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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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sein würde, und dann hat er mich bitter enttäuscht.«
    »Wurde er zudringlich?«
    »Eben nicht. Er sprach bis zum Morgengrauen nur über Zündkerzen, Kolbenringe und Servolenkung. Was hast du jetzt vor, Jerry?«
    »Liebst du ihn noch?«
    »Unsinn«, sagte sie. Sie sagte es zu schnell und zu ärgerlich. »Höre ich wieder von dir?«
    »Hoffentlich nicht so bald. Aber du kannst ja immerhin die Zeitungen lesen. Vielleicht steht es drin, wenn sie mich haben und nicht mehr telefonieren lassen.«
    Wir gaben uns die Hand.
    »Viel Glück, Jerry«, sagte sie.
    Ich fuhr mit dem Lift hinunter. Gitta konnte mit gutem Gewissen schwören, daß sie nichts von einer Pistole wußte.
    Ich wanderte, wie ein müßiger Spaziergänger, durch die Grünanlage zwei Häuserblocks weiter, und da sah ich stehen, was ich kaum erhofft hatte: ein weißes Isabella-Coupé.
    Es parkte genau vor dem Haus, in dem der Schenkkellner und Hausmeister Holzinger angeblich wohnen sollte.
    Ein kleiner Junge fuhr mit einem knallroten Tretauto vor dem Haus auf und ab. Ich blieb stehen, sah ihm eine Weile zu, und als er in meine Nähe kam, deutete ich auf das weiße Sportcoupé und sagte: »Das wäre besser für dich, was?«
    Der Blondschopf mit der frechen Stupsnase zog verächtlich die Mundwinkel herunter.
    »Och, ein oller Schlitten. Wird ja nicht mehr gebaut. Total veraltet.«
    »Und was fährst du da für ein Modell?«
    »Ferrari«, sagte er. »Zwölf Zylinder. In sechs Sekunden von Null auf Hundert.«
    »Großartig. Weißt du zufällig, wem dieser olle weiße Schlitten gehört?«
    Er deutete irgendwo in die Höhe.
    »Der Frau Heidemann. Wollen Sie mir jetzt ein Bonbon geben?«
    Ich wühlte in meinen Taschen.
    »Schade, ich hab’ leider keins bei mir.«
    »Was wollen Sie mir dann geben?«
    »Vielleicht zwanzig Pfennig für ein Eis?«
    Er tippte sich an die Stirn.
    »Mit mir nicht«, sagte er. »Ich geh mit keinem, der mir was geben will.« Er tat, als schalte er den Gang und fuhr mit lautem Gebrumme davon.
    Ich stieg mit Hesekiel die helle Treppe hinauf. Es war ein modernes Treppenhaus, viel Glas und Stahl. Die Stufen bestanden aus dicken, grauen Marmorplatten in Stahlträgern.
    Im dritten Stock fand ich das Aluminiumschild mit dem Namen Heidemann.
    Ich klingelte.
    Sie zuckte zusammen, als sie mir öffnete, aber sie hatte sich sofort wieder in der Gewalt. Höflich kühl fragte sie: »Ja, bitte?«
    Ich grinste.
    »Ich bin der Gasmann. Darf ich eintreten?«
    »In diesem Haus gibt es kein Gas«, sagte sie und wollte die Tür wieder schließen. Sie trug einen Hausanzug aus Silberlamé, silberne Schuhe mit überhohen und überdünnen Absätzen, und ihr Haar war nachtschwarz wie damals auf der Straße.
    Rasch hatte ich meinen Fuß in der Tür.
    »Gas oder nicht, gnädige Frau, ich bekomme noch fünfzig Pfennig von Ihnen.«
    Ihr schönes, südländisches Gesicht verriet nichts, aber in ihren schwarzen Augen stand Angst.
    »Ich — ich verstehe wohl nicht recht. Was wollen Sie eigentlich?«
    »Meinen Lohn kassieren«, sagte ich. »Ich bekomme als Honorar etwa zwanzig Mark die Stunde. Für meine Hilfeleistung sind demnach fünfzig Pfennig fällig. Daß ich vorzeitig unterbrochen wurde, war ja nicht meine Schuld. Reden wir mal vernünftig miteinander. Wer hat mir über den Schädel gehauen?«
    Sie wich vor mir zurück. Ich folgte ihr und schloß die Wohnungstür hinter mir. Sie bewohnte ein ähnliches Appartement wie Gitta, nur war hier in der Diele alles in dunkelrot ausgelegt. Ich ging an ihr vorbei.
    »Ich darf doch?« fragte ich und trat in ihr Wohnzimmer. Es hatte das gleiche große Fenster, war aber ganz in meerblau gehalten. Kostbar alles, was in diesem Zimmer war: der dicke einfarbige Teppich, die schwere Klubgarnitur, die Vorhänge. Nirgends eine Blume.
    Nur das Telefon auf dem Teakholztisch war weiß. Sie griff danach, aber ich hielt ihre Hand fest.
    Sie erstarrte, wehrte sich nicht, und ließ mir ihre Hand.
    Ich führte sie zu ihrer Couch.
    »Setzen wir uns, gnädige Frau. Ich bin nicht gekommen, um Theater zu spielen. Ich will nur meine zweitausendsiebenhundert Mark wieder haben. Sonst nichts. Die Pistole habt ihr ja nun. Das Taschentuch auch. Also, was soll’s denn? Könnten wir nicht friedlich koexistieren?«
    »Ich — ich weiß wirklich nicht...«
    »Müssen Sie Herrn Holzinger erst um Erlaubnis fragen?«
    Wenn Menschen vom südländischen Typ blaß werden, bekommen sie die Farbe nicht mehr ganz frischer Oliven. Sie wurde noch blasser.
    »Wieso —

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