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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Farbprinzen im Umkreis mehrerer Straßenzüge jedes Gebäude, jede Straße sowie die Mauer selbst mit ihren Zaubern belegt. Die Zauber konnten so dünn aufgetragen werden, dass das Auge sie gar nicht erst wahrnehmen würde, vor allem nicht vor einem Hintergrund mit vielen Farben und Mustern. Aber die Wirkung blieb – und sie entfaltete sich völlig am Verstand vorbei, zielte direkt auf den Bauch, ließ den Magen sich zusammenziehen und Läuse über die Leber laufen. In einem kleinen Stadtbereich auf der anderen Seite dieser Mauer schüttelte jeden die Furcht.
    Für die Bewohner einer Stadt im Belagerungszustand war das alles andere als ein fremdartiges Gefühl, und es erreichte, was es hatte erreichen sollen – die Menschen mieden diese Gegend. Was bedeutete, dass sie der Mauer viel weniger Beachtung schenkten, als es sonst der Fall gewesen wäre; was wiederum hieß, dass die Illusion Bestand hatte.
    Liv hatte die Wandler gefragt, wie sie das schafften. Sie hatten geantwortet, dass sie ihren Willen in ihre Schöpfung legten, auf die gleiche Weise, wie auch Golems erschaffen wurden. Sie machten die Magie in gewisser Weise lebendig. Von der Chromeria war das natürlich verboten. Die Luxiaten glaubten, dass das Losreißen eines Teils des eigenen Willens zum Wirken von Magie auch das Losreißen eines Teils der eigenen Seele bedeutete und dass man diese Teile seiner Seele nie wieder zurückerhalten könne.
    Die Blutröcke wussten es besser. Behaupteten sie zumindest.
    Die Blide auf dem Roten Kliff schleuderte jede Viertelstunde ihre großen Steine, und diese Steine schlugen auch in der Nähe dieses Viertels ein. Die Orangewandler hatten sich an die Mauer herangearbeitet, und wenn sie ihre Sprengsätze anbrachten, dann stellten sie diese so ein, dass sie genau dann detonierten, wenn die Steine der Blide die Erde erschütterten.
    Ein atashischer Hauptmann war hinterrücks ermordet worden, einen anderen hatten sie mit dem Versprechen garantierter Sicherheit für ihn und seine Familie nach dem Fall der Stadt bestochen. Sie hatten nach und nach ein Loch in die Mauer gesprengt und es dann mit einer Illusion unkenntlich gemacht. Blaues Luxin, bedeckt mit Rot, Gelb und Orange, zu Illusionen verformt, die fast das gleiche Erscheinungsbild hatten wie die Wand selbst. Genug, um einen raschen Blick aus zwanzig, dreißig Schritt Entfernung zu täuschen, doch nicht genug, um einer genauen Überprüfung standzuhalten.
    Die Wandler hatten jede Nacht durchgearbeitet. Dabei hatten sie dicke Wolldecken über sich gelegt, um das Licht der Luxin-Fackeln zu verbergen, und jeden Morgen waren sie erschöpft und schweißbedeckt wieder hervorgekrochen. Doch es war ihnen auf diese Weise in nur wenigen Tagen gelungen, unbemerkt ein Tor zu schaffen, mitsamt gewandelten Stützträgern, die die Mauer über ihnen aufrecht hielten, und breit genug, dass fünf Mann nebeneinander hindurchgehen konnten.
    Es war nicht breit genug, um die gesamte Armee einzulassen, und es war zu niedrig, um es mit Pferden zu passieren, aber die Strategie des Prinzen war ohnehin eine andere. Eine Stunde nachdem Livs Trupp in die Stadt eingedrungen war, würde der Farbprinz fünfhundert seiner besten Wandler und Krieger durch diesen Tunnel schicken – mit der Anweisung, das Südtor der Stadt zu öffnen und seine Armeen hereinzulassen.
    Letztlich sah Liv keinen Grund, dass der Plan irgendwie scheitern könnte. Der Farbprinz aber war sich da nicht ganz so sicher gewesen. Er hatte ursprünglich vorgehabt, sich die Flotte der Chromeria an einem Tag vorzunehmen und dann die Stadt Ru am nächsten – für den Fall, dass die Flotte landete und ihm in den Rücken fiel, statt zu versuchen, Vorräte und Nachschub direkt nach Ru zu bringen. Aber nun war er das Wagnis doch eingegangen: Damit die Falle zuschnappte, musste er beide Ziele noch heute erreichen.
    Wenn die Sache schiefging, würde Liv in einer Stadt des Feindes bald sehr, sehr allein sein.
    »Es ist Zeit!«, bellte der Orangewandler. Sobald die Sonne sie mit ihren Strahlen übergoss, berührten er, ein Blauer und ein Gelber an verschiedenen, eng beieinanderliegenden Stellen gleichzeitig die Mauer an den Kontrollpunkten, die sie auf der Oberfläche angebracht hatten. Die Illusion glitt zur Seite wie ein Vorhang.
    »Vergesst nicht, was unser Prinz gesagt hat«, schärfte Liv ihnen ein. »Was wir heute tun, tun wir zum Wohle aller. Der Preis der Freiheit muss immer in Blut gezahlt werden. Und wenn dieser Preis gezahlt werden

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