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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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also besser?«
    Vielleicht werde ich einfach für den Rest meines Lebens meine große, dicke Klappe halten. Kip säbelte sich langsam ein weiteres Stück Wurst ab. Seine Finger heilten allmählich, so dass das Greifen nicht mehr besonders wehtat. Die Finger auszustrecken jedoch war schier ein Ding der Unmöglichkeit. Natürlich hatte es die Sache auch nicht besser gemacht, dass er beide Hände zum Kampf eingesetzt hatte. »Weißt du was«, sagte er, »wie wäre es, wenn du mir von dir erzählen würdest – dann habe ich ein paar Sekunden Ruhe, ohne mich selbst in Schwierigkeiten zu bringen?«
    »Was gibt es da schon groß zu erzählen?«, erwiderte Adrasteia. Sie hatte noch keinen Bissen angerührt. »Mein Vater ist Kaufmann und Seefahrer. Macht die Gewürz- und Seidenrunde, wenn er kann. Die meiste Zeit ist er nicht da. Mutter ist eine Brauerin in Odess. Sie wollte, dass ich die Brennerei übernehme. Stattdessen bin ich hier.«
    »Liegt Odess nicht in Abornea?«, wollte Kip wissen. Seine Mutter hatte ihm nicht viel über Geographie beigebracht, aber er wusste, dass Abornea und Ilyta unterschiedliche Satrapien waren.
    »Die Krone des Sundes. Eine der größten Städte der Welt.«
    »Wie kommt es dann, dass deine Gönnerin Ilytanerin ist?«
    »Weil sie mich als Letztes gekauft hat.«
    Gekauft? Kip war bemüht, sich seine Überraschung nicht anmerken zu lassen.
    Sie tippte mit dem Finger oben auf ihre Ohrmuschel. Sie war senkrecht eingeschnitten. »Siehst du das nicht?«, fragte sie.
    »Oh!«, entfuhr es ihm. Sie war eine Sklavin – und er war dumm.
    Aber sie zog ihn nicht damit auf. Stattdessen meinte sie: »Man sagt gern, dass es unter den Schülern der Chromeria weder Sklaven noch Freie gibt. Man sagt natürlich alle möglichen derartigen Dinge, aber wenn du es in die Schwarze Garde schaffen kannst, ist es auch tatsächlich wahr.« Sie zuckte die Achseln. Natürlich spielte es eine Rolle, wer man war, und man konnte die Augen nicht davor schließen.
    »Das also ist der Grund, warum du versuchst, der Schwarzen Garde beizutreten?«
    »Du beliebst zu scherzen, nicht wahr?«, fragte sie zurück.
    Kips Blick musste Bände gesprochen haben. Sie seufzte.
    »Weißt du, warum fast alle in unserem Kurs älter sind als du, Kip?«
    »Siehst du diesen leeren, fragenden Blick? Geh mal davon aus, dass er für rundum alles gilt«, erwiderte Kip.
    Sie lächelte kurz. »Eine Anstellung in der Schwarzen Garde ist der begehrteste Posten, von dem die meisten von uns überhaupt träumen können. Allein in unserer Übungsgruppe befinden sich vier, die ein Familienvorrecht haben – Kinder von Schwarzgardisten: Kruxer, Rig, Aram und Tana. Ich kann dir versichern, dass sie alle in den Kampfkünsten ausgebildet worden sind, seit sie laufen können. Wenn du ein Sklave bist und die Aufnahmeprüfung bestehst, wirst du aus der Sklaverei entlassen – auch wenn du dann der Schwarzen Garde schwören musst, ihr zu dienen. Dem Besitzer des Sklaven oder der Sklavin zahlt die Chromeria ein Vermögen dafür, dass er ihr seinen Besitz überträgt. Die Veranghetis haben im Laufe der Jahre Dutzende von Schwarzgardisten gestellt. Das gehört zu ihren lukrativeren Erwerbszweigen. Ich bin ein wenig auf Umwegen dazugekommen. Die Familie, die meine Mutter und mich besaß, hatte eine Tochter in meinem Alter. Sie wollten ihr beibringen, sich zu verteidigen. Ich wurde mit ihr zusammen ausgebildet, einfach damit sie eine Trainingspartnerin hatte. Als sie bemerkten, dass ich womöglich eine Wandlerin sein könnte, verkauften sie mich an Lady Verangheti. Sie hat mich während des letzten Jahres ununterbrochen trainieren lassen, von morgens bis abends, jeden Tag, und das mit Hilfe einer ganzen Reihe von hochkarätigen Lehrmeistern, um alles zu tun, damit ich es vielleicht schaffen könnte.«
    Ein ganzes Leben als Besitz anderer verbracht und nur dazu bestimmt, hierfür zu trainieren? »Du willst mir also zu verstehen geben, dass ich mich nicht dafür zu schämen brauche, von einem Mädchen eins auf die Mütze bekommen zu haben.«
    »Vorsicht, Dickerchen!«
    Er grinste – mit einem Moment Verspätung, weil er nicht sofort begriff, dass sie ihn nur foppte.
    Dann machte sie ein langes Gesicht. »Tut mir leid, das war nicht … Mir war nicht bewusst, dass du so empfind… Ich hätte vielleicht nicht … Tut mir leid.«
    Drückendes Schweigen.
    »Ich habe gehört, du hättest beinahe die Mangel bestanden«, bemerkte sie schließlich.
    »Beinahe.« Kip Beinahe.

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