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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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zu hören. Der Rüpel plumpste wie ein Sack zu Boden, völlig benommen. Das Blut zeichnete ihm jenen Schnurrbart um den Mund, den ihm das Alter bisher vorenthalten hatte.
    »Wie heißt du?«, fragte Kip den ihm zu Füßen liegenden Jungen.
    »Elio«, antwortete der Junge und griff, noch immer benommen, nach seiner Nase, um sie zuzudrücken. Er rappelte sich auf alle viere hoch oder, genau gesagt, auf alle dreie, da die eine Hand ja beschäftigt war.
    »Elio?«
    Elio machte Anstalten aufzustehen. »Ich werde dich umbringen, du kleiner …« Die Kampfetikette schrieb vor, dass Kip ihn erst aufstehen ließ, bevor sie aufeinander losgingen.
    Kip schlug dem Jungen ins Gesicht, und der fiel der Länge nach hin. Dann sprang er auf Elio, quetschte ihm den Atem aus der Lunge, packte seinen Arm und hielt ihn eisern fest. So blieb er auf dem Jungen sitzen.
    Elio sagte: »Ich werde es dir schon noch zeigen, du kleiner Kotzbrocken. Ich werde dafür sorgen, dass du den Tag bereust, an dem du geboren wurdest.« Demnach hatte er sich offenbar von seinem Schock erholt. »Lass meinen Arm los!«
    Elio zappelte und bäumte sich auf, versuchte, Kip abzuschütteln, aber Kip beugte sich vor und presste fester, bis der Junge aufschrie und aufhörte sich zu wehren. Kip kannte sich gut aus mit diesem Griff, obwohl er ihn bisher immer nur von der anderen Seite erlebt hatte. Daheim hatte Ramir Kips Gesicht in den Boden gedrückt, bis er weinte, in wilder Wut und Demütigung. Bevor er ihn losließ, hatte er ihn gezwungen, zu Ramirs Erheiterung hässliche Dinge zu sagen und Dreck zu fressen.
    Der Rüpel hörte noch immer nicht auf: »Ich werde dich töten, du fettes kleines Arschloch. Du kannst mich nicht für immer festhalten, und sobald ich wieder frei bin, wirst du dir ständig ängstlich über die Schulter schauen müssen. Denn ich werde da sein. Ich werde auf dich warten, und beim nächsten Mal wirst du nicht mehr mit einem Überraschungsschlag davonkommen.«
    Kip begriff mit einem Mal, dass er einen Tiger ritt. Er konnte hier nicht gewinnen. Er war in der Position des Stärkeren, also würde er als der Böse dastehen, wenn er sie zu seinem Vorteil ausnutzte. Der normale Lauf der Dinge wäre jetzt der, dass er Elio ein Ultimatum stellte, so etwas wie: »Nimm es zurück!«, oder etwas ähnlich Dummes. Elio würde ablehnen, und Kip säße in der Klemme. Wenn Kip ihn jetzt gehen ließ, würde Elio morgen zurückkommen – und er würde Kip wahrscheinlich grün und blau schlagen. Wenn Kip Elio folterte, indem er seinen Arm immer weiter verdrehte, würde das keinen dauerhaften Schaden hinterlassen, aber vielen der Jungen wäre das nicht klar, und selbst wenn Elio sich dann ergab, würde Kip vor allen im Saal wie ein grausamer Mistkerl dastehen. Oder schlimmer noch, irgendjemand würde sich einmischen, noch bevor Elio sich ergab, und Kip würde grausam und schwach erscheinen.
    Ausweichend meinte er nun: »Elio, ich mag nicht so aussehen, aber ich bin zäher als du, ich bin gemeiner als du, ich bin klüger als du, und ich werde immer weitergehen, als du das wagst.«
    »Spar dir die Worte, Scheißefresser«, sagte Elio, der aus Kips Zögern Schwäche herauslas. »Fang schon mal an zu betteln, du jämmerlicher Drecksack.«
    Plötzlich war Kip des Ganzen so müde. Was hatte Eisenfaust gesagt: »Der Sieg ist erst der Anfang.«?
    »Elio, ich wollte dir noch eine Chance geben, es zurückzunehmen. Aber du wirst nichts zurücknehmen. Du bist so verdammt dumm, und ich bin zu müde, um dieses Spiel weiterzuspielen. Aber ich will, dass du dich an etwas erinnerst, wenn du in der Krankenstation gelandet bist: Das hier ist meine Art, Erbarmen zu zeigen.«
    Während Kip Elios Handgelenk immer noch festhielt, ließ er seinen linken Unterarm mit seinem ganzen Gewicht knapp dahinter auf Elios Arm herabdonnern.
    Elios Arm brach mit einem Knirschen. Allen im Raum blieb die Luft weg. Ein Stück blutiger Knochen stach durch die Haut. Elio schrie. Ein hohes, schrilles Geräusch. Man hätte gar nicht erwartet, dass der Junge solche Töne hervorzubringen vermochte.
    Kip ließ ihn los. Während vierzig Jungen mit großen Augen zusahen, kroch Elio blutend und weinend davon. Er stand auf und taumelte aus dem Raum, wobei er sich vorsichtig seinen gebrochenen Arm hielt. Keiner der Jungen half ihm. Kein Aufseher oder sonst ein Verantwortlicher tauchte auf. Als Elio zur Tür hinausstolperte, sah Kip, dass sein Schwarzgardist – der schlanke, hochgewachsene junge Mann – an

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