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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Kripo nicht schon längst hier?
    Ich hatte meine Selbstgeklebten doch wirklich auffällig genug unter die Leute gebracht.
    Frau Wagner hatte sicherlich den Artikel noch nicht gelesen, denn sie bekam die Zeitung jeden Tag von mir geschenkt. Aber die Leute im Kolonialwarengeschäft? Der Tankwart?
    Wo blieb die Polizei?
    Alle Eile — so sagt ein arabisches Sprichwort — kommt vom Teufel. Gut, das hatte sich ein Araber ausgedacht, der nicht von der Kripo gesucht wurde.
    Ich sprang auf, packte meine paar Habseligkeiten in meine beiden Pappkoffer, was sonst noch übrigblieb verstaute ich in meiner großen Aktentasche. Die Bücher waren für die Kripo bestimmt, die konnten nun den »Brehm«, meinen Shakespeare und vor allem das Werk: »Gutes Deutsch im Beruf« studieren.
    Schließlich klemmte noch der Deckel meiner Reiseschreibmaschine; er wollte nicht zugehen und gehorchte erst der Gewalt. Als ich endlich soweit war, meine Bude zu verlassen, hatte sich Hesekiel unter der Couch verkrochen.
    Er wollte nicht herauskommen. Wahrscheinlich hielt er es für notwendig, gerade jetzt ein Stück Hundekuchen zu bewachen; jedenfalls knurrte er, als ich ihn herausangeln wollte.
    Man mag es mir als Zeichen meiner Lebensuntüchtigkeit auslegen, daß ich nicht ohne meinen Hund türmen wollte. Aber ich wollte es nun einmal nicht, und als ich nochmals unter die Couch griff, biß mich Hesekiel sanft in den Finger.
    Erst beim dritten Versuch erwischte ich ihn am Kragen, zog ihn ans Tageslicht, und da fiel etwas hart und metallisch zu Boden.
    Hesekiel hatte gar keinen Hundekuchen im Maul gehabt und verteidigt, sondern ein schweres, schwarzes Ding.
    Es war eine Pistole. Eine alte Walther PPK, die mir sehr bekannt vorkam, und die vorher nicht in meinem Besitz gewesen war, am wenigsten unter meiner Couch. Es war die Pistole, mit der sich Paul Duklas erschossen hatte oder erschossen worden war.
    Ich war also nicht nur dazu ausersehen worden, im Notfall einen Mörder abzugeben, sondern ich sollte tatsächlich der Mörder sein.
    Mister I hatte damit gerechnet, daß die Polizei mich früher schnappte und dann die Mordwaffe bei mir fand.
    Hesekiel hockte inzwischen vor mir auf den Hinterbeinen, winkte mit den Vorderpfoten und wollte unbedingt die schöne Pistole wieder haben.
    Etwas schmerzte mich plötzlich. Andrea. War sie mit im Komplott gegen mich? Hatte sie geholfen, mich aus der Wohnung zu locken?
    Alles in mir sträubte sich, das zu glauben. Und zum Glück hatte ich jetzt absolut keine Zeit mehr, derartig sentimentale Überlegungen zu Ende zu spinnen. Die Polizei war im Anmarsch. Für mich begann der Spurt meines Lebens.
    Allerdings wurde der geplante Spurt zu einer besonderen Art von Hürdenlauf. Soll doch mal einer rasch davonlaufen mit zwei Koffern, einer Aktentasche, einer Reiseschreibmaschine und einem Hund, der sich jedesmal platt auf den Boden legt, sobald er Halsband und Leine nur sieht.
    So ausgerüstet, schleppend und ziehend, verließ ich meine Bude und prallte natürlich gegen Frau Wagner, die wieder einmal zufällig über den Korridor huschte.
    »Nanu?« fragte sie. »Wollen Sie etwa ausziehen?«
    Es ging ihr um die Miete, ich verstand das durchaus.
    »Unsinn«, sagte ich keuchend. »Aber der Besuch gestern abend — eine dringende Sache. Ich muß kurz verreisen. Ich erhalte ein tolles Honorar. Es ist die Chance meines Lebens.«
    Vermutlich hatte sie nur etwas von Honorar verstanden, und so gelang es mir, mich ohne Zwischenfall an ihr vorbeizuzwängen. Die Wohnungstür fiel hinter mir ins Schloß, und ich hatte plötzlich das Gefühl, als erwarte mich unten schon die Polizei.
    In Gefühlen bin ich manchmal besser als im Denken. Folglich blieb ich am ersten Treppenabsatz stehen und spähte auf die Straße hinunter.
    Da stand eine schwarze Limousine, davor ein grüner Polizeiwagen und ein zweiter hielt soeben dahinter. Es sah aus, als wolle sich der Polizeipräsident persönlich an der Festnahme eines Mörders beteiligen.
    Außerdem waren da noch verdächtig viele Herren in Zivil vor dem Haus, auch ein paar uniformierte Polizisten, und bereits eine ganze Gruppe von aufgeregten Zuschauern.
    Und das alles mir zu Ehren.
    Bisher hatte ich mich immer gewundert, warum Verbrecher in Kriminalfilmen immer eine Treppe hinauf rennen, obwohl doch jeder schon weiß, daß es oben kein Entrinnen mehr gibt.
    Jetzt, in diesem Augenblick, rannte auch ich hinauf. Bis zum Speicher.
    Und dort gab es eine Dachluke, durch die ich mich zwängen konnte,

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