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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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einzuschätzen. Heute schien sie einigermaßen ausgeglichen zu sein, aber er hatte sich diesbezüglich schon öfter getäuscht.
    Sie saß am Schreibtisch über ein paar Schulhefte gebeugt und trug einen blauen Kittel über dem Kleid. Er liebte ihr unbändiges Haar. Eine Hälfte hatte sie auf dem Kopf zu einem Knoten festgesteckt, die andere fiel ihr in einzelnen Locken über das Gesicht.
Die rechte Hand, in der sie die Feder hielt, war mit roter Tinte verschmiert.
    »Ist etwas passiert?«, fragte sie ruhig. »Geht es um Gem?«
    Jake fragte sich, ob sie irgendwann nicht mehr nur an Gem denken würde.
    »Soweit ich weiß, ist mit Gem alles in Ordnung. Ich dachte nur, du solltest die neuesten Nachrichten von mir erfahren. Terence Ogden will dem Gouverneur eine Petition überreichen, damit der in der ganzen Gegend das Kriegsrecht ausruft. Und Thomas Icely setzt den Generalvermesser unter Druck wegen der Pläne für das Dorf Carcoar in der Nähe von Bathurst. Er verlangt Schutz vor den Buschräubern. Ich denke, wenn Icely mit an Bord geht, haben wir nichts mehr zu melden.«
    Keziah wurde blass.
    Jake fuhr fort: »Kriegsrecht heißt, dass es hier von berittenen Polizisten nur so wimmeln wird und wir einen eigenen Richter bekommen, um Buschräuber vor Ort zu verurteilen, statt sie nach Sydney Town, Bathurst, Berrima oder sonst wohin zu bringen.«
    »Wenn du damit andeuten willst, dass Buschräuber in Zukunft ohne ordentliches Gerichtsverfahren aufgeknöpft werden sollen, so sag es nur«, meinte sie.
    Jake wusste, welche Bedrohung das Kriegsrecht für Gem und die übrigen armen Teufel darstellte, die er als Kumpel bezeichnete. Gem war immer noch auf der Flucht. Will Martens strickte eifrig an der Legende des Schwadroneurs und war den Fängen der Trooper schon so oft entwischt, dass es ein Witz war.
    »Wird Gouverneur Gipps der Petition stattgeben?«, fragte Keziah.
    »Das wollte ich gerade dich fragen«, antwortete Jake spitz.
    »Ich kann nicht vierundzwanzig Stunden am Tag hellsehen«, gab sie zurück.
    »Kriegsrecht ist eine extreme Maßnahme – und obendrein verdammt kostspielig für das Staatssäckel. Heute Nacht findet eine Versammlung in Bolthole statt, um darüber zu debattieren.
Ogden und seine Vasallen stecken dahinter. Ich dachte mir, dass es nützlich wäre, wenn ich mir den Feind aus nächster Nähe anschaue. Hättet ihr Mädels vielleicht Lust auf einen kleinen Ausflug? «
    »Werden sie denn zulassen, dass du Nerida mitnimmst?«, fragte Keziah besorgt.
    »Das siehst du dir am besten mit eigenen Augen an!«, gab Jake zurück.
    »Betrachtest du Ogden und Icely als Feinde?«, wollte Keziah wissen, während sie Gabriel hastig Hände und Gesicht abwusch.
    »Ogden ist gar nicht so schlimm. Aber er ist ein bisschen machtbesessen und will Icely Konkurrenz machen. Icely hat sich mithilfe einer ganzen Armee von Strafgefangenen ein neunzigtausend Morgen großes Reich aufgebaut. Mittlerweile lebt seine Familie in Sydney Town, denn er weiß nur zu gut, dass er eine ideale Zielscheibe für Buschräuber ist.«
    Keziah versuchte, Icely gegenüber fair zu bleiben. »Man kann es niemandem verübeln, wenn er seine Familie beschützen will.«
    »Das mache ich auch nicht. Aber die meisten Großgrundbesitzer wollen nicht einsehen, dass die Wurzel des Übels im System liegt. Die Engländer behaupten, sie würden die Kolonie nicht länger mit Strafgefangenen überfluten, aber sie deportieren sie nach wie vor nach Van Dieman’s Land und in andere Gegenden. Die armen Teufel werden schlimmer behandelt als Hunde. Heiliger Strohsack! Ich darf mich nicht so aufregen, sonst ende ich bloß wieder im Watch House!«
    »Bloß nicht! Denk dran, dass du heute Abend für zwei Frauen und zwei Kinder verantwortlich bist!«
    Kaum war er fertig angezogen, lief Gabriel auf Jake zu.
    »Du wirfst mich ja glatt um, Gabe! Meine Güte, bist du groß und stark geworden!« Jake setzte sich den Jungen auf die Schulter.
    Keziah hatte sich umgezogen und schenkte ihm in ihrem besten Sonntagsstaat jenes besondere Lächeln, das ihm so unangenehm
war. Als könnte er alles auf der Welt in Ordnung bringen.
    »Werden mit dem Kriegsrecht auch wieder öffentliche Hinrichtungen eingeführt?«
    »Klar, aber das wird nichts an den Zuständen ändern. Die britische Regierung hat nicht den blassesten Schimmer von dem, was hier vor sich geht.«
    Er stand auf. »Hoffen wir, dass Gipps nicht umfällt. Das letzte Mal wurde das Kriegsrecht zur Zeit von Windradyne ausgerufen. Die

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