Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blockadebrecher

Die Blockadebrecher

Titel: Die Blockadebrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
natürlich auch freistand, dem Dampfer zu folgen und ihn am Durchbrechen der Blokadelinie zu hindern. Doch James Playfair hatte, eigens um solch eine Verfolgung zu vermeiden, Alles beim Bau seines Schiffes auf Schnelligkeit berechnet und manchen anderen Vorzug geopfert, um diesem Hauptgesichtspunkt gerecht zu werden.
    Für alle Fälle wurde an Bord genaue Wache gehalten, trotz der Kälte befand sich fortwährend ein Mann im Mastwerk, der bereit war, das fernste Segel, das am Horizont auftauchte, zu signalisiren. Als der Abend hereinbrach, ließ James Playfair dem Obersteuermann, Mr. Mathew, die genauesten Instructionen zukommen.
    »Lassen Sie Ihre Wachen nicht zu lange auf dem Mastkorbe,« empfahl er ihm; »die Kälte kann sie sehr leicht überwältigen und in solcher Lage ist an scharfe Beobachtung nicht zu denken. Die Leute müssen sich häufig ablösen.«
    »Ganz Ihrer Meinung, Herr Kapitän,« stimmte Mr. Mathew bei.
    »Ich empfehle Ihnen noch besonders Crockston zu diesem Dienst, der Kerl behauptet, ein vorzügliches Auge zu haben; wir wollen seine Aussage auf die Probe stellen. Übergeben Sie ihm die Frühwache während der Morgennebel, und wenn irgend Etwas vorkommen sollte, benachrichtigen Sie mich sofort.«
    Nach diesen Worten zog sich James Playfair in seine Cajüte zurück, während Mr. Mathew Crockston kommen ließ und ihm die Befehle des Kapitäns mittheilte.
    »Du wirst Dich morgen früh um sechs Uhr nach dem Beobachtungsposten auf dem Fockmast begeben.«
    Crockston gab keine eigentliche Antwort, sondern begnügte sich damit, einen Ton, der allenfalls ein affirmatives Grunzen vorstellen konnte, hervorzustoßen; aber kaum hatte Mr. Mathew den Rükken gewandt, als er sehr beunruhigt vor sich hinbrummte und schließlich ausrief:
    »Was in aller Welt meint er eigentlich mit seinem Fockmast?«
    In diesem Augenblick trat der Neffe, John Stiggs, auf dem Deck zu ihm heran.
    »Nun, mein wackrer Crockston, wie geht Dir's?« begann er.
    »Nun, es geht nur soso, lala,« erwiderte der Onkel. »Der Racker von Boot schüttelt sich hin und her wie ein Hund, der seine Flöhe los werden will; mir wird schon ganz schlimm und übel.«
    »Armer Freund,« sagte mitleidig der Lehrling, indem er Crockston mit einem dankbaren Blick ansah.
    »Und wenn ich denke, daß ich bei meinem Alter die Seekrankheit bekomme! Ach, was ich doch für ein altes Weib bin! Das Alles mag indeß noch angehen, davor habe ich keine Bange; es soll aber irgendwo hier herum sogenannte Fockmasten geben, die mir jetzt zu schaffen machen …«
    »Du guter Crockston, und das Alles für mich …«
    »Und für ihn,« fiel Crockston ein. »Aber kein Wort darüber, John; wir wollen unsere Hoffnung auf Gott setzen, er wird Sie nicht verlassen.«
    Nach dieser Unterredung begaben sich John Stiggs und Crockston auf den Matrosenposten zurück, und der Seemann schloß seine Augen erst zum Schlaf, als er sah, daß der junge Lehrling ruhig in der engen Cajüte, die ihm angewiesen war, schlummerte.
    Am andern Morgen um sechs Uhr erhob sich Crockston von seinem Lager, um den bezeichneten Posten einzunehmen; er begab sich auf das Verdeck und erhielt vom Obersteuermann den Befehl, auf das Mastwerk zu steigen und genauen Ausguck zu halten.
    Der Seemann sah zuerst etwas unentschieden aus, dann aber schien er einen plötzlichen Entschluß zu fassen, denn er machte eilig Kehrt und steuerte flott auf das Hintertheil der
Delphin
los.
    »Heda, wo willst Du hin?« rief der Obersteuermann.
    »Natürlich wohin Sie mich schicken,« antwortete Crockston.
    »Ich habe Dir gesagt, Du sollst auf den Fockmast gehen.«
    »Hm, ja, ich gehe ja schon,« erwiderte der Matrose mit unerschütterlicher Ruhe und machte sich wieder nach dem Deckzimmer zu auf den Weg.
    »Höre, Kerl, willst Du mich hier foppen?« rief Mr. Mathew übel gelaunt; »oder gedenkst Du den Fockmast auf dem Besanmast zu suchen. Du sähst mir gerade aus wie ein Cockney, der nichts davon versteht, einen Seising zu schlingen oder ein paar Taue zu splissen! An Bord von welcher Schute bist denn Du gefahren, alter Freund? Zum Fockmast sage ich, Du Esel, zum Fockmast.«
    Die wachehabenden Matrosen waren bei den Worten des Obersteuermanns herzugeeilt und konnten sich eines schallenden Gelächters nicht erwehren, als Crockston, vollständig fassungslos, wieder nach dem Mitteldeck zurückkam.
    »Ja so!« sagte er und schaute am Mast empor, dessen Ende sich ganz unsichtbar im Morgennebel verlor. »Ja so! Da oben soll ich

Weitere Kostenlose Bücher