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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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erbarme dich. Sie hatten keine Chance.

109
    »Noch fünf Minuten bis Sonnenaufgang«, verkündete der Orangewandler. Er war nervös und saugte geräuschvoll an dem Khat , das er sich zwischen Lippe und Gaumen geklemmt hatte.
    Etwa ein Dutzend Orange- und Gelbwandler hatten sich am Fuß der südlichen Mauer von Ru versammelt, wo sie auf den Tag warteten und Liv und ihre Gruppe nervös anwiesen, sich ruhig zu verhalten. Livs Mannschaft bestand aus vier Wandlern und vier Soldaten. Zusammen mit ihr also die heilige Zahl der neun. Liv wäre die heilige Zahl der neunundneunzig lieber gewesen. Sie hätte es auch lieber gehabt, Kämpfer, die wandeln konnten, und Wandler, die kämpfen konnten, zu befehligen, aber die Blutröcke waren noch weit davon entfernt, etwas auch nur annähernd so Gutes wie die Schwarze Garde zu haben.
    Die Armee der Blutröcke war hellwach und unter Waffen, aber die nächsten Soldaten waren zwischen vier- und fünfhundert Schritt von der Stadtmauer entfernt. Die Atashi hatten mit Sicherheit Kanonen, die so weit reichten, aber sie hatten sich entschieden, lieber sparsam mit ihrem Pulver umzugehen. Liv konnte nur vermuten, dass ihre Lage ähnlich ernst war wie die der Blutröcke. Die Geschützstellung des Farbprinzen an der Südseite der Meerenge hatte nur genug Pulver für einen Schuss aus jeder Kanone. Er hoffte, dass die Flotte der Chromeria dieses Ufer völlig meiden und sich vielmehr dicht an die gegenüberliegende Küste halten würde, die ihrer Ansicht nach ja noch immer von ihren atashischen Verbündeten gehalten wurde.
    Liv würde erst, wenn alles vorbei war, erfahren, ob dieser Plan aufgegangen war – wenn überhaupt. Ihre eigene Aufgabe grenzte an ein Selbstmordkommando. Ihre Soldaten waren in verschrammte Lederrüstungen und die ausgebleichten blauen Mäntel der Blauen Hunde gekleidet, einer Söldnertruppe, die von Ru angeheuert worden war. Söldnertruppen nahmen nur selten Aufträge an, zu denen das Überstehen einer Belagerung zählte, und so musste Ru ihnen wohl ein Vermögen gezahlt haben.
    Und wie von Männern zu erwarten, deren oberste Loyalität der eigenen Geldbörse galt, waren sie gern bereit gewesen, mit dem Farbprinzen eine Übereinkunft zu treffen. Sie hatten sich geweigert, für ihn zu kämpfen, da sie fürchteten, ein Ruf als unzuverlässige Überläufer könnte sich schädlich auf spätere Aufträge auswirken. Aber sie hatten sich bereit erklärt, Livs Trupp seine Aufgabe zu erleichtern, wenn ihnen im Gegenzug nach Einnahme der Stadt durch die Blutröcke Nachsicht gewährt würde.
    Wie jeder Heerführer verachtete der Farbprinz Söldner und musste sich ihrer trotzdem bedienen. Er war überzeugt, dass Pash Vecchio, der Piratenkönig, ihn hintergangen hatte. Der wankelmütige Pirat hatte versprochen, dass sein großes Schiff die Südküste halten und die Flotte der Chromeria direkt in ihre Falle treiben würde. Sie hatten Bericht erhalten, dass das Schiff gesehen worden sei, und so würde es vielleicht im letzten Moment noch auftauchen. Wahrscheinlicher war indessen, dass er, wie einige der anderen Piraten auch, irgendwo am Rand des Geschehens wartete, in der Hoffnung, nach der Schlacht die beschädigten Schiffe kapern, Sklaven nehmen und Beute machen zu können.
    Noch vor der Morgendämmerung hatte das ferne Grollen von Kanonen eingesetzt. Liv fragte sich, ob auf dem Meer oder jenseits der Bucht Menschen starben, die sie kannte. Dann wandte sie sich wieder zur Stadtmauer um und sah zu, wie sie langsam in das Licht der Sonne getaucht wurde.
    »Ich habe so etwas immer für unmöglich gehalten«, sagte Liv zu dem orangeäugigen Khat -Kauer.
    »Hast deine Ausbildung in der Chromeria erhalten, nicht wahr? Die Chromeria lügt, Prinzessin.«
    Von allen Farben, die dem Farbprinzen dienten, waren nur seine Orangewandler besser als diejenigen der Chromeria. Ihre Illusionen, die sie tief in andersfarbiges Luxin einarbeiteten, waren genauso gut wie diejenigen der Schüler der Chromeria, aber sie konnten auch etwas, von dem Liv zwar gerüchteweise gehört hatte, dessen Möglichkeit die Chromeria gleichwohl verneinte: Sie projizierten Gefühle. Sie mussten das Objekt sehen können, das sie mit ihrem Zauber belegten, und es musste auch für derlei empfänglich sein – je gefühlsbestimmter man war, desto stärker wirkte auch der Zauber. Aber diese Stadtmauer war wirklich ihr Meisterwerk: ein Meisterwerk in zwei Teilen. Zunächst hatten die in der Stadt befindlichen Männer des

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