Die Blüte des Eukalyptus
Nase zu reiben. Sie will mich nicht, aber sie lässt mich auch nicht los.«
Jake beantwortete sämtliche Fragen, die Rogers ihm stellte, und machte keinen Hehl aus seiner misslichen Lage als gehörnter Ehemann – über falschen Stolz war er längst erhaben. Aber er war
doch angespannt, als er ihm beschrieb, wie er sie das letzte Mal gesehen hatte – aufgedonnert wie ein Weihnachtsbaum.
»Wenn dieser Mistkerl ein Aristokrat ist, muss sich Jenny in vornehmen Kreisen bewegen. Wieso finde ich sie dann nicht?«
Der Detektiv drückte den Zigarrenstummel aus und schnitt die Spitze einer weiteren ab für später. »Wenn ihr Beschützer einen europäischen Namen hat und weiß, dass Sie nach ihm suchen, wäre es kein Wunder, wenn die beiden inkognito reisten.«
Jake wollte wissen, wie Rogers die Sache einschätzte. »Was meinen Sie, werden Sie sie finden?«
»Zuerst will ich wissen, woran ich bin, Andersen. Keine Mätzchen! Ich tappe ungern im Dunkeln, schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren. Wollen Sie den Liebhaber Ihrer Frau töten?«
Den Liebhaber Ihrer Frau . Jake spürte, wie ihm die grausame Realität des Satzes unter die Haut ging.
»Mein Ruf ist mir egal, verstehen Sie? Pearl soll nur wissen, dass ihr Vater sie nicht im Stich gelassen hat. Was auch geschieht, in den Knast gehe ich nicht. Nie wieder!«
Der Detektiv nickte weise. »Ein Knastbruder. Hab ich mir doch gleich gedacht. Eins lassen Sie sich gesagt sein. Ich bin seit sieben Jahren im Geschäft. Solange Sie diesen Kerl nicht auf frischer Tat mit Ihrer Frau erwischen, wissen Sie nicht, was Wut ist, Andersen. Ich würde meinen letzten Dollar darauf wetten, dass Sie zu einem Mord fähig sind!«
Jake akzeptierte die Warnung. »Da haben Sie Recht, aber was würde es meiner Tochter nützen, wenn ich am Galgen ende?«
Rogers war zuversichtlich, dass er Jenny und Pearl finden konnte. »Aber ich muss Sie warnen. Australien ist ein weites Land, und meine Spesen sind nicht ohne. Können Sie sich das leisten?«
Jake machte ihm einen Vorschlag. Wenn Rogers sich um Sydney Town kümmerte, würde er den Hinweisen nachgehen, die außerhalb der Stadt lagen. Diese Abmachung besiegelten sie mit einem Händedruck.
Jake quartierte sich in einer billigen Pension in The Rocks ein, damit er in der Nähe war, falls Rogers etwas herausfand. In der Zwischenzeit lebte er von Faustkämpfen, die in Surry Hills und den unzähligen Kneipen an der Hafenpromenade stattfanden. Er trat gegen jeden Herausforderer an, der sich damit einverstanden erklärte, dass der Sieger den gesamten Gewinn einstrich.
Auf den ersten Blick war die amerikanische Detektei ein Ein-Mann-Betrieb, doch Jake fand bald heraus, dass der Yankee verdammt gründlich arbeitete. In den Wochen nach Annahme des Auftrags hatte er seine Informanten in jeder großen Stadt der Kolonie benachrichtigt, bis hin nach Melbourne Town, wo die Bürger in einer Petition die Trennung von New South Wales forderten. Er hatte Männer bezahlt, damit sie sich in Van Diemen’s Land, der neuen Kolonie von South Australia, am Swan River an der Westküste und sogar auf der anderen Seite der Tasmanischen See in Neuseeland umhörten. Alle erhielten einen Druck von Jennys Porträt.
Als Rogers’ Laufbursche, ein Dreikäsehoch von der Straße, ihm die gute Nachricht brachte, war Jake euphorisch. Rogers hatte Jennys Aufenthaltsort ausgemacht.
Jake stürmte die Treppe zum Büro hinauf. Der Yankee war wie üblich in blauen Dunst gehüllt und hatte sein Pokergesicht aufgesetzt.
»Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht«, eröffnete ihm Rogers. »Aber sachte. Die Enttäuschung ist nur vorübergehender Natur.«
»Sie müssen nicht um den Brei herumreden«, sagte Jake und wappnete sich gegen alles, was kommen konnte.
»Letzte Nacht habe ich die Premiere eines Stückes im neuen Olympic Theater besucht. Venice Preserved basiert auf Julius Cäsar , es handelt von einem Komplott, einer Verschwörung gegen den Senat von Venedig. Ihr Kolonisten liebt ja bekanntlich Dramen voller Blut und Rache, aber ich war da, weil ich weiß, dass Italiener von ihrer Kultur auf magische Art angezogen werden, ganz
gleich, ob es um die italienische Oper oder um Theaterstücke geht, die italienische Themen behandeln. Auch wenn die Vorstellung noch so grausig ist, sie kommen in Scharen, um den Schauspielern zu applaudieren oder sie auszubuhen.«
»Jesses!«, sagte Jake. »Und was hat das Ganze mit meiner Jenny zu tun?«
»Ich ging davon aus, dass diese
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