über Probleme, schmiedeten Pläne und spielten hin und wieder sogar ein oder zwei Runden Neun Könige. Es war gut, so zu reden, zu scherzen und ab und an zu viel Wein zu trinken.
Und er hielt sich Karris vom Leib, obwohl er sich inständig nach ihrer Gesellschaft sehnte und zugleich höllische Angst vor ihr hatte. Er behandelte jene, die ihm am nächsten waren, am schlechtesten – in der Tat.
Er legte die Seekarten beiseite. Er hatte während der letzten Minuten keinen einzigen Blick darauf geworfen.
Es ging ihr nicht um Kip, begriff er. Zumindest nicht ausschließlich. Für Karris ging es um den Weg, der nicht genommen worden war. Kip war in einem Alter, in dem er ihr gemeinsamer Sohn hätte sein können, hätte Gavin sein Verlöbnis mit Karris nicht gebrochen. Karris sagte nicht: »Wie kannst du derart auf Distanz zu einem Bastard gehen, den du unwissentlich irgendeiner Bäuerin angehängt hast?« Sie sagte: »Ist das der Vater, der du auch unserem Sohn gewesen wärst?«
Gütiger Orholam. Es war ein Schlag in die Magengrube.
Und sie hatte recht.
Kip war ein guter Junge, aber Gavin kannte ihn kaum. Und er wusste wirklich nicht, was er mit ihm anstellen sollte. Er hätte ihn hier bei sich behalten sollen, hätte ihn selbst ausbilden sollen. Aber der Gedanke war ihm nicht einmal in den Sinn gekommen. Er hatte Kip nur als Belastung gesehen, als eine Bürde, die er so schnell wie möglich an Hauptmann Eisenfaust weiterreichte.
Alle hatten sie ihre Forderungen an das Prisma, und das war nun eine zu viel gewesen. Kip war ein guter Junge, aber er war nicht Gavins Sohn. Gavin konnte der ganzen Welt erzählen, dass er es war; er konnte die Schande auf sich nehmen, einen Bastard gezeugt zu haben, er konnte sogar seinem eigenen Vater deshalb die Stirn bieten. Aber es gab einen Unterschied zwischen einer großen Geste und dem Anstand des täglichen Miteinanders.
Und so fügte er Kip der langen Liste von Problemen hinzu, die bei seiner Rückkehr in die Chromeria auf ihn warteten. Nicht eigentlich warteten, sondern eher schwelten und gärten – vieles davon Probleme, die er verzweifelt in Angriff zu nehmen wünschte, und doch fühlte er sich wie gefangen, bis er den blauen Gottesbann gefunden hatte.
Am nächsten Morgen begrüßte ihn Karris, als sei nichts geschehen, und er ließ es ebenfalls dabei
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