Die Blockadebrecher
Onkel, und alle Besucher verließen das Schiff.
Crockston und John Stiggs standen neben einander auf der Schanz, und der Matrose sagte zu dem Kleinen:
»Du sollst es sehen, Alles geht prächtig. In zwei Stunden sind wir auf hoher See, und ich ahne, daß uns die ganze Reise nach Wunsch gehen wird, nun wir mit dem Anfang solch gutes Glück gehabt haben!«
Statt aller Antwort drückte der Lehrling seinem Onkel die Hand.
James Playfair gab den letzten Befehl zur Abfahrt.
»Ist voller Dampf?« fragte er den Obersteuermann.
»Ja, Herr Kapitän.«
»Die Ankertaue aufwinden!«
Das Manoeuvre wurde sofort ausgeführt, die Schrauben setzten sich in Bewegung, die
Delphin
ging zwischen den Schiffen, die im Hafen lagen, hindurch und entschwand bald den Augen der Menge, die ihr noch mit einem letzten Hurrah einen Gruß nachsandte.
Die Fahrt aus dem Clyde ging leicht von Statten; man kann wohl behaupten, daß dieser Fluß von Menschen und zwar von Meisterhand geschaffen sei. Seit sechzig Jahren hat er, Dank den Baggern und dem unaufhörlichen Ausschlämmen, mindestens fünfzehn Fuß an Tiefe gewonnen, und seine Breite zwischen den Kais der Stadt ist verdreifacht worden. Bald verlor sich der Wald von Masten und hohen Schornsteinen in Rauch und Nebel, das Geräusch der Schmiedehämmer und der Äxte von den Schiffswerften erlosch in der Ferne, und auf Schiffsbauplätze und Werkstätten folgten Landhäuser, Villen und Lustschlösser. Die
Delphin
mäßigte jetzt ihre Dampfkraft und machte ihre Evolutionen zwischen den Deichen, die den Fluß höher als seine Ufer eindämmen und ihm oft nur sehr enges Fahrwasser gewähren. Es ist dies ein Übelstand, der nur von geringer Bedeutung ist, da die Tiefe für einen schiffbaren Fluß wichtiger ist, als die Breite. Der Steamer glitt, von einem vorzüglichen Lootsen des Irländischen Meeres geführt, ohne Stockung zwischen den schwimmenden Bojen, den Säulen von Stein und von »Biggings« dahin, auf deren Spitze das Fahrwasser durch dort angebrachte Baken bezeichnet wird. Bald kam das Schiff auch über den Marktflecken Renfrew hinaus, und nun, am Fuße der Hügel von Kilpatrick, wurde der Clyde breiter und ergoß sich vor der Bucht von Bowling, in deren Hintergrund sich die Mündung des Canals öffnet, der Edinburgh mit Glasgow vereinigt.
Endlich sah man auch vierhundert Fuß hoch das Schloß Dumbarton, wie es seine vom Nebel halb verwischten Umrisse von dem Firmament abhob, und bald darauf tanzten und schwankten die Schiffe am linken Ufer des Hafens unter den von der
Delphin
aufgewühlten Wogen. Noch einige Meilen weiter, und man kam an Greenock, der Vaterstadt von James Watt, vorüber. Die
Delphin
befand sich nun an der Mündung des Clyde und an dem Eingang des Busens, durch den er seine Wasser in den Nordcanal ergießt. Dort verspürte er die ersten Wellenbewegungen des Meeres und fuhr an dem malerisch schönen Küstenstrich der Insel Arran entlang.
Das Vorgebirge von Cantyre, das sich quer in den Canal erstreckt, wurde umschifft, und man bekam die Insel Rattelin in Sicht; der Lootse begab sich jetzt in seiner Schaluppe auf den kleinen Kutter zurück, der auf der See kreuzte, und die
Delphin
, jetzt wieder der Autorität des Kapitäns unterstellt, schlug nördlich von Irland eine von Schiffen weniger frequentirte Straße ein und befand sich, nachdem ihr die letzte europäische Küste aus dem Gesicht geschwunden war, allein auf der Höhe des Meeres.
Drittes Capitel.
Auf hoher See.
Die
Delphin
hatte eine gute Bemannung, zwar keine Kampfmatrosen oder Entermatrosen, aber lauter Leute, die gut zu manoeuvriren verstanden; es waren sämmtlich entschlossene Männer, aber auch sämmtlich mehr oder weniger gewinnsüchtig; sie jagten dem Glück und nicht dem Ruhme nach. Es lag ihnen äußerst wenig daran, ihre Flagge zu zeigen oder gar, sie mit Kanonenschüssen zu vertheidigen; auch wäre ihnen dies letztere wohl schwer geworden, denn die ganze Artillerie an Bord bestand aus zwei kleinen Drehbassen, die nur dazu geeignet waren, Signale zu geben.
Die
Delphin
schoß außerordentlich rasch durch die Wellen; sie erfüllte auf's Schönste alle Hoffnungen ihrer Erbauer wie auch des Kapitäns und hatte bald die Grenze der britischen Gewässer hinter sich gelassen. Übrigens war kein einziges Schiff in Sicht und die weite Straße des Oceans vollständig frei; außerdem hätte aber auch kein Fahrzeug der nordstaatlichen Marine die
Delphin
unter englischer Flagge angreifen dürfen, wenn es ihm
Weitere Kostenlose Bücher