Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blockadebrecher

Die Blockadebrecher

Titel: Die Blockadebrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
war fertig, sie mußte nur noch adjustirt werden. Die
Delphin
führte drei Schoonermasten, und dies war fast als überflüssiger Luxus anzusehen, denn er rechnete nicht auf den Wind, um den nordstaatlichen Kreuzern zu entkommen, sondern nur auf die mächtige Maschine in seinen Seiten, und er that Recht daran.
    Gegen Ende December wurde die
Delphin
in der Bucht des Clyde geprobt, und es war schwer zu bestimmen, ob er den Kapitän oder den Erbauer mehr zufrieden stellte. Der neue Steamer glitt prächtig dahin, und das »Patent Log« zeigte eine Schnelligkeit von siebenzehn Meilen in der Stunde, was bis jetzt weder bei einem englischen, französischen noch amerikanischen Schiffe erreicht worden war. Bei einem Wettlauf mit den raschesten Fahrzeugen, bei einem Match zur See hätte die
Delphin
jedenfalls um mehrere Längen gewonnen.
    Am 25. December sollte die Befrachtung vor sich gehen, und der Steamer legte sich zu diesem Zweck an den Steam-boat-Kai, etwas unterhalb der Glasgow-Bridge, der letzten Brücke, die vor seiner Mündung über den Clyde führt. Ungeheure Wharfs waren dort mit Kleider-Magazinen, Waffen und Munition gefüllt, welche Vorräthe so schnell wie möglich in den Rumpf der
Delphin
übergingen. Diese Ladung verrieth nun freilich die Bestimmung des Schiffes, und das Haus Playfair konnte nicht länger sein Geheimniß verschwiegen halten. Kein amerikanischer Kreuzer war gegenwärtig in den englischen Gewässern signalisirt worden, und da die Abfahrt der
Delphin
nahe bevorstand, mußte doch auch die Mannschaft angeworben werden. Auch hierbei war es natürlich nöthig, daß das Schweigen gebrochen wurde, denn wenn man die Leute einschiffte, mußte man ihnen doch auch ihre Bestimmung und das Ziel der Reise mittheilen. Man forderte, daß sie ihre Haut zu Markte tragen sollten, und solch Verlangen war nur gerechtfertigt, wenn man ihnen reinen Wein darüber eingeschenkt hatte, wie und zu welchem Zweck.
    Die Bestimmung des Schiffes hielt indessen Niemanden von der Reise zurück; der Sold war hoch, und jedem Manne wurde von vornherein ein Antheil an dem Unternehmen zugesichert. James Playfair hatte nur zu wählen, denn es erschienen bewährte, tüchtige Seeleute in Menge, und man mußte gestehen, er wählte mit schnellem Auge und richtigem Verständniß, nach Verlauf von vierundzwanzig Stunden waren die Namen von dreißig Matrosen in die Bemannungsliste eingetragen, die der Yacht Ihrer allergnädigsten Majestät Ehre gemacht haben würden.
    Die Abreise der
Delphin
wurde auf den 3. Januar festgesetzt, und schon am 31. December war sie bereit; ihr Rumpf war mit Munition und Lebensmitteln angefüllt, die Kammern strotzten von Kohlen, kurz, Nichts hielt sie mehr zurück.
    Am 2. Januar befand sich James Playfair an Bord und überschaute noch einmal mit dem Blick eines Kapitäns sein Schiff, als ein Mann am Hinterdeck an der Öffnung im Schiffsborde erschien und den Skipper zu sprechen wünschte. Ein Matrose führte ihn auf die Brücke.
    Es war ein kräftiger, breitschulteriger Mensch mit sehr rothem Gesicht, hinter dessen harmlosem, fast einfältigem Ausdruck ein gewisser Fonds von Schlauheit und Munterkeit verborgen zu sein schien. Man sah bald, daß er in seemännischen Gebräuchen nicht bewandert war, auch blickte er um sich wie Jemand, der noch nicht viel auf ein Schiffsverdeck gekommen ist, trotzdem aber suchte er sich das Ansehen eines alten Seebären zu geben, betrachtete das Takelwerk der
Delphin
und schlenderte nach Art der Matrosen.

    Als er vor dem Kapitän stand, sah er ihm fest in's Auge und fragte:
    »Kapitän James Playfair?«
    »Ja, was wünschest Du von mir?«
    »Möchte mich an Bord einschiffen.«
    »Ich habe keinen Platz mehr. Die Mannschaft ist vollzählig.«
    »Ein Mann mehr wird Nichts schaden; im Gegentheil.«
    »So, meinst Du?« sagte James Playfair, und sah ihn scharf an.
    »Ja, das meine ich,« antwortete der Matrose.
    »Wer bist Du denn?«
    »Ein schlichter Seemann, ein starker Kerl und ein entschlossener Kumpan, dafür stehe ich gerade. Ein paar so kräftige Arme, wie ich sie Ihnen hier präsentire, sind an Bord gewiß nicht zu verachten.«
    »Es giebt noch mehr Schiffe als die
Delphin
, und andere Kapitäne wie James Playfair, warum kommst Du gerade hierher?«
    »Weil ich an Bord der
Delphin
und unter Kapitän James Playfair dienen will.«
    »Ich kann Dich nicht brauchen.«
    »Einen kräftigen Mann kann man immer brauchen, wenn ich meine Kräfte einmal mit drei oder vier von den Stärksten

Weitere Kostenlose Bücher