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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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muss, ist es besser, wenn er nur von einigen wenigen gezahlt wird. Seien wir also schnell und unerbittlich.«
    Es war nicht gerade eine große Rede, aber für Liv war es das erste Mal, dass sie eine derartige Ansprache hielt. Ihre Männer nickten, dann gingen sie ihr voraus durch die Mauer. Sie war als Vorletzte an der Reihe. Wenn sie starb, war ihre gesamte Unternehmung zum Scheitern verurteilt, und so war ihr Schutz das vorrangige Ziel dieser Männer. Das war der Preis und das Privileg einer Ultravioletten.
    Mit eingezogenem Kopf folgte sie ihnen in die Öffnung. Die Mauer war an ihren Fundamenten achtzehn Schritt dick. Gewaltig. Daher hatten sie die Stadtmauer auch nicht direkt mit den Bliden bombardiert – es hätte Monate gebraucht, um sie zu durchbrechen. Mit Kanonen wäre es wesentlich schneller möglich gewesen, aber sie besaßen nicht das dafür nötige Pulver und hatten auch keinen leichten Zugang zu Salpeterminen, um zusätzliches Schießpulver herzustellen. Wer auch immer dem Farbprinzen mitgeteilt hatte, dass fünf Männer den Durchgang nebeneinander passieren könnten, hatte allerdings gelogen. Der Raum war so beengt, dass Liv sich tief bücken musste, um hindurchzupassen, und so konnten kaum fünf Personen nebeneinander hergehen. Mit ausgestreckten Fingern konnte Liv beide Wände berühren. Aber für ihre Zwecke reichte es, und Liv war einen Moment lang froh darüber, dass sie vor allen anderen in die Stadt gingen, statt zusammen mit fünfhundert Männern, die sich allesamt abmühten, sich so schnell wie möglich durch dieses winzige Loch zu zwängen, während sie von der anderen Seite mit Musketenfeuer und Magie empfangen wurden.
    Froh und dankbar darüber, allein in eine Feindesstadt einzudringen. Ich muss verrückt sein.
    Und dann waren sie wieder draußen. Einige der Männer waren voller Staub und Dreck. Einer, Phyros, gewiss zwei Köpfe größer als der Durchschnitt, betastete seinen Kopf, der stark blutete, nachdem er ihn sich an der Tunneldecke gestoßen hatte. Sie klopften sich den Staub von der Kleidung und verbanden rasch Phyros’ Kopf.
    »Mir nach«, sagte Phips Navid. Er war ein Cousin von Payam Navid, dem blendend aussehenden Magister, in den Liv und alle anderen Mädchen der Chromeria regelrecht vernarrt gewesen waren. Phips war in Ru aufgewachsen. Sein Vater, seine älteren Brüder und seine Onkel hatten nach dem Krieg der Prismen alle mit dem Strick des Henkers zu nahe Bekanntschaft gemacht. Er war damals zwölf Jahre alt gewesen und der Schlinge nur knapp entronnen.
    Sie eilten durch die Straßen. Aufgrund des Angstzaubers war in der Nähe der Mauer niemand unterwegs. Recht bald aber liefen sie an ein paar Soldaten vorbei, die ihnen lediglich zunickten. Sie wichen in einen anderen Straßenzug aus, um einem Trupp der Blauen Hunde aus dem Weg zu gehen – nur einige der Oberbefehlshaber der Söldner waren in ihren Plan eingeweiht.
    Der größte Teil der Stadt war vom Krieg bisher verschont geblieben. Der Farbprinz wollte, dass Ru zu einer neuen Machtbasis für seinen Krieg wurde und nicht zu einer weiteren Belastung, und so hatte er die Bliden auf dem Roten Kliff angewiesen, ihre Steinwürfe auf einige wenige Viertel sowie auf die Geschützstellungen zu konzentrieren. Ganze Märkte und Paläste waren noch immer völlig unberührt. Die Gebäude der Stadt bestanden aus gekalkten Lehmziegeln und hatten Flachdächer, die, genau wie in Tyrea, den Bewohnern zusätzlichen Raum boten, besonders in heißen Nächten. Aber hier gab es viel mehr Paläste und große Häuser, die einen zentralen Hofgarten umschlossen. Welche Schäden Ru im Krieg der Prismen auch immer erlitten haben mochte, sie waren durch den Wohlstand der Stadt längst beseitigt worden.
    Aber die Menschen auf den Straßen wirkten nicht glücklich. Sie wirkten eher, als wären auf alle Wände und Mauern Angstzauber gemalt worden. Als sie an drei oder vier Stockwerke hohen Palästen vorbeikam, erspähte Liv auf mehreren der Palastdächer Männer, die mit langen Fernrohren aufs Meer hinaussahen. Unten im Labyrinth der Straßen war das Dröhnen der Kanonen allerdings kaum wahrzunehmen.
    Sie gelangten unbehelligt bis zum Tempelbezirk. Plötzlich ragte über ihnen die Große Pyramide von Ru in die Höhe. Liv fiel sofort ihre Ähnlichkeit mit den Zikkurats von Idoss ins Auge. Aber die Bewohner von Idoss hatten vor allem Höhe angestrebt, und auch wenn ihre große Zikkurat höher und steiler war als die Große Pyramide, hielt sie doch

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