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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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keine Dummheiten, hörst du?«
    Als er aus der Tür trat, stieß er mit Daniel zusammen, der offensichtlich nach seiner Frau sehen wollte. Und als er ihn freundlich zu einem Bier auf der Veranda einlud, fand Jake es unhöflich, das Angebot auszuschlagen.
    Während sie tranken, beobachteten beide verstohlen Keziah hinter der Fensterscheibe. Früher hatte sich Jake gern mit Daniel über Politik unterhalten. Jetzt sprachen sie über alles Mögliche, nur nicht über das, was ihnen auf der Seele brannte – Keziah. Sie stritten sich über den Bierpreis, das Krongut und die Wirtschaft. Sie ereiferten sich über die aktuelle Kontroverse um Alexander Maconochie, den neuen, radikalen Gefängnisdirektor von Norfolk Island, der die gute Führung von Strafgefangenen mit einem Punktesystem belohnte, um die Dauer ihrer Strafe zu verkürzen.
    Daniel war dagegen. »Die meisten Strafgefangenen, die nach Norfolk Island kommen, verdienen nichts anderes als den Tod.«
    »Jesses! Du hast dich mächtig verändert, Kumpel!«

    Das Einzige, was sie unverrückbar einigte, war ihr gemeinsamer Hass auf den Finisher, den Henker der Kolonie. Daniel zitierte aus dem Sydney Monitor , dass die betrunkenen Auftritte des Henkers am Galgen vielen Verurteilten einen schrecklichen und qualvollen Tod bereitet hätten. Da Jake sich schämte, weil Daniel so viel gebildeter war als er, behauptete er, die Gerüchte, die er von Freunden gehört hatte, ebenfalls in der Zeitung gelesen zu haben.
    Schließlich trank er sein Ale aus und verabschiedete sich von Daniel. »Du passt mir gut auf die beiden auf, hörst du?«
    Daniel lächelte spöttisch. »Sonst …?«
    »Mach es einfach, Kumpel!« Jake schwang sich auf Horatio, gab ihm die Sporen und verschwand in einer dichten Staubwolke, die zum Himmel aufwirbelte.
    Es war nicht schwer, sich einzureden, dass nun Daniel Browne für Kez verantwortlich war, trotzdem deprimierte ihn diese Vorstellung. Er hatte sich daran gewöhnt, dass er die Kastanien für Kez aus dem Feuer holte. Die Wahrheit gefiel ihm nicht. Im Grunde wollte er nämlich gar nicht, dass sie ihn vom Haken ließ.
    Nur mühsam gelang es ihm, sich ganz auf seine Suche zu konzentrieren. In den drei Jahren, seit Jenny ihn verlassen hatte, war er von der Strafkolonie Moreton Bay ganz im Norden und Port Phillip Bay und Van Diemen’s Land im Süden bis weit im Westen Hinweisen nachgegangen – einem Netzwerk von mehreren tausend Meilen. Und was hatte er erreicht? Eine kurze Begegnung vor dem Bald-Faced Stag Inn. Und ein Brief von Jenny ohne Absender.
    Dieser Yankee-Detektiv wird ein verdammtes Wunder wirken müssen .

    In Sydney Town ritt er die George Street entlang, vorbei an Läden und Lagerhäusern, in denen Güter und Dienste aus allen Teilen der Welt angeboten wurden. Ausländische, inländische und gestohlene Waren gleichermaßen.

    Die Adresse, die er suchte, lag am Ende der Straße, ehe diese in The Rocks überging. Wie üblich studierte er automatisch die Gesichter aller schmalen, blonden Frauen, die ihm über den Weg liefen.
    In dem amerikanischen Detektivbüro breitete Jake das Porträt von Jenny zwischen einem Briefbeschwerer und einem Tintenfass auf Benjamin Rogers’ Schreibtisch aus. Dann legte er seinen Fall dar, einschließlich seiner vergeblichen Suche. »Seit Jahren laufe ich wie ein kopfloses Huhn herum und suche sie.«
    »Haben Sie Ihre Frau geschlagen?«, fragte der Yankee und paffte eine Zigarre.
    »Nein, zum Teufel!«, entgegnete Jake. »Sie nehmen wohl kein Blatt vor den Mund, was?«
    »Es erspart einem Zeit«, antwortete Rogers. »Zeit, für die im Endeffekt Sie zahlen.«
    Jake beobachtete, wie der Detektiv Jennys Brief mit der Einladung las. Rogers’ Haut war rau und runzelig, das mit Pomade geglättete Haar in der Mitte gescheitelt. Sein Gesicht war ausdruckslos, abgesehen von den schwarzen Augenbrauen, die jeden Anflug von Zweifel, Zynismus oder Humor zeigten. Aus der Westentasche seines Anzugs, der so dunkel wie der eines Bestatters war, baumelte eine goldene Uhrkette. Am Ständer hingen Hüte verschiedenster Art. Feuerwaffen waren nicht zu sehen.
    Rogers blickte von dem Brief auf. »Den Andeutungen Ihrer Frau entnehme ich, dass es sich bei ihrem Liebhaber um einen Aristokraten handelt. Haben Sie eine Idee, warum sie plötzlich ihre Meinung geändert hat und Sie einlädt?«
    »Ich gehe davon aus, dass es sich bei dem Brief um eine Art Katz-und-Maus-Spiel handelt. Jenny macht es Spaß, mir die Situation immer wieder unter die

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