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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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wieso?« stammelte sie. »Was... Wieso Herrn Holzinger? Was hat er damit… Ich meine…«
    Ich hatte offenbar getroffen. Das Schlimme war nur, daß ich nicht wußte, was. Ich klopfte weiter auf den Busch.
    »Na, der war’s doch, der mir den Schlag auf den Kopf verpaßt hat, oder?«
    Ihre Augen wurden schmal.
    »Gehen Sie, Petersdorff. Gehen Sie sofort und lassen Sie sich hier nie mehr blicken.«
    »Das würde Ihnen passen. Haben wir nichts zu trinken?«
    Ich stand auf, öffnete den Teakholzschrank und fand ein paar Flaschen und Gläser. »Bitte, ist ja alles da. Was darf ich Ihnen...«
    Sie war wieder am Telefon.
    Ich auch.
    Einige Sekunden lang starrten wir uns in die Augen.
    »Halten Sie sich raus«, flüsterte sie. »Sagen Sie niemandem, daß Sie hier waren. Gehen Sie nach Hause. Man hat die Pistole in Ihrem Zimmer versteckt. Man will Ihnen das Genick brechen. Rasch, laufen Sie.«
    Ich setzte mich wieder und zündete mir eine Zigarette an.
    »Mein Gott, wie schlecht ist eure Meinung von uns Journalisten. Ich soll der Polizei direkt in die Hände laufen, das wollen Sie doch? Zum Glück kam die Kripo kurz nach meinem Auszug. Wer hat Paul Duklas erschossen. Holzinger?«
    Sie fauchte mich an, wie eine Katze, der man in den Schwanz zwickt.
    »Raus!«
    »Bald«, tröstete ich sie. Dann blickte ich sie herausfordernd an, von unten bis oben, und sagte: »Wenn eine Frau Ihres Kalibers schon am frühen Morgen so in Schale ist, dann nicht, um Geschirr zu spülen oder Kartoffeln zu schälen. Wen erwarten Sie? Den Holzinger? Oder den Mann, der sich mir gegenüber als Paul Duklas, Hotelier, ausgegeben hat?« Ich beugte mich vor und fragte: »Wer ist dieser Mann? Ihr Freund? Oder Ihr Mann?«
    Ihre schwarzen Augen sprühten haßerfüllte Blitze.
    »Fragen Sie nur«, zischte sie. »Man wird Sie genauso kaltmachen, wie den anderen Trottel. Es gehören andere Leute dazu, uns das Geschäft zu vermasseln, kapiert? Und jetzt scher dich raus, samt deinem dreckigen Köter, du miserable Papierlaus!«
    Ich stand gelassen auf.
    »Eine ganz nette Ausdrucksweise, meine Liebe. Das war’s, was ich wissen wollte. Wetten, daß ich Ihren Vornamen weiß?«
    Sie fuhr mir beinahe mit ihren silberlackierten Nägeln ins Gesicht.
    »Raus! Raus, du Dreckskerl!«
    Ich ging zur Tür, ohne mich nach ihr umzudrehen. Frauen dieser Art haben nicht den Mut, einen am helllichten Tag in ihrer Wohnung von hinten abzuschießen. Auch wenn sie es gern täten.
    Ein behaarter, schenkelstarker Unterarm stand vor meinen Augen, tätowiert mit einem Herzen und einem Namen.
    »Auf Wiedersehen, Erna«, sagte ich. »Auf Wiedersehen vor dem Schwurgericht, wo ich als Zeuge erscheinen werde.«
    Sie verlor den Rest ihrer Fassung und rief mir etwas nach, was ich bisher nur in Münchens billigsten Straßen gehört hatte.
    Wir, Hesekiel und ich, saßen nebeneinander auf einer Bank und aßen zusammen eins von Gittas belegten Broten.
    Wenn ich mir über etwas nicht im klaren bin, dann erkläre ich es einem anderen. Und während ich davon spreche, wird mir klar, was mir vorher unklar war.
    »Hesekiel«, sagte ich, »du glaubst, der Mensch sei allmächtig und allwissend. Das ist falsch. Ich zum Beispiel weiß jetzt nicht mehr weiter. Ich bin mit meinem Latein am Ende.«
    Er leckte sich die Schnauze und starrte auf meine Hände.
    »Ich kann mich jetzt der Polizei nicht mehr stellen. Sie hätten es dann zu leicht, ihre Statistik mit einem weiteren aufgeklärten Mord zu bereichern. Eine halbe Million ist aber kein Pappenstiel, und Kaufleute wissen eine halbe Million zu schätzen. Versicherungsdirektoren müssen gute Kaufleute sein, und sie sind es auch. Das Resultat ihres Denkens sieht man ja allenthalben an den ärmlichen Hütten, in denen sie hausen. Sie haben nur eins gelernt: Geld verdienen. Ein eingesperrter Mörder hilft denen gar nichts, aber wenn sie eine halbe Million einsparen können, werden sie in der Lage sein, zwischen den Wünschen der Justiz und den Wünschen ihrer Aktionäre eindeutig zu unterscheiden.«
    Eigentlich hatte ich keinen Hunger mehr, aber Hesekiel zuliebe nahm ich das zweite Brot in Angriff.
    »Einem Minister ist ein Defizit wurscht. Ob es eine halbe Million oder eine halbe Milliarde ist, niemand macht ihn dafür verantwortlich, und erhöht einfach die Gebühren, dann ist das Geld wieder da. Ein Versicherungsdirektor kann eine halbe Million nicht einfach in den Kamin schreiben, weil er Konkurrenten hat. Was also wird er tun, Hesekiel?«
    Er schnappte nach

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